Hagen/Siegen/Arnsberg. . Tourismus im Sauerland profitiert vom guten Wetter im Juli und August. Der südwestfälische Einzelhandel dagegen muss sich gegen das Internet behaupten. Eine Bilanz

Der Wetterumschwung macht es deutlich: Der Herbst naht. Eine sehr durchwachsene Bilanz ihres Sommergeschäfts legen Einzelhandel, Tourismus, Gastronomie und Freibäder in Südwestfalen vor. Während Hotels und Gaststätten, aber auch Freibäder in der Mehrzahl zufriedenstellende Gästezahlen melden, berichtet der Einzelhandel in der Region für das erste Halbjahr über eine „leichte Enttäuschung“ - ein Umsatzminus von drei bis vier Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

„Zuerst waren es nur Bücher und Unterhaltungselektronik, aber jetzt zieht das Internet auch in den Bereichen Textilien und Schuhe stark an“, klagt Karina Brühmann, Sprecherin des südwestfälischen Einzelhandelsverbandes. „Die Kunden sind von Zalando und Co eben sehr verwöhnt.“ Nach ihrer Beobachtung verkaufen immer mehr stationäre Händler in der Region auch über das Internet, aber die Rückgabequote sei hoch.

Anprobe im Wohnzimmer

Brühmann: „Den Kunden geht es darum, dass die Anprobe bei ihnen zu Hause im Wohnzimmer stattfindet.“ Das sei für den Händler teuer. Ansonsten hätten gute Umsätze im Juli die zu kalten und nassen Monate April und Mai nicht mehr wettmachen können. Der August sei schon fast wieder zu heiß gewesen, so die Sprecherin.

Das wiederum kam dem Tourismus in Südwestfalen zugute. „2013 ist ein besonderes, weil untypisches Jahr“, berichtet Thomas Weber, Geschäftsführer von Sauerland Tourismus in Schmallenberg. „Wir hatten sonst immer drei starke Jahreszeiten: Winter mit Wintersport, Mai/Juni mit den Brückentagen und die Herbstzeit zum Wandern: Das Frühjahr ist in diesem Jahr ausgefallen, dafür war das Sommerloch längst nicht so tief wie sonst.“

Weber sprach von einem „guten, in Teilen auch sehr guten Sommer“ für die meisten Betriebe und geht jetzt von einem „leicht positiven“ Ergebnis für das Gesamtjahr aus. Besonders gut seien kinderfreundliche Bauernhöfe angenommen worden, bei dem vielfach schwülen Wetter in den Großstädten habe es im Hochsauerland aber auch zahlreiche Spontanbuchungen von Radlern und Wanderern übers Wochenende gegeben. Der Märkische Kreis und der Kreis Olpe seien dagegen eher im Geschäftsreisetourismus stark.

Vergleichbar mit dem Vorjahr

Da kann die Gastronomie in Südwestfalen nicht ganz mithalten. „Mittelprächtig“ nennt Lars Martin vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Westfalen in Hagen die Bilanz des bisherigen Jahresverlaufs in der Branche. Der Juli und August habe einiges wieder herausgerissen, aber da sei es zum Teil schon wieder zu warm gewesen. Umsatz- und Gästezahlen nannte er „in etwa vergleichbar mit dem Vorjahr.“ Aber die nächste Gefahr lauert bereits. Vor dem Hintergrund des Nichtraucherschutzgesetzes hätten viele Kneipenbesitzer Angst vor einem kalten und nassen Herbst, die Speisegastronomie dagegen sei „guter Dinge“.

Dass ein schöner Sommer automatisch die Zahl der Freibadbesucher auf Rekordhöhen treibt, gehört allerdings der Vergangenheit an, als die Freibäder noch Treffpunkt der Kinder und Jugendlichen nach der Schule war. „Das Freizeitverhalten hat sich verändert“, sagt Dirk Thorbow, Pressesprecher von Hagenbad. In den beiden Freibädern Hestert und Hengstey gab es seinen Angaben zufolge in diesem Jahr mit einer Geamtzahl von 95 431 Badegästen ein Plus von rund 11 000 im Vergleich zu 2012 - die Steigerung ging aber allein auf das Konto des Hengstey-Freibades, während Hestert stagnierte.

In Siegen scheint sich die Sonne stärker auf die Badelust auszuwirken. Michael Haas vom Sport- und Bäderamt der Stadt berichtet vom drittbesten Ergebnis seit dem Jahr 2000 - nach 2003 mit 77 000 Gästen und 2006. Das Freibad im Stadtteil Geisweid brachte es nicht zuletzt dank seiner Attraktion, eines Zehn-Meter-Sprungturms, dem einzigen weit und breit, auf ein Plus im Vergleich zu 2012 von rund 10 000 auf 57 266. Die Gästezahlen im Ortsteil Kaan-Marienborn stiegen sogar um rund 12 000 auf 47 882.

Guter Freibad-Sommer

Auch Marc Vollmer vom Sport- und Bäderamt der Stadt Arnsberg sprach von einem „guten Freibad-Sommer.“ Im städtischen Freibad Neheim wuchsen die Zahlen von 21 800 (2011) über 25 200 (2012) auf 31 500 in diesem Jahr. Aber sie liegen weit entfernt von denen aus dem Jahr 1995: Damals wurden noch 109 000 Badegäste gezählt.