Hochsauerlandkreis. Nach dem Koalitionsbruch zeigt sich die FDP im Hochsauerlandkreis kämpferisch: Cronenberg peilt ein zweistelliges Ergebnis für die Liberalen an.

Die Anfahrt zum Kreisparteitag der FDP im Hochsauerlandkreis geriet zur Schlitterpartie. Die Liberalen hatten in das Waldhaus Föckinghausen bei Bestwig eingeladen, auf 500 Meter Höhe. Autos kämpften sich den verschneiten Berg hinauf, darunter auch jenes, das die Stimmzettel für die anstehenden Wahlen transportierte. So verzögerte sich der Beginn des Parteitags ein wenig. Doch wer es einmal bis nach oben geschafft hatte, der erlebte eine gelöste FDP, die sich nach dem Koalitionsbruch in Berlin so befreit wie lange nicht präsentierte.

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Die Einladung zum Kreisparteitag datierte auf den 16. Oktober – Wochen vor dem Bruch der Koalition in Berlin. Eine Vorahnung, dass dieser Veranstaltung noch in diesem Jahr notwendig sein könnte, um die Regularien für die vorgezogene Bundestagswahl zu erfüllen? Das bleibt Spekulation.

Landratskandidat der CDU stellt sich vor

Thomas Grosche
Thomas Grosche, designierter Landratskandidat der CDU, stellt sich den Mitgliedern der FDP vor. © WP | Franz Köster

Es waren rund 34 der insgesamt etwa 300 Mitglieder gekommen, aus allen Ortsverbänden bis auf Hallenberg. Unter ihnen auch ein junges Neumitglied aus Brilon, das die Schneefahrt mit einem heckangetriebenen Auto nur knapp bewältigt hatte. „Eigentlich bin ich schon vor ein paar Jahren eingetreten, habe aber in der letzten Zeit gemerkt, dass die FDP die Partei ist, die meine Werte am besten teilt“, erklärte er. Der Blick in den Saal zeigte ein gemischtes Bild: Viele ältere Herrschaften, wenig Frauen, ein paar jüngere Gesichter.

Als Gast trat auch Thomas Grosche, der nominierte CDU-Landratskandidat und amtierender Bürgermeister von Medebach, ans Rednerpult, um seine Ziele für das Landratsamt vorzustellen. Entbürokratisierung, Digitalisierung, Bildung, Windkraft – vieles davon deckte sich mit den Vorstellungen der FDP.

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Dann schlug die Stunde von Karl Peter Brendel, ehemaliger Staatssekretär im NRW-Landtag, der die Sitzungsleitung übernahm und humorvoll durch die dann doch üblicherweise trockene Sitzung führte. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand jedoch die Nominierung von Carl-Julius Cronenberg als Bundestagskandidat. Cronenberg spielte befreit auf, hielt sich für einen Politiker erstaunlich kurz. „Für mich war das ein Sommer der Entscheidungen“, sagte er. Viele Parteimitglieder hätten ihn in der Vergangenheit gefragt: „Sag mal, weißt du eigentlich in Berlin, was hier los ist?“ Das sei für ihn ein Weckruf gewesen, und er habe erkannt, dass es keine gemeinsame Basis mehr gab – weder bei der Unterstützung der Ukraine noch bei der Migration, und schon gar nicht bei den wirtschaftspolitischen Fragen, die sein Steckenpferd sind. Die Wirtschaft, insbesondere der Mittelstand, müsse wieder ins Zentrum der Politik rücken. „Wir nehmen bald 1000 Milliarden Steuereinnahmen ein. Das muss doch reichen. Der Staat muss das Geld besser ausgeben“, forderte Cronenberg. Die derzeitige Politik sei zum Teil leistungsfeindlich: „Aufstieg und Wohlstand fördern wir nicht durch die Abschaffung von Siegerurkunden bei den Bundesjugendspielen oder der Freigabe von Cannabis.“

Ziel: Ein zweistelliges Ergebnis

Bei der SPD regiere mittlerweile „die blanke Angst“, so sein Eindruck. Umfragen sehen die Sozialdemokraten bei 14 bis 15 Prozent, viele Abgeordnete könnten ihr Mandat verlieren. Aber auch für die FDP stehen die Zeichen nicht besonders gut: Mit vier Prozent würde sie aktuell nicht in den Bundestag einziehen. Doch Cronenberg hat ein klares Ziel: „Mein erklärtes Ziel ist ein zweistelliges Ergebnis“. Das bedurfte natürlich einer Erklärung, und so schob er sie gleich nach: „Es gibt aktuell keine linke Mehrheit mehr. Trotzdem wird seit 20 Jahren linke Politik gemacht. Aber das wollen die Bürger nicht mehr. Die einzige Antwort darauf ist eine schwarz-gelbe Koalition.“

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Ein Parteimitglied wünschte sich in der anschließenden Aussprache ein Ergebnis von 100 Prozent bei der Nominierung. Am Ende stimmten 31 von 34 Mitgliedern für Cronenberg. Sein erneuter Einzug in den Bundestag ist damit aber noch lange nicht sicher. Am 15. Dezember steht der Landesparteitag der Liberalen in Bielefeld an. Cronenberg muss dort einen guten Listenplatz erreichen – und selbst das wird vielleicht nicht reichen. Denn die Partei steht auf wackligen Beinen, die Fünf-Prozent-Hürde scheint aktuell eine hohe Schwelle. Ein Direktmandat gegen Friedrich Merz zu gewinnen, ist nahezu ausgeschlossen. Als der Parteitag zu Ende ging, waren die Straßen wieder frei. Doch für die FDP bleibt der Weg in die politische Zukunft ein steiler Anstieg. Ob die Partei die Herausforderungen der kommenden Monate ähnlich meistern kann wie die Fahrt auf den verschneiten Höhen des Sauerlands, wird sich zeigen – der nächste Halt ist Bielefeld.