Schmallenberg/Münster. Mit viel Ehrenamt realisiert der Schmallenberger Ortsteil Holthausen eine Matisse-Schau des Picasso-Museums Münster. Wie konnte es dazu kommen?

Matisse darf nicht geruckelt werden. Zu empfindlich sind die kostbaren Kunstwerke des französischen Meisters. Erschütterungen vertragen sie nicht. Damit könnte ihr Transport ins Museum Holthausen in Schmallenberg zu einem ernsthaften Problem werden, wenn es die erfinderischen Ehrenamtlichen im Dorf nicht gäbe. Flugs zwei Spanplatten organisiert und damit einen mobilen Behelfsweg über das Kopfsteinpflaster gelegt. Nun werden die Klimakisten mit den rund 40 Exponaten vorsichtig in die Südwestfälische Galerie gerollt – so dass am Samstag die Ausstellung „Henri Matisse. Kleid, Tracht, Kostüm“ beim Festival „Die Textile“ eröffnet werden kann.

Bereits zum zweiten Mal kooperiert das Textile-Festival mit dem Kunstmuseum Pablo Picasso in Münster. Das Haus verfügt nicht nur über umfangreiche und exquisite Picasso-Bestände, es beherbergt seit 2015 auch die größte deutsche Matisse-Sammlung mit 121 Grafiken. Doch wie geht der berühmte französische Künstler Henri Matisse (1869-1954), den viele nur von seinen Scherenschnitten kennen, mit dem Thema Textilkunst zusammen? Stoffe und alles, was daran hängt, Bordüren, Muster, Gewebe, Mode, Teppiche übten eine ungeheure Faszination auf Matisse aus. Ein Grund ist möglicherweise, dass seine Großeltern Weber waren. Matisse kam aus einer Textilregion in Nordfrankreich, wo sich die Bauern ein Zubrot damit verdienten, Seidenstoffe in Heimarbeit zu weben. Das unterscheidet sich nicht groß von der Strumpfstadt Schmallenberg im Sauerland, wo seit dem Mittelalter Textilgewerbe überliefert ist.

Motiv und Inspirationsquelle

Durch Matisse kommt eine neue Farbe ins Festival-Konzept. „Es geht nicht um das Material oder die Technik, sondern um das Motiv und die Inspirationsquelle. Das finde ich spannend“, schildert Saskia Hol-sträter, die als Kulturamtsleiterin die „Textile“ organisiert.

Das Museum in Holthausen ist bereits anlässlich der Picasso-Schau 2018 für hochkarätige Ausstellungen ausgerüstet worden. Die Alarmanlage ist neu und funktioniert. Das Licht wird auf 50 Lux heruntergeregelt, die Temperatur darf maximal 18 bis 20 Grad betragen. Die Luftfeuchtigkeit macht anfangs noch Sorgen. Sie schwankt zwischen 54 und 57 Prozent. Das ist zuviel. Die Papierarbeiten vertragen höchstens 50 Prozent. Also müssen kurzfristig drei Luftentfeuchter organisiert werden. Die Matisse-Grafiken sind Weltkunst. Sie haben bereits weite Reisen hinter sich. Vor Holthausen wurden die Arbeiten in Shanghai gezeigt.

Komplett barrierefrei

Das Museum stellt nicht nur die Versicherungen zufrieden, es ist auch für alle Besucher zugänglich. Barrierefreiheit ist für Saskia Hol-sträter nicht nur eine Frage von Aufzügen und Toiletten. „Den Audioguide gibt es in Deutsch, Holländisch und in leichter Sprache. Darauf legen wir Wert. Andere Museen sind da längst noch nicht so weit.“

14 Vereine bei 600 Einwohnern

Möglich wird der Kraftakt aber erst durch die ehrenamtliche Unterstützung des Männergesangvereins „Einigkeit“ Holthausen-Huxel und des Museumsvereins. Dass die Ehrenamtlichen im Hauptberuf überwiegend Handwerker sind, schadet der Sache nicht. „Wir stellen fünf Wochen lang an den Sonn- und Feiertagen jeweils drei Leute und an den Werktagen zwei“, listet Ferdi Hennemann, Vorsitzender des Museumsvereins, auf. Die Helfer besetzen die Kasse und leisten die Aufsicht in den Sälen. „Wir freuen uns riesig, dass wir zum zweiten Mal in Holthausen eine so gewaltige Ausstellung zeigen können.“ Das Dorf hält zusammen; 14 Vereine gibt es bei 600 Einwohnern.

Unter der Woche müssen die Rentner ran. „Wir sind eine sehr gute Truppe“, bestätigt Antonius Hilmers. Hilmers kennt und schätzt den Künstler Matisse seit einer Schau vor Jahren in Dortmund. Während die Ausstellung läuft, haben die Aufsichtskräfte viel Gelegenheit, die Bilder gründlich zu studieren. Antonius Hilmers will die Zeit nutzen und scherzt erwartungsfroh: „Am Ende male ich die Werke nach.“

Die Ausstellung Henri Matisse. Kleid, Tracht, Kostüm“ wird am 31. Juli im Museum Schmallenberg-Holthausen eröffnet. Sie ist bis zum 5. September zu sehen. www.museum-holthausen.de