Arnsberg-Neheim. . Bayerische Abende mit Dirndl und Lederhose sind in Südwestfalen nichts Exotisches mehr. Besonders die Schützenbruderschaft Neheim hat gute Erfahrungen damit gemacht. Was einst als spießig und vermufft abgelehnt wurde, ist heute der Renner - mit allem Drum und Dran und ordentlich Gaudi.
Es gibt Erfolgsgeschichten, auf die man niemals einen Cent gewettet hätte. Trachtenmoden etwa haben längst die regionale Grenze Richtung Norden überschritten. Dirndl und Lederhose sind nicht mehr nur auf dem Oktoberfest zu sehen, sondern auch im Herzen des Sauerlandes.
Trachten-Look als Wirtschaftsfaktor. Festveranstalter und Modehäuser berichten, wie gut sich moderne, weltoffene Lebensart mit dem Bekenntnis zur Tradition verbinden und wie gewinnbringend sie sich verpacken lässt.
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Nein, es geht bei dem Thema, nicht, wie so oft augenzwinkernd angemerkt, um tiefere Einsichten, sondern ums Geld. Und wie Schützenbrüder in Arnsberg-Neheim auf die Idee kamen, ihren etwas angejahrten jährlichen Rheinischen Abend vor dem Schützenfest in diesem Jahr zum ersten Mal in einen Bayerischen Abend zu verwandeln. Mit allem Drum und Dran und ordentlich Gaudi, inklusive einer Blaskapelle aus dem Münchner Hippodrom und König-Ludwig-Bier statt Warsteiner.
Etwas Neues musste her
„Was genau ist Rheinland?“, fragte sich Andreas Cloer, Schützenoberst der St. Johannes Baptist Bruderschaft. „Ist das Köln, Düsseldorf oder gar der Oberrhein? Das hätte sich totgelaufen.“ Etwas Neues musste her. Die Schützenbrüder gingen systematisch vor und betrieben Feldforschung. „Wir haben uns deutschlandweit umgeschaut, was wo gut läuft“, berichtet er. „Da gibt es Schlagerpartys oder Country-Partys. Und es gibt bayerische Abende - ein globales Phänomen.“ Schließlich wird überall auf der Welt deutsche Lebensart mit bayerischer in Verbindung gebracht. Die letzten Bedenken, ob das nachgemacht sei - die Neheimer Jäger feiern ihren Bayerischen Abend schon seit längerem mit großem Erfolg - wurden ausgeräumt, der Vorstand überzeugt.
Bayerischer Abend der Schützen in Neheim
„Wir hatten einen Zuspruch wie bisher noch nie bei Rheinischen Abenden“, erzählt Andreas Cloer. „Das hat uns weit nach vorn gebracht.“ Das Überraschendste: 70 Prozent der Besucher kamen in bayerischer Tracht, also in Dirndl und Lederhose. „Die Leute haben auf den Tischen getanzt.“ Wie das? Tracht war schließlich keine Zutrittsvoraussetzung. „Wir haben den Abend professionell auf Litfasssäulen beworben“, so der Schützenoberst. „Und plötzlich waren etwa eine Woche vor dem Abend in den Modehäusern der Umgebung bis nach Dortmund bayerische Trachten zu sehen.“
Eine Hochburg bayerischer Hüttenabende in Südwestfalen
Der Vorteil an einem bayerischen Abend: Niemand muss sich fragen, ob er besser im Smoking oder in Jeans erscheint. Der Nachteil: Man kann sich sehr wohl auch in Tracht voneinander unterscheiden. Das geht ins Geld. Und die Altersgruppe? Dazu kann Barbara Kurzawa vom Modehaus Bessmann in Winterberg etwas sagen, einer weiteren Hochburg bayerischer (Hütten)-Abende in Südwestfalen.
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Bessmann hat Kurzawa zufolge Dirndl und Lederhosen erst 2012 ins Programm genommen und „sehr gute Erfahrungen“ mit dem Verkauf gemacht. Das sei vor vielen Jahren noch anders gewesen. Zu den diversen Oktoberfesten etwa am Sahnehang gingen vor allem 20- bis 30-Jährige - das seien ihre wichtigsten Kunden. „Pärchen oder auch Mädchen nach der Ausbildung, die mit ihren Eltern kommen.“ Offenbar kehren die jungen Leute zu etwas zurück, das ihre Eltern als vermufft und spießig abgelehnt hatten.
Im Oktober geht es weiter
Andreas Cloer ist noch etwas aufgefallen: „Die Qualität des Publikums hat sich positiv verändert.“ Im Oktober soll es schon weitergehen. Im Arnsberger Ortsteil Hüsten plant ein kommerzieller Veranstalter ein Oktoberfest. Cloer und seine Schützenbrüder machen erst einmal Pause: „Im kommenden Jahr, wenn wieder die Jäger den Bayerischen Abend organisieren, werde ich das alles einfach nur genießen.“
