Hagen.

Singen ist ein menschliches Grundbedürfnis und macht glücklich. Das wissen die Teilnehmer unserer Meisterklasse mit Rafael Vázquez jetzt. Die Resonanz auf unsere Aktion „Eine Stunde mit“ zum 100-Jahr-Jubiläum des Theaters Hagen war sehr groß. Junge und erwachsene Sänger und Sängerinnen aus ganz Südwestfalen haben sich von dem spanischen Tenor in die Geheimnisse der Gesangskunst einweihen lassen.

Der Chorsaal des Hagener Theaters direkt hinter der Schneiderei vermittelt mit seinen alten Holzpulten authentisches Bühnen-Flair. Rafael Vázquez macht die Grundlagen des Singens deutlich: „Ein Baby kann die ganze Nacht lang schreien, ohne heiser zu werden“, erläutert der sympathische Künstler mit viel Engagement. „Warum? Weil es instinktiv richtig atmet.“

Wie die Luft hinein fließt und wieder heraus, wie der Körper dadurch geerdet wird: Darin besteht die Gemeinsamkeit zwischen Judo und Singen – Rafael Vázquez ist Tenor und Judo-Lehrer. Zusammen mit Anja Buchta (15) aus Kirchhundem demonstriert er, wie man beim Judo Energie fließend weiterleitet, statt sie zu blockieren. Eine Technik, ohne die das Singen ebenfalls nicht funktionieren würde.

Spielerisch entdecken, wo die Stimme sitzt

„Jede Stimme ist individuell. Es geht nicht darum, etwas vor- und nachzumachen. Es geht darum, den eigenen Weg zu finden.“ Das zu vermitteln, ist Rafael Vázquez wichtig. Der Tenor ist voller Begeisterung bei der Sache, er reißt seine Meisterklasse mit. „Wenn man anfängt zu singen, und es klingt nicht wie Franco Corelli, ist das nicht schlimm. Wo immer man singt, unter der Dusche, in der Kneipe, im Chor: Das Wichtigste ist die Freude am Singen.“

Rafael Vázquez lässt die Teilnehmer üben, wie man die Lungen füllt, er lässt sie laut „Naa“ vokalisieren, um spielerisch zu entdecken, wo die Stimme sitzt. Annika Düppe (9) aus Olsberg hat sich zur Erstkommunion eine Gesangsstunde gewünscht. Inzwischen nimmt sie Unterricht. Anna Filmar (10) aus Hagen singt im Kinderchor von St. Michael. Michael Alberter (14) aus Arnsberg hat Singen als Hobby. Alexandra Schröder (18) aus Hemer nimmt Gesangsunterricht und lernt in der Schule Spanisch – was den spanischen Tenor natürlich besonders freut. Sabine Rieger-Freiburg (46) aus Sundern singt im Chor „Barditus“, und Helmut Kürzel (49), ebenfalls aus Sundern, hat sich nach 30 Jahren Abstinenz wieder in einen Chor locken lassen. Manuel Hiemer ist Mitglied der Hagener A-cappella-Formation J.E.S.

Der Segen und der Alptraum des Singens zugleich

Rafael Vázquez macht aber auch deutlich, dass für Profis „die Stimme eine anspruchsvolle Gefährtin“ ist. Jede Vorstellung auf der Bühne ist anders. Das hohe „C“, das heute mühelos kommt, kann morgen zum Angstgegner werden. „Das ist der Segen und der Alptraum des Singens zugleich.“

Der temperamentvolle Tenor lernt gerade Deutsch. Also übersetzt Dramaturg Jan Bogen seine Erläuterungen. „Jeder von uns hat eine Violine in sich“, macht der 35-Jährige Mut. „Bei dem einen ist das eine Stradivari, bei dem anderen eher Made in China. Aber: Jeder kann sich entwickeln. Und jeder Sänger ist ein Schüler, sein Leben lang.“

