Lennestadt. Stuntman Marek Sukup stürzt beim Elspe-Festival brennend in die Tiefe. Wie muss er sich dafür vorbereiten? Wir haben ihn begleitet.

Zwischen zwei Feuerwalzen stürzt der Ölprinz brennend in den Abgrund. Die Actionszenen beim Elspe-Festival sind in ganz Europa berühmt. Während die Hitze der Explosionen bis in die letzte Reihe des Zuschauerraumes zu spüren ist, fragen sich viele Gäste, wie ein so spektakuläres Finale live überhaupt realisiert werden kann? Manche vermuten sogar, dass eine brennende Puppe von dem 12 Meter hohen Felsen geworfen wird. Marek Sukup weiß es besser. Der junge tschechische Stuntman ist der Feuerspringer von Elspe.

Oben auf dem Felsen thront unheilverkündend der Ölturm. Was das Publikum nicht sieht, ist der gigantische Wassertank daneben. 75.000 Liter können hier im Notfall sofort in Bewegung gesetzt werden. Die Besucher können auch das vier Meter tiefe Wasserbecken am Fuße des Felsens nicht erkennen. Dort wird der Feuerspringer landen – und sofort gelöscht. Oben steht etwas versetzt der Schuppen, in dem Marek Sukup sich auf seinen Sprung vorbereitet. Die schwarzen Handschuhe weichen bereits in Wasser ein. Sukup hat schon einen Neoprenanzug an, wenn er eintrifft. Darüber kommt ein schwarzer Trainingsanzug mit Kapuze.

Mit Schutzgel

Alle diese Stücke sind nass, und alle werden mit einem Schutzgel eingerieben, um Kleidung und Haut vor der Hitze und den Flammen zu bewahren. Das schafft ein Stuntman nicht alleine. Der Feuersprung ist eine Gemeinschaftsleistung. Zwei Helfer bereiten Marek auf seinen Auftritt vor, dazu kommen zwei Sicherheitsleute, die bei der Schlussszene aufpassen, dass das Feuer genau da bleibt, wo es hingehört. Unten am Wasser steht ein weiterer Helfer bereit. Das Kommando hat Pyrotechniker Stephan Kieper.

„Wir sind ein Actiontheater. Das ist eine Liveshow. Das Publikum kommt wegen der Pyrotechnik und wegen der 40 Pferde“, beschreibt Stuntkoordinator Marco Kühne (45) das Alleinstellungsmerkmal der Elsper Bühne. Im Film können Actionszenen so oft wiederholt werden, bis sie funktionieren. Im Theater gibt es pro Vorstellung nur eine einzige Chance. Kühne: „Marek weiß genau: Jetzt ziehe ich die Hose an, jetzt die Handschuhe, er kann nicht sagen: Moment mal, ich brauche noch fünf Minuten. Wenn er auf den Punkt nicht fertig ist, kann er nicht springen.“

Feuerfeste Kopfhaube

Im Schuppen stülpt sich Marek Sukup die feuerfeste Gesichtsschutzmaske über den Kopf. Jetzt muss es schnell gehen, denn unter der Haube kriegt er nicht gut Luft. Nun kommt das wichtigste Requisit: der Mantel, der mit brennbarer Flüssigkeit getränkt ist. Wenn Marek am Rande des Abgrunds steht und sein Ok gibt, setzt Stephan Kieper den Mantel in Brand. Hohe Flammen schlagen auf. Das Publikum sieht eine brennende Person. Tatsächlich brennt nur der Mantel, während Gesicht und Körper durch die nasse Kleidung und das Gel geschützt sind. Jetzt springt Marek Sukup und zieht den brennenden Mantel wie einen Flammenschweif hinter sich her.

„Es ist alles Timing“, so beschreibt Stephan Kieper den Ablauf. Der Stuntman entscheidet, wie lange er brennend oben an der Kante steht – ein dramatisches Bild – und wann er springt. Das hängt von mehreren Faktoren ab, zum Beispiel, ob der Wind von hinten kommt. „Der Stuntman muss immer selbst sagen, wie er springt“, weiß Marco Kühne. „Das ist bei allen Stunts so. Ich kann als Koordinator nur sagen, ich hätte das gerne so, und dann probieren wir das aus.“

Seit 2019 ist Marek Sukup als Kaskadeur beim Elspe-Festival engagiert. „Der Ölprinz“ ist sein erstes Stück mit einem großen Sprung. „Man braucht Kondition“, sagt er. „Ich habe im Alter von 12 Jahren mit Parkour und Free Riding angefangen.“ Mit Parkour hält sich Sukup fit für die Stunts. Marco Kühne: „Wenn ich im Winter, wenn auf der Bühne nichts los ist, mit meiner Frau ausreite, dann sieht man Marek hier herumspringen.“ Erfahrungen mit Feuer hatte der 28-Jährige vor Elspe nicht. „Man tastet sich da langsam ran.“

Echte Teamarbeit

Stephan Kieper (52) ist gebürtiger Hohenlimburger und seit 21 Jahren Chefpyrotechniker in Elspe. Er sprengt bei jeder Vorstellung seine Frau in die Luft. Unter anderem. „Ich habe keine Angst. Ich kontrolliere die Szene. Ich muss mich nach dem richten, was ich sehe. Ich muss sehen, dass die Bühne frei ist, dass die Darsteller weg sind, bis auf die Eingeteilten, die ihren festen Platz haben. Sehe ich ein anderes Bild als dieses, würde ich im Zweifelsfall auf die Explosion verzichten.“

Für das Publikum sieht es so aus, als wäre der brennende Todesspringer zwischen zwei Feuerwalzen gefangen. Tatsächlich befindet sich Marek Sukup aber bereits sicher im Wasserbecken, wenn die zweite Explosion gezündet wird. „Das kannst Du nur mit Leuten machen, auf die Du Dich verlassen kannst“, weiß Stephan Kieper. „Nicht mit solchen, die wie Rambo drauf sind und gut aussehen wollen.“ Und Marco Kühne ergänzt: „Du musst Teamplayer sein. In Elspe trägt jeder seine Sache zu einer funktionierenden Vorstellung bei. Nur so funktioniert es bei uns.“

Und? Zünden sich Marek Sukup oder die Helfer vor dem Feuersprung zur Entspannung neben dem Ölturm noch gemütlich eine Zigarette an? Fassungslose Gesichter ob dieser Frage. Marco Kühne: „Im ganzen Bühnenumkreis ist das Rauchen verboten, wenn Explosionen angelegt sind.“

Die Saison läuft bis zum 5. September. www.elspe.de