Siegen. . Gestik, Mimik, Sprache: Silke van Doorn aus Siegen berät Kollegen und Laienprediger, damit der Gottesdienst besser gelingt.
Weihnachten sin d die Kirchen voll. Das ist die Chance. Die Gelegenheit, diejenigen zu gewinnen, denen die Kirche nicht nahe ist, glaubt Silke van Doorn. Um diese Chance zu nutzen, muss der Gottesdienst „schön“ sein, sagt Silke van Doorn. Sie weiß, wie das gelingt: Die 51-Jährige ist Gottesdienstcoach. Die Pfarrerin und Schulreferentin in den evangelischen Kirchenkreisen Siegen und Wittgenstein macht Kollegen fit für Kanzel und Altar.
Die Gesten
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Mehr Spannung täte manchem Gottesdienst gewiss gut. Dazu allerdings muss erst einmal Claudia Schürg viel gespannter sein. Die Lehrerin und angehende Prädikantin, also Laienpredigerin, übt mit Coach Silke van Doorn für den Schulgottesdienst, den sie künftig in Wenden anbieten will. Vor 500 Jugendlichen predigen, dürfte eine ähnliche Herausforderung sein wie ein Weihnachtsgottesdienst.
Also trainiert Claudia Schürg. An diesem Nachmittag steht der Schlusssegen auf dem Stundenplan. Sie hebt die Hände etwa auf Schulterhöhe. Silke van Doorn schiebt die Arme sacht noch ein Stück nach oben, bis die Handflächen auf Kopfhöhe sind. Sie berührt ihre Schülerin zwischen den Schultern: „Spürst du die Spannung hier?“, fragt sie. Der Zuschauer in der Kirchenbank zumindest bemerkt sie.
Gesten seien wichtig, erklärt Silke van Doorn. Weil das Wort aber in der Evangelischen Kirche einen hohen Stellenwert hat und die Schlichtheit große Bedeutung, fielen die Gesten manchem Protestanten schwer, weiß die Pfarrerin.
Die Sprechweise
Das Wort ist wichtig – wie es gesprochen wird, aber auch. Claudia Schürg nimmt die Bibel von dem kleinen Altar im Gemeindehaus Emmaus. Für die Probe-Lesung hat sie sich die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium ausgesucht. Eine Geschichte, die sie gut kennt. Sie liest betont – das ist gut. Denn gerade wenn die Routine groß sei, bestehe die Gefahr zu leiern. Und leiern – „das geht gar nicht“, sagt Silke van Doorn.
Ein Blick von außen auf die Routine
- Das Institut für Aus- und Fort- und Weiterbildung der Evangelischen Kirche von Westfalen in Schwerte hat die Gottesdienstcoaches wie Silke van Doorn geschult.
- Die Akademie bietet diese kollegiale Beratung Pfarrern und Prädikanten an, die sich einen Blick von außen auf ihre – teils langjährige – Gottesdienstpraxis wünschen.
- Derzeit gibt es etwa 45 Coaches in der Evangelischen Kirche von Westfalen.
Claudia Schürg liest schnell, zu schnell. Der Coach empfiehlt, sich den Text vorher anzugucken und zu überlegen, auf welche Passage man den Schwerpunkt legen möchte, wann man den Blick ins Publikum richtet und eine Pause macht, damit das Gesagte wirken kann. Claudia Schürg beginnt von vorn – und diesmal hinterlassen die Worte des Engels an die Hirten eine ganz anderen Eindruck: „Fürchtet euch nicht!“
Die Vorbereitung
Für Silke van Doorn ein Beispiel, wie wichtig die Vorbereitung ist. „Es genügt nicht, einen Text für die Predigt zu schreiben“, sagt sie. „Ich muss mir auch überlegen, wie ich ihn präsentiere.“ Silke van Doorn empfiehlt Stimmübungen kurz vor dem Gottesdienst, um sich warm zu reden. Bloß nichts überbetonen, also in einen „pastoralen Tonfall“ verfallen, warnt sie. „Das macht es langweilig.“
Das Wort
Das Wort muss nicht nur gehaltvoll, sondern auch lebendig sein. Dogmen hintereinander zu reihen – damit erreiche man gerade die Gelegenheitskirchgänger an Weihnachten nicht, glaubt Silke van Doorn. Wenn der Pfarrer predige, dass „Jesus Christus hilft“, stelle sich den seltenen Kirchgängern gleich die Frage: „Wie?“
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Zu viele Worte dürfte man auch nicht machen, nicht alles erklären, selbst wenn an Weihnachten kirchenferne Besucher kommen, die die Liturgie nicht kennen. „Die Fremdheit müssen wir überbrücken, aber wir dürfen auch nicht die Kraft der Liturgie zerreden.“
In dieser Liturgie muss sich der Pfarrer selbst ganz sicher sein, um so mehr, wenn es die Besucher nicht sind. Guckt man den Gläubigen an, wenn man beim Abendmahl das Brot reicht? Gibt es einen großen Kelch beim Abendmahl oder mehrere kleine? Das müsse man vorher klar haben.
Die Ausdauer
Mit der eigene Kraft haushalten – auch das sollten Kirchenleute vor Festtagen lernen. Drei Gottesdienste vom frühen Nachmittag bis in die Nacht hinein – und trotzdem muss die Stimme bis zum letzten kräftig bleiben und die eigene positive Spannung hoch, erklärt Silke van Doorn. „Mir darf die Luft nicht ausgehen.“ Damit nicht irgendwann die Gläubigen ausbleiben.