100 Jahre Theater Hagen

Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
05. Oktober 2011, Hagen. Festakt 100 Jahre Theater Hagen.Foto: Michael Kleinrensing
05. Oktober 2011, Hagen. Festakt 100 Jahre Theater Hagen.Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Besucher durch Glasscheibe fotografiert. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Besucher durch Glasscheibe fotografiert. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Der Theatersaal. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Der Theatersaal. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Oberbürgermeister Jörg Dehm. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Oberbürgermeister Jörg Dehm. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Oberbürgermeister Jörg Dehm. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Oberbürgermeister Jörg Dehm. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Rainer Zaun und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Rainer Zaun und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Prof. Klaus Schäfer, Staatssekretär im Ministerium für Fam., Jgd, Kultur und Sport NRW. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Prof. Klaus Schäfer, Staatssekretär im Ministerium für Fam., Jgd, Kultur und Sport NRW. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Raymond Ayers und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Raymond Ayers und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. GMD Florian Ludwig und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. GMD Florian Ludwig und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Die neugestrichene Fassade mit Jubiläumszahl. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Die neugestrichene Fassade mit Jubiläumszahl. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Festredner Rolf Bolwin, Geschäftsf. Direktor Deutscher Bühnenverein. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Festredner Rolf Bolwin, Geschäftsf. Direktor Deutscher Bühnenverein. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Maria Klier und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Maria Klier und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Maria Klier und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Maria Klier und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Selin Yilmaz, Schülerin der Hauptschule Remberg. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Selin Yilmaz, Schülerin der Hauptschule Remberg. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Selin Yilmaz, Schülerin der Hauptschule Remberg. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Selin Yilmaz, Schülerin der Hauptschule Remberg. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Opernchor  und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Opernchor und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Opernchor  und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Opernchor und Philharmonisches Orchester Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Die neugestrichene Fassade mit Jubiläumszahl. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Die neugestrichene Fassade mit Jubiläumszahl. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Geburtstags Fünf-Uhr-Tee mit den 4 Intendanten Norbert Hilchenbach, Prof. Manfred Schnabel, Peter Pietzsch und Rainer Friedemann (vl.). Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Geburtstags Fünf-Uhr-Tee mit den 4 Intendanten Norbert Hilchenbach, Prof. Manfred Schnabel, Peter Pietzsch und Rainer Friedemann (vl.). Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Geburtstags Fünf-Uhr-Tee mit den 4 Intendanten Norbert Hilchenbach, Prof. Manfred Schnabel, Peter Pietzsch und Rainer Friedemann (vl.). Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Geburtstags Fünf-Uhr-Tee mit den 4 Intendanten Norbert Hilchenbach, Prof. Manfred Schnabel, Peter Pietzsch und Rainer Friedemann (vl.). Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Geburtstags Fünf-Uhr-Tee mit den 4 Intendanten Norbert Hilchenbach, Prof. Manfred Schnabel, Peter Pietzsch und Rainer Friedemann (vl.). Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Geburtstags Fünf-Uhr-Tee mit den 4 Intendanten Norbert Hilchenbach, Prof. Manfred Schnabel, Peter Pietzsch und Rainer Friedemann (vl.). Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Geburtstags Fünf-Uhr-Tee mit den 4 Intendanten Norbert Hilchenbach, Prof. Manfred Schnabel, Peter Pietzsch und Rainer Friedemann (vl.). Foto: Michael Kleinrensing
Festakt 100 Jahre Theater Hagen. Geburtstags Fünf-Uhr-Tee mit den 4 Intendanten Norbert Hilchenbach, Prof. Manfred Schnabel, Peter Pietzsch und Rainer Friedemann (vl.). Foto: Michael Kleinrensing © WP Michael Kleinrensing
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„Kann man die Stimme ab 50 aufwärts nicht mehr verändern?“, fragt Artur Achter (65) aus Olpe. „Natürlich verändert sich die Stimme mit dem Alter“, antwortet Vázquez. „Aber das Resultat ist nicht zwangsläufig, dass man seine Höhe verliert. Eine Tenorstimme wird eher ihre Tiefe verlieren.“ Lothar Schwengler (67) aus Herdecke will wissen, ob Unterhaltungsmusik Opernsängern die Kehle ruiniert. „Eine lange Karriere wird nur möglich durch das richtige Repertoire zur rechten Zeit“, meint Rafael Vázquez.

"Wenn die Stimme kiekst, was soll’s."

Generalmusikdirektor Florian Ludwig ist als Ehrengast bei der Meisterklasse anwesend. Zu jeder „Stunde mit“ gehört praktisches Training. Als Hommage an den Tenor stimmen alle ein begeistertes „Bruder Jakob“ auf Spanisch an. Dabei singen die begleitenden Eltern und Freunde selbstverständlich kräftig mit. Jetzt kommt Solorepetitor Malte Kühn am Flügel zum Einsatz. Das „Dona Nobis Pacem“ klingt Vázquez noch zu gehemmt. „Ich möchte, dass Sie den besten Klang produzieren, den Sie erzeugen können.“ Es gibt einige eklige hohe „E“s in dem Kanon. „Hohe Töne sind nicht hoch, weil sie hoch sind, sondern, weil wir sie hoch denken. Wenn die Stimme kiekst, was soll’s. Geben sie alles!“

Vázquez verrät schließlich sein Rezept gegen Lampenfieber: „Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Im schlimmsten Fall bricht ein Ton ab. Aber es kommt keiner und erschlägt den Sänger.“ Und er ergänzt: „Sie sind nicht Jonas Kaufmann. Sie sind Sie selbst. Ich wünsche mir, dass Sie sich frei fühlen. Denn das bedeutet Singen: Freiheit.“