Hagen. Viele Hoffnungen knüpfen sich an den künftigen Paderborner Erzbischof. Aber auch viele Befürchtungen. Wir sammeln erste Eindrücke.

Wer ist der neue Erzbischof? Ein Hardliner? Ein Reformer? Von der Antwort auf diese Frage hängt viel ab für die Zukunft des Erzbistums Paderborn. Die erste Ansprache von Dr. Udo Markus Bentz im Paderborner Dom am Samstagmittag legte nahe, dass er unter anderem ein geschickter Diplomat ist.

Denn der frühere Mainzer Weihbischof bedankte sich bei den „Frauen und Männern des Auswahlgremiums. Ich habe wahrgenommen, wie verantwortlich Sie nach einem neuen Bischof gesucht haben“. Paderborn hatte als erstes deutsches Bistum Laien an der Bischofswahl beteiligt und damit eine Forderung des Synodalen Weges umgesetzt. Der Vatikan stoppte die tatsächliche Wahlteilnahme, gleichwohl konnte die Gruppe aus 14 Laien sich mit den Domkapitularen beraten.

Gemeinsam in die Verantwortung

„Miteinander ringen, miteinander reden, in Einheit gemeinsam Verantwortung übernehmen“, sagte Erzbischof Bentz, und es klang wie eine Beschwörung. Denn die Krise der Kirche macht vor Sauerland, Siegerland, Ostwestfalen und dem östlichen Ruhrgebiet nicht Halt, auch wenn Paderborn das reichste Bistum in Deutschland ist, wodurch manche Probleme abgefedert werden. Bentz‘ Vorgänger, den emeritierten Erzbischof Hans-Josef Becker, trieb die Sorge um, dass die innerkirchlichen Polaritäten unüberbrückbar werden könnten. Deshalb beteiligt sich Paderborn engagiert am Reformprozess Synodaler Weg, aber auf eine eher leise Art. Der Neue signalisierte, dass er verstanden hat: „An der Wirklichkeit vorbei kann man nicht geistlich sein“, sagte Bentz. Und weiter: „Ich muss und will mit möglichst vielen von Ihnen ins Gespräch kommen und Ihnen zuhören.“

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Am ersten Adventssamstag, also vor einer Woche, klingelte in Mainz das Telefon, und Dompropst Joachim Göbel teilte Bentz mit, dass die Wahl des Domkapitels auf ihn gefallen sei. Bei einer Paderborner Bischofswahl schickt das Domkapitel eine Vorschlagsliste mit Namen über den Berliner Nuntius an den Papst. Dieser sendet dann zu einem Zeitpunkt, der ihm beliebt, drei Namen zurück, die auf der Liste stehen können, aber nicht müssen. Aus diesen Dreien wählt das Domkapitel den neuen Erzbischof. Ob Bentz auf der Ursprungsliste stand, wird man vermutlich nie erfahren, denn die Domkapitulare unterliegen dem päpstlichen Geheimnis. Der Mainzer erbat sich Bedenkzeit und sagte nach einem langen Gespräch mit den Paderbornern zu.

Es braucht einen Kulturwandel bei der Frage von Leitungsvollmacht, damit die Kirche ihre Sendung in den derzeitigen Herausforderungen besser und vor allem glaubwürdiger erfüllen kann.
Erzbischof Udo Bentz, Paderborn

Ein Name stand jedoch mit Sicherheit auf der Wunschliste. Monsignore Dr. Michael Bredeck, der Diözesanadministrator und Fachmann für die Zukunftsentwicklung des Erzbistums Paderborn. Er übernahm nach dem Rücktritt von Alterzbischof Becker die Geschäfte und brachte eine neue Kultur des Dialoges und des Zuhörens in die oft als bräsig verrufenen Paderborner Strukturen. Vor allem hörte er als erster Paderborner Leitungsverantwortlicher den Missbrauchsbetroffenen zu. Viele Laien und Hauptamtliche hätten Bredeck gerne auf dem Erzbischofsstuhl gesehen. Sie bedankten sich im Paderborner Dom mit sehr langanhaltendem Beifall bei ihm. Was wird jetzt aus Bredeck? Macht Bentz ihn zu seinem Generalvikar? Oder steht er auf Abruf für einen der vakanten und noch vakant werdenden Bischofssitze?

