Hagen/Bozen/Schwelm. Seit fast zwei Jahren sitzt die Ex-Geschäftsführerin aus Schwelm in einem italienischen Gefängnis. Warum sie nun zurückkommen darf.
Es sollte eigentlich nur ein kurzer Trip werden. Mit einer Begleiterin wollte die Schwelmerin in einem Audi A6 nach Italien fahren – möglichst schnell hin und zurück. Doch am Ende wird es wohl fast zwei Jahre gedauert haben, bis die Frau wieder deutschen Boden betritt. Denn die Fracht an Bord des A6 war brisant: Mehr als 30 Kilogramm Kokain sollen in einem Spezialversteck in dem Auto gelagert haben. Das Ganze war wohl, wie die Ermittlungen inzwischen gezeigt haben, eine Drogenkurierfahrt im Auftrag der Mafia.
Die beiden Frauen stammen aus dem Umfeld des inzwischen zu einiger Berühmtheit gelangten Angelparadieses im Steinbachtal bei Breckerfeld, dessen Besitzer den Ermittlern als Anführer der Drogenkurier-Gruppe gilt. Der 63-Jährige war im Mai vergangenen Jahres bei einer europaweiten Razzia (Operation Eureka) mit vielen weiteren Verdächtigen verhaftet worden. Schon Monate zuvor, im November 2022, waren die beiden Frauen mit den Drogen erwischt worden, und seitdem sitzen sie in Norditalien im Gefängnis.
Am Landesgericht in Bozen verurteilt worden
Doch nun werden beide wohl ihre Reststrafe in deutschen Gefängnissen absitzen können. Den Fall der Schwelmerin bearbeitet die Staatsanwaltschaft Hagen - wegen der letzten Wohnadresse der Frau. Oberstaatsanwalt Dr. Gerhard Pauli bestätigt auf Anfrage, dass in Kürze damit gerechnet werde, dass die Frau nach Deutschland überstellt werde.
Ihre Begleiterin bei der damaligen Fahrt ist schon wieder in Deutschland, sie erwartet hier ein neuerliches Gerichtsverfahren. Sie soll zuvor schon mehrfach Drogenkurierfahrten übernommen haben. Daher ist sie nun auch in Deutschland angeklagt wegen bandenmäßigem Drogenhandel und der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Zusammen mit sieben weiteren Beschuldigten, die alle in Beziehung stehen zu dem Angelparadies beziehungsweise ihrem Besitzer, einem 63-Jährigen aus Hattingen. Wann der Prozess vor dem Landgericht Wuppertal stattfinden wird, ist noch unklar.
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Gegen die Schwelmerin hingegen ist nicht erneut Anklage erhoben worden, ihr können die Ermittler keine weiteren Drogenfahrten nachweisen. Gleichwohl muss die Frau, die eine Zeit lang auch Geschäftsführerin des Angelparadieses im Steinbachtal in Breckerfeld war, hart für die Fahrt nach Italien bezahlen. Am Landesgericht Bozen war sie im Juni 2023 zu einer langen Strafe von acht Jahren und vier Monaten verurteilt worden.
Frau aus Schwelm wird noch lange in Haft bleiben müssen
Die kann sie nun zumindest in Deutschland absitzen. „Die Regelungen innerhalb der EU sehen vor, dass EU-Bürger generell einen Rechtsanspruch haben, in ihr Heimatland überstellt zu werden“, sagt Oberstaatsanwalt Pauli. Einen „Strafrabatt“ wird es aber nicht geben. Das italienische Urteil wird vollstreckt, allerdings nach deutschem Vollzugsrecht, das bei entsprechend guter Führung in der Regel nach einiger Zeit in einer geschlossenen Haftanstalt auch einen offenen Vollzug vorsieht - dann dürfen Straftäter tagsüber die Justizvollzugsanstalt verlassen. Zudem ist eine Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung möglich - das aber in der Regel erst nach Verbüßung von zwei Dritteln der Gesamtstrafe. Das dürfte für die Schwelmerin, die nun bald zwei Jahre hinter Gittern leben muss, also noch einige Zeit dauern.
Der Audi A6, mit dem die beiden Frauen am 28. November 2022 an der Grenze zu Italien erwischt worden waren, war – wie man heute aus Ermittlungsakten weiß – verwanzt worden, die Frauen waren also abgehört und gezielt kontrolliert worden. Denn im Zuge der europaweiten Ermittlungen gegen die Mafiaorganisation ’Ndrangheta und ihre Drogengeschäfte waren die Ermittler der Kurierfahrer-Gruppe rund um das Angelparadies in Breckerfeld schon länger auf der Spur. Eine Kontaktaufnahme mit dem Anwalt der verurteilten Frauen war bislang nicht möglich.