Düsseldorf/Hagen. Polizei nennt Zahl der unmittelbar Betroffenen bei der Unfallfahrt des 30-jährigen Lkw-Fahrers im Rheinland und in Westfalen.
Fast eine Woche nach der 60 Kilometer währenden Chaosfahrt eines polnischen Lkw-Fahrers auf den Autobahnen 46 und 1 liegt der zuständigen Polizei in Düsseldorf das erste Ergebnis der entnommenen Blutprobe vor. Demnach gab das beauftragte Labor den Wert der Blutalkoholkonzentration mit 0,6 Promille an. Dem Bußgeldkatalog zufolge droht in Deutschland bereits bei 0,5 Promille ein einmonatiges Fahrverbot.
Die Ergebnisse der Blutprobe mit Blick auf Drogen und Medikamente liegen noch nicht vor, so Polizeisprecher Andre Hartwich gegenüber der WESTFALENPOST: „Das kann noch einige Wochen dauern.“
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Der 30 Jahre alte Lkw-Fahrer war am Samstagabend erstmals am A46-Autobahnkreuz Holz im Rhein-Kreis Neuss mit seiner ungehemmten Fahrweise aufgefallen. Am Autobahnkreuz Wuppertal-Nord war der Sattelzug auf die A1 in Richtung Norden gewechselt und kurz vor der Abfahrt Hagen-West bei einem Unfall in einem Baustellenbereich zum Stillstand gekommen.
57 Fahrzeuge in Unfallserie verwickelt
Bei seiner Schlangenlinienfahrt hatte der Lkw zum Teil bei hohem Tempo insgesamt 57 Fahrzeuge gerammt. „Wir gehen von 114 Insassen aus, also 114 Personen, die das Geschehen unmittelbar mitbekommen haben“, so Andre Hartwich. Der Gesamtschaden wurde von der eingerichteten Ermittlungskommission mit mindestens 1,8 Millionen Euro beziffert.
Bei der Unfallserie wurden dem Polizeisprecher zufolge neun Menschen schwer und 14 leicht verletzt. „Zum Glück schwebt niemand mehr in Lebensgefahr. Es ist dennoch erstaunlich, dass am Samstagabend nicht mehr passiert ist.“
Befragte „eher zugeknöpft“
Was die Ermittler Hartwichs Angaben zufolge inzwischen wissen: Der 30-jährige Fernfahrer hatte sich vor der Chaosfahrt „eine ganze Zeit lang“ auf dem Autohof Güdderath an der A61, unweit des Stadions des Fußball-Bundesligisten Borussia Mönchengladbach, aufgehalten. Die Rekonstruktion seiner Fahrtroute in zeitlicher und räumlicher Hinsicht gestalte sich schwierig: „Der Mann war für ein von einer polnischen Spedition beauftragtes Subunternehmen unterwegs. Die Verantwortlichen haben sich bei den bisherigen Befragungen eher zugeknöpft gezeigt.“
Mehr noch: „Bei der Frage, wie es dem Lkw-Fahrer geht, sind die Kollegen auf Teilnahmslosigkeit gestoßen. Interesse gab es nur in Hinsicht auf die Fracht.“ Mittlerweile, so Hartwich weiter, ist das auf dem Sattelzug geladene Stückgut in Hagen an die polnische Spedition übergeben worden. Nach Informationen der WESTFALENPOST war die Ware für den Online-Handel bestimmt. Der Unfall-Lkw bleibt von den Behörden sichergestellt und wird gutachterlich untersucht.
Lkw-Fahrer weiter in der Psychiatrie
Der 30-Jährige am Steuer des Sattelzugs befindet sich seit dem Unfall-Wochenende in dem LWL-Zentrum für Forensische Psychiatrie in Lippstadt-Eickelborn. Nach einer ärztlichen Untersuchung hatte eine Haftrichterin die Einweisung in die Psychiatrie angeordnet. „Ob bei der Vernehmung oder auf dem Weg nach Eickelborn: Der Mann war nicht bei sich“, so Polizeisprecher Hartwich rückblickend, „sein Verhalten war mit normalen menschlichen Maßstäben nicht zu messen.“
Der Anwalt des Fernfahrers, David Lakwa, hatte gegenüber der WESTFALENPOST von einer „akuten Psychose“ seines Mandanten gesprochen. Zudem könne sich der 30-Jährige nicht an die Unfallfahrt erinnern. Seit dem Morgen liege ihm die Ermittlungsakte vor, sagte der Hagener Jurist am Freitag. Nach dem Studium des Dokuments wolle er sich mit seinem Mandanten in Verbindung setzen.