Südwestfalen. . In China, Indien und Russland brummt die Autoproduktion. Automobil-Zulieferer aus Südwestfalen müssen den großen Automobil-Herstellern folgen. Denn verlagern die Produktion in die Länder, in denen sie auf gute Geschäfte setzen. Für die Autozulieferer bedeutet das: sie müssen mitwachsen - mit allen Risiken.

Der Absatzmarkt für Autos in Europa schwächelt. In Indien, Brasilien, China, Russland und Südafrika brummt der Markt. Früher haben die Hersteller die Nachfrage im Ausland über Ausfuhren gedeckt. In Folge des enormen Wachstums verlagern sie die Produktion in die Länder, in denen die Wagen gekauft werden. Von den Zulieferern verlangen sie, ihnen zu folgen.

Nicht jedes mittelständische Unternehmen ist dazu in der Lage. Eine Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman sagt: Die Autozulieferer müssen mit hohem Investitionsaufwand mitwachsen, oder sie bleiben am Ende auf der Strecke, weil sie sich mit ihren Investitionen im Ausland verheben.

Engagement im Ausland

Den Unternehmen in Südwestfalen ist vor der Zukunft nicht bange. „Bislang hat sich unser Engagement im Ausland immer gelohnt“, sagt Holger Müller, Sprecher der Otto Fuchs KG in Meinerzhagen (2500 Mitarbeiter, 559,5 Millionen Euro Umsatz 2012). Dass das Unternehmen nicht aus freien Stücken mitgeht, räumt er ein: „Die Niederlassungen sind durchweg auf Druck der Autohersteller entstanden. So bauen wir in East London in Südafrika in einem Gemeinschaftsunternehmen mit einem südafrikanischen Partner mit 80 Mitarbeitern ausschließlich für Daimler Querlenker. Den Auftrag haben wir nur bekommen, weil wir bereit waren, dort zu produzieren.“

Auf diese Weise würde Daimler hohe Importzölle und lange Transportwege vermeiden. Das spare dem Konzern immense Kosten. „So lange es Daimler gut geht, geht es uns damit auch gut.“ Bereits bei der Auftragsvergabe werde mit viel Druck verhandelt. „Wenn sich das Unternehmen sperrig zeigt, wird mit der Konkurrenz gedroht.“

Für Hella (29.000 Mitarbeiter weltweit/5 Milliarden Euro Umsatz 2012/2013) bringt die Studie wenig neue Erkenntnisse. „Die Globalisierung hat den Automarkt nicht erst kürzlich erreicht“, sagt Sprecher Dr. Markus Richter. „Hella hat sich diesen Umständen vorausschauend angepasst – bereits heute sind wir mit mehr als 100 Standorten in 35 Ländern vertreten.“ Zutreffend sei, dass die Auslagerung von Forschung und Entwicklung eine stärkere Rolle spiele. Richter: „Deshalb investiert Hella hier weiter. Im Geschäftsjahr 2012/13 werden die Leistungen für Forschung und Entwicklung voraussichtlich auf 459 Millionen steigen. Das sind neun Prozent des Konzernumsatzes.“

Für Unternehmen mit genug Substanz ist nach Ansicht von Friedrich Waldeyer, Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Fahrzeug-Elektronik (KFE) in Lippstadt, die Entwicklung „keine Bedrohung, sondern die Herausforderung des Marktes“. Um die Wettbewerbsfähigkeit nicht zu verlieren, hält er es für notwendig, international zu agieren. „Ein kleines mittelständisches Unternehmen kann das nicht, es muss sich mit anderen zusammentun. Es braucht außerdem das Personal mit dem nötigen Know-how, um international agieren zu können.“

Synergien sind gefragt

Ein Invest im Ausland habe nur Sinn, wenn es einen Auftrag eines Autokonzerns gebe. Nur nach Standorten mit niedrigen Produktionskosten zu suchen, sei zu kurz gesprungen. „Es muss global gedacht werden.“ Seine größte Sorge: „Fachleute zu finden.“

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Das sieht Prof. Helmut Schulte, Geschäftsführer vom Automotive Center Südwestfalen in Attendorn, ähnlich. „Ein Unternehmen mit 200 qualifizierten Mitarbeitern kann nicht in jedem Land produzieren lassen. Mit welchen Leuten?“ Die zunehmende Verflechtung der Zulieferer mit den Autokonzernen erfordere in der Region eine enge Zusammenarbeit. „Sie tauchen immer tiefer in die Entwicklung ein, sie liefern längst nicht mehr nach Zeichnung, sondern sie entwickeln das nächste Modell.“ Seine Schlüsselfrage lautet: Wie kann man im Wettbewerb kooperieren? „Die Synergien, die sich im Automotive Center Südwestfalen bilden, sind der Anfang.“

Nicht unbedacht - Schritt für Schritt

So lange hat Kirchhoff Automotive (9000 Mitarbeiter weltweit/1,1 Milliarden Euro Umsatz 2012) nicht gewartet. Längst ist das Unternehmen im Ausland unterwegs. Nicht unbedacht, nicht überstürzt, sondern Schritt für Schritt - bei aller wechselseitigen Abhängigkeit von den Autokonzernen. „Wir versuchen zu Beginn, die Investition so gering wie möglich zu halten“, sagt Sabine Boehle, „versuchen das Risiko zu minimieren, haben aber wie in Schanghai einen Fuß in der Tür.“

Bis große Pressen installiert würden, Investitionen im sechsstelligen Bereich, dauere es. „Bislang fahren wir damit sehr gut.“ Prinzipiell arbeitet Kirchhoff Automotive immer mit einem lokalen Geschäftsführer zusammen. „Er kennt die Mentalität der Mitarbeiter, kennt die gesetzlichen Vorgaben“, sagt Sabine Boehle. Für das Unternehmen sei es selbstverständlich, den Märkten zu folgen: „Wir sind auf der ganzen Welt wachsam in jede Richtung.“