Hagen/Hochsauerland. Carlo Cronenberg unterliegt in NRW-FDP, Bürgermeisterin aus Herdecke hat keinen sicheren CDU-Platz: Wer Chancen auf den Bundestag hat.

Ein bisheriger Abgeordneter aus dem Sauerland wird dem neuen Bundestag nicht mehr angehören. Das ist seit dem Wochenende klar. Carlo Cronenberg, Unternehmer und FDP-Abgeordneter seit dem Jahr 2017 hat einen parteiinternen Wettbewerb verloren. Er wird zwar weiter für den Hochsauerlandkreis als FDP-Direktkandidat antreten - doch da ist er zum Beispiel gegen CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz chancenlos.

Er hätte nur die Chance gehabt, über die Landesliste der NRW-FDP in den Bundestag einzuziehen. Doch bei der Landeswahlversammlung am Sonntag um den Listenplatz 14 ist er in einer Kampfabstimmung unterlegen. Am Ende steht er nun gar nicht auf der Liste.„Durch diese Entscheidung werde ich dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören“, so der FDP-Politiker gegenüber unserer Redaktion. „Ich bedauere es sehr, meinen Einsatz für den Mittelstand und für mehr Freihandelsabkommen mit der Welt nicht im Bundestag fortsetzen zu können.“ Das Land brauche aber eine starke liberale Kraft. „Deshalb werde ich mich im Wahlkampf und auch darüber hinaus weiter für die FDP einsetzen.“

Doch nicht nur bei der FDP und Carlo Cronenberg sind die Verhältnisse nun klarer, auch sonst verdichtet sich in Südwestfalen das Bild, wer wohl Chancen hat, nach dem 23. Februar im Bundestags zu sitzen.

Die FDP

Bleiben wir zunächst bei der FDP: Sollte die FDP die Fünf-Prozent-Hürde überwinden und wieder in den Bundestag einziehen, dann wird Südwestfalen weiter liberal im Parlament vertreten sein. Platz 5 für Johannes Vogel, der im Wahlkreis Olpe/Märkischer Kreis antritt und Platz 8 für Katrin Helling-Plahr, die in Hagen/Ennepe-Ruhe-Kreis antritt, könnten selbst bei einem niedrigen einstelligen Ergebnis für die FDP reichen. Und mit Nicole Westig auf Platz 4 hat eine FDP-Politikerin Chancen, die zwar jetzt im Rhein-Sieg-Kreis antritt, aber in Menden im Sauerland geboren ist.

Katrin Helling-Plahr
Katrin Helling-Plahr (FDP) aus Hagen könnte es für die FDP wieder schaffen - wenn die denn die Fünf-Prozent-Hürde überschreitet. © DPA Images | Michael Kappeler

Die CDU

Auch die NRW-CDU hat am Wochenende ihre Landesliste verabschiedet. Dass Friedrich Merz sie auf Platz 1 anführt, ist nur Kosmetik. Er wird seinen Wahlkreis im Hochsauerland wohl sicher gewinnen. Und auch Paul Ziemiak (Märkischer Kreis) auf Platz 3 hat zumindest Chancen, seinen Wahlkreis direkt zu gewinnen. Florian Müller (Olpe/Märkischer Kreis) rechnet sich so gute Chancen aus, dass er gar nicht auf der Liste abgesichert ist.

Mehr zum Thema

Und auch alle anderen CDU-Kandidatinnen und Kandidaten aus Südwestfalen müssen darauf hoffen, dass sie den Wahlkreis direkt holen, denn da die CDU mit vielen Wahlkreisgewinnern in NRW rechnet und das neue Wahlrecht keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr vorsieht, werden wohl nur wenige Listenplätze ziehen. Das wird also kaum reichen für Benedikt Büdenbender (Platz 29) im Kreis Siegen-Wittgenstein (dessen Vorgänger Volkmar Klein den Wahlkreis zuletzt aber immer gewonnen hatte) und für Tijen Ataoğlu (Platz 36) in Hagen/EN-Kreis (wo die SPD allerdings seit Jahrzehnten den Gewinner stellt).

