Lennestadt. Millionen haben ihn als Winnetou gefeiert – 157 Rollen hat er auf der Bühne verkörpert. Jetzt gibt Benjamin Armbruster sein Wissen weiter.
Nur wenige Schauspieler können in ihrer Karriere eine derartige stilistische Bandbreite zwischen Romeo und Winnetou dauerhaft realisieren. „In Elspe bin ich um 17 Uhr aus dem Sattel gestiegen und stand dann um 20 Uhr im Theater Bielefeld auf der Bühne“, beschreibt Benjamin Armbruster seinen Arbeitsalltag. Ein Vierteljahrhundert lang hat er im Sauerland den Häuptling der Apachen gespielt, in weit über 1000 Vorstellungen und mit mehr als fünf Millionen Zuschauern. 32 Spielzeiten lang war Armbruster parallel in Bielefeld engagiert und hat dort über 157 Rollen verkörpert. Ein Leben für das Theater – und ein Ende ist nicht in Sicht.
Winnetou-Darsteller seit 1958
Denn als Winnetou ist der 71-Jährige zwar in Elspe in den Ruhestand gegangen, aber dem Festival bleibt er als Co-Regisseur weiterhin verbunden. „Meine Aufgabe ist es, mein Theaterwissen weiterzugeben, vor allem hinsichtlich der Sprache. Wenn Du hier unter diesem Riesenzelt schluderst, versteht man Dich nicht“, unterstreicht Armbruster und ergänzt: „Festivalchef Jochen Bludau richtet die Stücke für Elspe ein; dieser Bludau’sche Text hat eine ganz bestimmte Melodie, und die muss auf den Punkt da sein.“
In Rumänien geboren
1946 wurde Benjamin Armbruster in Mühlbach/Siebenbürgen geboren und hat in Rumänien eine erfolgreiche Filmkarriere gestartet, bis er 1979 seiner Mutter, der verehrten Schauspielerin Ursula Armbruster, nach Deutschland folgte. „Mir kommen ihre Worte oft in den Sinn, sie schaute mir tief in die Augen und sagte: ,Mein Junge, merke Dir eines: Unser Beruf ist vergänglich. Wenn Du Herz, Können und viel Seele hineinsteckst, dann bleibt es in den Köpfen der Menschen.’ Und ich muss sagen: Sie hatte recht.“
Manche Eltern schicken ihm als Dankeschön Fotoalben, denn ihre Kinder sind mit Armbrusters Winnetou aufgewachsen. Fast alle kommen mit ihren eigenen Nachwuchs ebenfalls nach Elspe. Das Geheimnis dieses Erfolges liegt für Armbruster in der Professionalität des Theaterbetriebs auf der Naturbühne begründet. „Wenn in Elspe etwas passiert, wird es im Nullkommanichts gelöst, das ist ultraprofessionell. Es ist ja nicht wie im Film, wo man die Szene nochmal drehen kann. Wenn bei einem Kampf einer den Speer vergisst und der nicht geflogen kommt, musst Du den Kampf eben improvisieren und verständigst Dich nur mit den Augen. Die Logistik hinter der Bühne ist genial, das ist ein Puzzlespiel, und das funktioniert wie eine Eins. Darum bin ich so stolz, dass ich dabei sein darf.“
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Winnetou muss reiten können. Das hat Benjamin Armbruster in Rumänien gelernt, ebenso wie Schwimmen und Radrennfahren. Körpersprache ist auf der Bühne genauso wichtig wie die hohe gesprochene Sprache Er ist Fechtmeister, hat an der Theaterhochschule Hannover Bühnenkampf unterrichtet, und er hat in ganz NRW und darüber hinaus in „Romeo-und Julia“-Inszenierungen die Kämpfe choreographiert. Auch mit 71 Jahren ist Armbruster topfit. „Ich habe mein tägliches Pensum an Bewegung. Man hat ja auch im Laufe der Zeit viele Unfälle gehabt.“ Ohne schnelle Reflexe und trainierte Muskeln ist dieser Job nicht zu bewältigen.
Die Professionalität dieses Lebenswerkes spiegelt sich aber vor allem in Armbrusters Flexibilität. In Münster hatte sich zum Beispiel bei der Opernaufführung von Romeo und Julia der Bariton mit dem Termin verkalkuliert, also rief man den Kampfchoreographen an, ob er einspringen könne, er hatte mit dem Sänger ja die Schrittfolgen eingeübt. Der Häuptling der Apachen kam zweieinhalb Stunden vor der Aufführung ins Musiktheater und spielte den Romeo, während ein Gastbariton von der Seitenbühne aus sang. „Am nächsten Tag war Winnetou I, und als ich in die Maske komme, guckt mich Herr Bludau groß an und meint, ,Sag mal: Was Du da gestern in Münster geleistet hast’! Diese Bandbreite wollte ich immer.“ Auch in Elspe schwingt er sich bis heute aufs Pferd, wenn Not am Mann ist.
Motorsport als Hobby
Privat liebt Armbruster Autos und den Rallye-Sport. Zuhause hat er sich eine kleine Werkstatt eingerichtet. „Ich habe noch einen schönen 850er, den habe ich mir selber aufgebaut. Ich schraube gerne. Meine Söhne sind auch mit dem Sport infiziert. Der Älteste reitet gerne, der Jüngste spielt Fußball.“ Nur die Tochter hat das Theaterblut geerbt, sie studiert Musical.
Doch allzuviel Zeit für Hobbys hat Benjamin Armbruster nicht. Weil das Telefon weiterhin klingelt. In Elspe wollen sie ihn nicht gehen lassen, auch in Bielefeld wird er nach wie vor gebraucht. So ist er dort ab Herbst wieder zu sehen. In einer neuen Romeo-und-Julia-Produktion. Im Tanztheater.
Winnetou-Darsteller seit 1958