Nicht an der Wirklichkeit vorbei

Mit der Wirklichkeit, an der vorbei man nicht geistlich sein kann, wird Erzbischof Bentz sehr schnell konfrontiert werden. Die Paderborner Missbrauchsstudie steht vor der Veröffentlichung. Sie wird enthüllen, dass auch im beschaulichen ländlichen Raum durch Priester entsetzliche Gewalttaten verübt wurden, und dass die Täter vielfach nicht aus dem Verkehr gezogen, sondern weiterversetzt wurden. Die Ergebnisse werden vermutlich die Selbstbilder vieler Gemeinden erschüttern und eine weitere Austrittswelle zur Folge haben. Das wird ein Stresstest für den neuen Oberhirten.

Der neue Erzbischof von Paderborn

Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn.
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn.
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn.
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Viele Menschen kamen in den Dom zu Paderborn.
Viele Menschen kamen in den Dom zu Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn.
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn.
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn.
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn.
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn.
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Viele Menschen kommen zur Vorstellung in den Dom zu Paderborn.
Viele Menschen kommen zur Vorstellung in den Dom zu Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn.
Der neue Erzbischof Udo Markus Bentz bei seiner Vorstellung Paderborn. © dpa | Guido Kirchner
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Die zweite große Dauerbaustelle betrifft die drängenden Fragen der Pastoral. Das Erzbistum Paderborn erstreckt sich über die riesige Fläche von 14.750 Quadratkilometern, 4,8 Millionen Menschen leben hier; noch sind rund 1,36 Millionen der Einwohner katholisch. Geographisch erstreckt sich das Gebiet von Minden bis Siegen und von Höxter bis Herne. Dortmund und Hagen sind neben Paderborn die größten Städte. Noch gibt es etwa 700 hauptberufliche Seelsorgerinnen und Seelsorger; ihre Zahl wird sich in den nächsten zehn Jahren absehbar halbieren.

Als Mainzer Generalvikar hat Bentz bereits alternative Führungsmodelle erprobt. Dabei geht es um das Teilen von Verantwortung auf allen strukturellen Führungsebenen. „Es braucht einen Kulturwandel bei der Frage von Leitungsvollmacht, damit die Kirche ihre Sendung in den derzeitigen Herausforderungen besser und vor allem glaubwürdiger erfüllen kann“, sagte er in Mainz in einem Interview. Mit Stephanie Rieth setzte er in Mainz eine Bevollmächtigte ein, mit der er sich die Führungsverantwortung im Generalvikariat teilt.

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Neue Generation

Mit seinen 56 Jahren steht Bentz ohnehin für einen Generationswechsel in der Bischofskonferenz. Gebürtig in Rülsheim/Pfalz absolvierte er zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Nach der Priesterweihe 1995 wurde er schon 1998 Bischöflicher Sekretär, promovierte über Karl Rahner und machte dann schnell Karriere im Apparat. Einige beschreiben ihn als liberal, andere als gemäßigt konservativ. „Angst und Hoffnung“ habe er, bekannte der neue Erzbischof am Samstag. „Da kommt ein Pfälzer vom Rhein an die Quelle der Pader nach Westfalen. Ich hoffe, dass das gut geht.“ Und weiter: „Mir geht es wie vielen Pfälzern. Ich habe ,Spaß an de Leut‘. Und ich habe die Hoffnung, hier überzeugte Menschen erleben zu dürfen, mit denen wir gemeinsam einen neuen Weg gehen können. Ich komme mit Offenheit und Neugier.“ Die feierliche Amtseinführung findet am Sonntag, 10. März 2024, statt.

Udo Markus Bentz ist nicht der einzige Erzbischof, den Papst Franziskus am Wochenende ernannte. In Bamberg trägt künftig der bisherige Weihbischof und kommissarische Bistumsleiter Herwig Gössl, ebenfalls 56, die Mitra. Er gilt als konservativ, aber auch er hat sich beim Synodalen Weg engagiert.