Hagen. Für Zehntausende Kinder sind seine Kompositionen der erste Kontakt zu Live-Musik. Wie Andres Reukauf mit der Verantwortung umgeht.

Andres Reukauf (51) komponiert seit 13 Jahren die Musik zum traditionellen Weihnachtsmärchen im Theater Hagen. Großes Publikum ist ihm dabei immer gewiss: Zehntausende Kinder sehen und hören die Aufführung in jedem Jahr. Das kritische Publikum hat der vielseitige Musiker als Vater auch in seinen eigenen vier Wänden: Zwei Stiefkinder, die heute im Teenager-Alter sind und in den vergangenen Jahren oft zugeschaut haben, hat seine Frau mit in die Ehe gebracht. Mit ihr hat er noch zwei weitere kleine Kinder (ein und vier Jahre).

Herr Reukauf, Sie komponieren die Musik zum Hagener Weihnachtsmärchen schon länger, als Sie selbst Vater sind. Haben Sie heute trotzdem Ihre eigenen Kinder vor Augen, wenn Sie ans Werk gehen?

Andres Reukauf: Ich habe beim Komponieren für das Weihnachtsmärchen immer Kinder vor Augen, aber nicht meine eigenen. Es ist ein Publikum voller Kinder, das ich dann sehe. Mit dem Eindruck komponiere ich eingängige Melodien, aber auch nicht zu einfache. Die Musiker sollen auch beim 20. Mal noch ihre Freude beim Spiel haben. Aber auch für die Kinder braucht es keine ganz schlichte Dudel-Musik. Was mir immer sehr wichtig ist: Es muss einen fröhlichen Schluss geben, ein eingängiges Lied, das die Kinder auch mitsingen können, wenn sie aus dem Theater gehen.

Warum ist Ihnen das so wichtig?

Die meisten Kinder kommen mit dem Weihnachtsmärchen das erste Mal in Berührung mit dem Theater. Dieser erste Eindruck ist entscheidend, wie die Kinder, Kunst und Theater wahrnehmen und auch abspeichern. Wie die Kinder das Weihnachtsmärchen empfinden, kann ausschlaggebend sein, ob sie auch später ins Theater gehen. Und dieser Verantwortung bin ich mir bewusst.

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Kann man Kindern auch anspruchsvolle Musik zumuten?

Wie gesagt: Eingängig, griffig sollen die Melodien schon sein. Jedoch ist die harmonische und klangliche Begleitung dieser einfachen Melodien durch die Band immer wieder sehr komplex. Das ist die Kunst. Zwischen den Szenen gibt es aber auch klassische Theatermusik, atmosphärische Töne. Natürlich kann man Kinder auch an diese Form der Musik heranführen.

Welche Rolle spielt, dass die Musiker bei jeder Aufführung live im Orchestergraben spielen?

Eine sehr wichtige. Auch hier muss man sehen: Viele Kinder erleben zum ersten Mal in ihrem Leben live gespielt die Instrumente. Hier gibt es keine Computermusik, beim Weihnachtsmärchen werden keine Rhythmen aus der Dose abgespielt. Das gilt übrigens auch für die CD, die auch zum diesjährigen Weihnachtsmärchen eingespielt wurde. Da ist sehr viel von der Live-Atmosphäre zu hören, das macht die Faszination aus.

Wie gehen Sie eigentlich vor, wenn Sie die Musik für das komplette Stück komponieren? Fangen Sie vorne an und gehen es dann bis zum Ende durch?

In Bildern: „Gut gebrüllt, Löwe“ am Theater Hagen

Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung "Gut gebrüllt, Löwe" von Max Kruse. Im Bild zu sehen sind Vanessa Stoll, Julius Schleheck und Richard van Gemert. © Zentrale | Björn Hickmann/ stage picture
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung "Gut gebrüllt, Löwe" von Max Kruse. Im Bild zu sehen sind Lisa Birnkott,Serdar Altan, Vanessa Stoll und Zeynep Topal. © Björn Hickmann/ stage picture | Björn Hickmann/ stage picture
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung "Gut gebrüllt, Löwe" von Max Kruse. Im Bild zu sehen sind Julius Schleheck, Sebastian Klug, Vanessa Stoll, Richard van Gemert, Serdar Altan und ZeynepTopal. © Zentrale | Björn Hickmann/ stage picture
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung "Gut gebrüllt, Löwe" von Max Kruse. Im Bild zu sehen sind Vanessa Stoll, Julius Schleheck und Richard van Gemert. © Zentrale | Björn Hickmann/ stage picture
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung "Gut gebrüllt, Löwe" von Max Kruse. Im Bild zu sehen sind Richard van Gemert, Hannah Usemann, Luise Mohr, Julius Schleheck, Tobias Kramm und Sebastian Klug. © Björn Hickmann | Björn Hickmann/ stage picture
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung "Gut gebrüllt, Löwe" von Max Kruse. Im Bild zu sehen sind Sebastian Klug, Serdar Altan, Zeynep Topal, Hannah Emami, Hannah Usemann und Lisa Birnkott. © Björn Hickmann/ stage picture | Björn Hickmann/ stage picture
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung
Das Theater Hagen zeigt als Weihnachtsaufführung "Gut gebrüllt, Löwe" von Max Kruse. Im Bild zu sehen sind Hannah Usemann, Tobias Kramm, Hannah Emami, und Lisa Birnkott. © Björn Hickmann/ stage picture | Björn Hickmann/ stage picture
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Nein, es ist eher ein Puzzle, das sich Stück für Stück zusammensetzt. Ich gehe immer vom Text aus und habe dann eine gewisse Atmosphäre vor Augen. Bei „Gut gebrüllt, Löwe“ war die Herausforderung, dass ich das Stück vorher gar nicht kannte. Wegen des fliegenden Teppichs hatte ich erst eine orientalische Grundstimmung vor Augen. Aber Lisa Könnecke, die den Ursprungstext von Max Kruse bearbeitet hat, und besonders die Regisseurin Frances van Boeckel haben mich dann gebeten, das eben nicht zu tun. Und das finde ich im Nachhinein sehr gut. So ist eine extrem vielseitige Musik entstanden. Eines ist bei mir aber quasi Tradition: Die Ouvertüre komponiere ich immer erst zum Schluss.

In diesem Jahr gibt es auch für Sie eine Neuerung. Sie sitzen nicht selbst am Klavier. Wie kam es dazu?

Ja, in der Tat bin ich zum ersten Mal nicht mehr der Musikalische Leiter bei den Aufführungen. 20 Jahre lang habe ich immer mitgespielt, seit 13 Jahren komponiere ich die Musik. Das ist schon ein Einschnitt. Aber ich habe es zeitlich einfach nicht mehr geschafft. Oktober und November sind bei mir als freischaffender Musiker die auftragsstärksten Monate. Das war bislang schon immer schwierig mit den Proben, zumal ich nun noch kleine Kinder habe. Ich war deshalb total gespannt auf die Premiere. Aber ich muss sagen, dass ich wirklich rundum zufrieden bin mit dem Märchen. Mein Kollege Andreas Vogelsberger hat als Musikalischer Leiter meine Musik ganz wunderbar einstudiert. Ich war sehr begeistert, mit wie viel Witz und Leidenschaft alle Kollegen auf der Bühne und im Orchestergraben meine Musik zum Klingen gebracht haben. Und besonders, wie gut sich die Musik in das gesamte Märchen einfügt. Es ist eine sehr runde und schöne Show geworden, die ich nur jedem empfehlen kann.

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