Königsdorf/Hagen. . Nach einem brutalen Raubüberfall in Oberbayern hat die Staatsanwaltschaft München Anklage erhoben. Unter den Opfern war auch ein Hagener.

Der Fall sorgte im Februar 2017 bundesweit für Entsetzen: Mit großer Brutalität waren die Täter bei ihrem Raubüberfall auf ein Haus im oberbayerischen Königsdorf-Höfen vorgegangen. Zwei Senioren starben, darunter ein 81 Jahre alter Rentner aus Hagen. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft München II Anklage gegen vier polnische Staatsangehörige u.a. wegen Mordes erhoben. Tatverdächtig ist auch eine Frau, die ein Jahr zuvor für die bei dem Überfall schwerst verletzte Hausbesitzerin (76) gearbeitet hatte. Der Fall löste Urängste insbesondere bei Senioren aus, die sich eine fremde Person ins Haus holen und dieser vertrauen müssen.

Die Tat

Auch interessant

Die 76-Jährige hat am Abend des 22. Februar 2017 Besuch von zwei Bekannten – dem 81-jährigen Hagener und einer 76-Jährigen aus dem Rhein-Main-Gebiet. In der Nacht auf den 23. Februar dringen drei Männer in das freistehende Einfamilienhaus in dem 90-Einwohner-Weiler Höfen (Gemeinde Königsdorf, Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) ein. Sie nehmen Bargeld in fünfstelliger Höhe, Schmuck und Wertgegenstände mit und lassen die Witwe sowie ihre beiden Gäste schwer misshandelt zurück. Erst drei Tage später wird die Oberbayerin gefunden. Ein Nachbar hatte sich Sorgen gemacht und die Polizei alarmiert. Die beiden Gäste sind bereits tot.

Die Anklage

Die Staatsanwaltschaft München II wirft den vier polnischen Tatverdächtigen, die allesamt in Deutschland in Untersuchungshaft sitzen, in ihrer 170 Seiten starken Anklageschrift Mord aus Habgier, erpresserischen Menschenraub und besonders schweren Raub vor. Angeklagt sind eine 49 Jahre alte Polin, die im Jahr zuvor als Pflegekraft für den inzwischen verstorbenen Ehemann der Hausbesitzerin tätig war und den kriminellen Plan entwickelt haben soll, ihr Bruder (43), ihr Neffe (24) sowie ein 33 Jahre alter Komplize. Gibt es einen Haupttäter? „Nein“, sagt Oberstaatsanwältin Andrea Mayer gegenüber der WESTFALENPOST, „alle vier haben aktiv mitgemacht, alle vier sind wegen Mordes angeklagt.“

Die Ermittlungen

Für die Aufklärung des Falls wurde die 59-köpfige Sonderkommission „Höfen“ eingerichtet. DNA-Spuren und die Auswertung von Telekommunikationsdaten führten die Ermittler auf die Spur des polnischen Quartetts, von dem zwei Beschuldigte in den Vernehmungen bislang „teilweise Angaben“ gemacht haben sollen. Der schnelle Fahndungserfolg – fünf Wochen nach der Tat wurde der vierte und letzte Tatverdächtige verhaftet – war Balsam für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Denn dieses, so hatte der Rosenheimer Polizeipräsident Robert Kopp im Februar 2017 eingeräumt, habe nach der „überaus schockierenden und brutalen Tat“ gelitten.

Die Opfer

Die Hausbesitzerin und einzige Überlebende des Verbrechens hat bis heute mit den körperlichen und see­lischen Folgen der Ereignisse zu kämpfen. „Sie leidet sehr unter der Tat“, sagt Oberstaatsanwältin ­Mayer. „Das gilt auch für die Angehörigen der beiden verstorbenen Opfer des Raubüberfalls.“ Daher gibt die Behörde bis heute nur die Information heraus, dass der 81-jährige Hagener und die 76-Jährige aus dem Rhein-Main-Gebiet „Bekannte“ der alleinstehenden Hausbesitzerin und zu Besuch waren.

Die Pflegekraft

Dass die Öffentlichkeit so großen Anteil an dem Mordfall in Oberbayern nahm, hat Oberstaatsanwältin Mayer zufolge mit dem Umstand zu tun, dass laut Anklage eine Pflegekraft in die kriminelle Machenschaften involviert war: „Es ist eine Situation, die viele ältere Menschen kennen. Man kann den Alltag in den eigenen vier Wänden nicht mehr alleine bewältigen und holt sich Hilfe ins Haus. Eine unbekannte Person, der man grundsätzlich vertrauen muss.“ Es beunruhige Senioren und deren Angehörige, wenn sie anhand eines solchen Falls erfahren müssen, dass ein solches Vertrauen auch missbraucht werden kann.

Die Ratschläge

Auch interessant

Prof. Michael Isfort vom Deutschen Institut für angewandte Pflege zufolge gehen Schätzungen davon aus, dass 150 000 bis 300 000 ausländische Haushalts- und Betreuungskräfte, vorwiegend aus osteuropäischen Ländern, in Deutschland tätig sind. Überwiegend sind es irreguläre Beschäftigungen. Seriöse Beratung über Pflege und Betreuungsmöglichkeiten bieten Kommunen, Krankenkassen und Wohlfahrtsverbände wie Diakonie und Caritas an. Die Caritasverbände Soest, Olpe und Paderborn haben in Kooperation mit dem Diözesan-Caritasverband Paderborn dafür das Konzept „CariFair“ entwickelt (im Internet: ­carifair.de).