Katja Strauss-Köster
Die CDU Ennepe-Ruhr stellt Katja-Strauss Köster als Bundestagskandidatin auf. Sie gibt für die Kandidatur das Bürgermeisteramt in Herdecke auf. Doch einen sicheren Listenplatz hat sie nicht. © CDU Ennepe-Ruhr | CDU Ennepe-Ruhr

Und auch für Katja Strauss-Köster dürfte der Platz 30 aussichtslos sein. Sie wird immerhin ihren Posten als Bürgermeister von Herdecke aufgeben, um für die CDU im Ennepe-Ruhr-Kreis anzutreten. Und dort hat sie eher Außenseiterchance, denn der Wahlkreis ist traditionell in SPD-Hand. Aber als damals noch Parteilose hatte sie mit einem Jamaika-Bündnis vor 15 Jahren immerhin das langjährige SPD-Rathaus in Herdecke erobert. Dass sie keinen sicheren Listenplatz bekommen würde, sei ihr klar gewesen, sagt Katja Strauss-Köster: „Da muss ich jetzt richtig Gas geben.“ Auf Platz 12 könnte ein CDU-Nachwuchspolitiker in den Bundestag einziehen, der zumindest Siegerländer Wurzeln hat - auch wenn er nun in Düsseldorf antritt: Junge-Union-Chef Johannes Winkel, der in Kreuztal aufgewachsen ist.

Die Grünen

Bei den Grünen wird Laura Kraft, aktuell Bundestagsabgeordnete aus dem Kreis Siegen-Wittgenstein, wohl auch bei einem guten Ergebnis für ihre Partei mit Platz 36 auf der NRW-Liste so gut wie keine Chance auf ein neues Mandat haben. Anders sieht das bei Janosch Dahmen aus, der im Ennepe-Ruhr-Kreis antritt. Sein Platz 18 könnte reichen, wenn die Grünen am Ende so abschneiden, wie es ihnen im Moment die Umfragen (etwa 11 bis 14 Prozent) vorhersagen. Und Gleiches könnte auch für Sandra Stein, neue Kandidatin der Grünen im Hochsauerlandkreis, mit Platz 19 gelten.

Familienunternehmerin auf aussichtsreichen Listenplatz für den Bundestag gewählt
Sandra Stein aus dem Hochsauerlandkreis hat mit Platz 19 auf der Landesliste der Grünen zumindest Chancen auf einen Sitz im Bundestag. © WP | GRÜNE Hochsauerland

BSW und AfD

Beim Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) belegt kein Kandidat aus Südwestfalen einen aussichtsreichen Platz - der einzige „BSW-Promi“, der frühere Union-Berlin-Manager Oliver Ruhnert aus Iserlohn, tritt für das BSW in Berlin an. Und die AfD wird erst Anfang Januar ihre Liste für die Wahl festlegen.

Die SPD

Und was ist mit der SPD? Sie hat noch nicht entschieden. Erst drei Tage vor Heiligabend, am 21. Dezember, verabschiedet die Landesdelegiertenkonferenz der SPD in Essen ihre Liste. Aber eine Vorentscheidung ist schon gefallen: Die Region Westliches Westfalen, der größte SPD-Bezirk in NRW, hat Dirk Wiese, direkter Kontrahent von Friedrich Merz (CDU) im Hochsauerland, auf den zweiten Platz ihrer Liste gesetzt. Damit dürfte der Briloner, der SPD-Fraktionsvize im Bundestag ist, in Berlin wieder vertreten sein. Auf Platz fünf im Westlichen Westfalen rangiert direkt hinter Oliver Kaczmark (Kreis Unna) Bettina Lugk (Märkischer Kreis II).

Boris Pistorius in Arnsberg
Dirk Wiese aus Brilon hat wohl als einziger SPD-Kandidat aus NRW einen sicheren Listenplatz, der auch bei einem schlechten SPD-Ergebnis ziehen könnte - alle anderen müssen auf einen Wahlkreisseig hoffen. Oder auf ein gutes Ergebnis für die SPD. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Ihr werden gegen den Lokalmatador Paul Ziemiak (CDU) höchstens Außenseiterchancen auf ein Direktmandat eingeräumt. Sollte sie es aber unter die Top 15 der NRW-Landesliste schaffen, könnte es am Ende wieder für den Bundestag reichen. Das wird für die weiteren Sozialdemokraten aus Südwestfalen schwieriger. Luiza Licina-Bode (Siegen-Wittgenstein) steht im Westlichen Westfalen auf Platz 11, Nezahat Baradari (Olpe/Märkischer Kreis) auf Rang 13, eine Position vor Axel Echeverria (Ennepe-Ruhr-Kreis), der aber immerhin in einem traditionellen SPD-Wahlkreis antritt. Gleiches gilt für Timo Schisanowski (Hagen/Ennepe-Ruhr-Kreis I), der den Wahlkreis wohl direkt gewinnen muss, um im Bundestag zu bleiben: Bei Platz 19 im Westlichen Westfalen wäre die Chance ziemlich gering. 

Derzeit kungeln die Bezirksvorsitzenden der NRW-SPD aber noch, wie die Landesliste genau aussehen wird. Am Freitagabend wird sie der SPD-Landesvorstand dann wohl final festzurren.