Hagen/Lüdenscheid. Der Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags zur Aufarbeitung des A-45-Debakels gastiert in Lüdenscheid. Die Skepsis der Bürger ist groß.

Die Veranstaltung hatte in Teilen „den Charakter einer Amtsgerichtsverhandlung“. Sagt Heiko Schürfeld. Schließlich seien er und die anderen Zeugen unterrichtet worden, dass sie zur Wahrheit verpflichtet seien und bei Falschaussage eine Gefängnisstrafe drohe. Derart folgenreich geriet der Besuch des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) in Lüdenscheid zum Brückendesaster an der A 45 allerdings nicht. Gegrillt im Zeugenstand wurde niemand. Der aufklärerische Charakter stand diesmal hintenan. Stattdessen diente der Vor-Ort-Termin in erster Linie noch einmal der Einholung eines Lage- und Stimmungsbildes im Epizentrum der Infrastruktur-Katastrophe.

Seit Anfang Mai soll der Untersuchungsausschuss – eingesetzt vom NRW-Landtag auf Antrag der Oppositionsfraktionen von SPD und FDP – ergründen, wie es zur Sperrung der A 45 bei Lüdenscheid kam und ob der ehemalige NRW-Verkehrsminister und jetzige Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) für das Debakel mitverantwortlich ist. Am Mittwoch bekamen die PUA-Mitglieder in Lüdenscheid von Vertretern aus Lokalpolitik, Wirtschaft und Gewerkschaften sowie von Bürgern zu hören, wie sehr die Region unter der seit bald zwei Jahren andauernden Sperrung der Rahmede-Talbrücke leidet.

Da war wenig Neues dabei; Heiko Schürfeld, Vertreter der Bürgerinitiative, sprach daher davon, dass „die bekannten Probleme noch mal aufgeführt“ worden seien. Andererseits höhlt steter Tropfen vielleicht auch diesen Stein. Geht es sowohl nach Stefan Engstfeld (Grüne), dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, als auch nach SPD-Politiker Gordan Dudas, dann war der PUA-Termin nicht vergebens. Man habe „ein sehr gutes Bild erhalten, wie die Lage vor Ort ist“, nämlich „dramatisch“, sagte Engstfeld und erklärte: „Wir geben das über den PUA an Landtag und Regierung weiter.“ Dudas, Lüdenscheider Lokalmatador und verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, griff einen Wunsch aus der Region auf und forderte, dass es konkrete Ideen und Projekte brauche, um die Region, die „auf dem Sterbebett“ liege, etwa bei der Infrastruktur, der Bildung oder der Verkehrswende zu fördern.

Für die Entwicklung derartiger Vorhaben ist jedoch ein Untersuchungsausschuss nicht zuständig. Dudas aber findet, dass das Mandat des PUA „so weit formuliert“ sei, dass man „als ein Ergebnis eine Perspektive erarbeiten“ könne. „Ich“, kündigte der SPD-Politiker an, „werde im Rahmen meiner Möglichkeiten alles dafür tun, um konkrete Ideen und Projekte zu erarbeiten. Ich hoffe, dass meine Kollegen im Ausschuss mitgehen.“

Die Erwartungshaltung bei Bürgern wie Schürfeld ist dennoch gering, schließlich war die PUA-Gruppe nicht die erste prominente Politiker-Delegation, die sich in Lüdenscheid die Ehre gab. Bei jedem dieser Besuche bekomme man zwar das Gefühl vermittelt, dass nun etwas passiere. Aber, sagte Schürfeld, „die Erfahrung hat uns gezeigt, dass es ein Termin war, den man abgearbeitet hat, der medienwirksam war. Ob das dann alles im Sande verläuft, weiß man nicht…“

Dudas kennt diese Skepsis. Auch am Mittwoch hätten die Bürger explizit erwähnt, dass eine Delegation nach der anderen nach Lüdenscheid komme, aber zu wenig passiere. „Ich teile die Ansicht, ich halte von diesem Politiktourismus nichts. Dabei kommt nichts für die Region raus“, räumte er ein. Engstfeld formulierte es positiv: „Alle sorgen sich um ihre Region, weil sie Angst haben, dass alles den Bach runtergeht. Aber sie kämpfen und stecken den Kopf nicht in den Sand.“