Warstein. . Die Warsteiner-Gruppe ist in der Region ein attraktiver Arbeitgeber für junge Leute. Damit das so bleibt, muss sich auch ein international tätiges Unternehmen etwas einfallen lassen.
Der Konzern, der eine kleine Stadt am Rand des Sauerlands weltberühmt gemacht hat, kann sich zurücklehnen. „Wir können uns die Fachkräfte in der Region von den Bäumen pflücken“, sagt Stefan Bastert, Personalleiter der Warsteiner-Gruppe „Noch.“ Die Zahl der Bewerbungen sei bereits leicht zurückgegangen.
Denn wer weiß, wie die Lage am Arbeitsmarkt schon 2020 aussieht? Im Jahr 2016 sieht es noch so aus, dass eine ganze Region mit einer Marke aufwächst, dass Generationen von klein auf mit der Brauerei in Kontakt kommen und ihr verbunden bleiben.
Der Erstkontakt
So wie Jennifer Henke. „Es gibt einfach nichts Cooleres“, findet die 26-Jährige aus Anröchte, die bei der Warsteiner-Gruppe eine Ausbildung plus dualem Studium absolviert hat und jetzt im Marketing arbeitet. Oder wie Fabian Gees. „Ich bin mit der Marke groß geworden“, sagt der 28-Jährige, ebenfalls aus Anröchte, „Warsteiner ist einfach das bekannteste Unternehmen hier.“ Da fiel die Wahl bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz nicht schwer.
Inga Schmidt, 28, und – wie könnte es anders sein: aus Anröchte –, hat als kleines Kind die Aluminium-Ummantelung der Flaschenhälse abgeknibbelt. Nie daran gedacht, mal wegzukommen aus Warstein? Jennifer Henke: „Es gab nie einen Grund wegzugehen.“ „Wenn wir jemanden ausbilden, wollen wir ihn auch behalten“, sagt Fabian Gees.
Personalleiter Bastert denkt perspektivisch. „Die Leute wachsen in bedeutende Funktionen hinein“, sagt der Mann, der selbst Brauer gelernt hat. Ein Fünftel der Führungskräfte seien ehemalige Auszubildende, die durchaus die Chance gehabt hätten, wegzugehen. Sie taten es nicht. Das macht ihn stolz.
Stolz macht ihn auch der gute Ruf der Ausbildung. Warsteiner-Azubis hätten regelmäßig Top-Noten, sagt Bastert, das spreche sich herum. Auf aktive Nachwuchswerbung sei das Unternehmen bislang nicht angewiesen. „Die Qualität der Ausbildung spricht für sich.“
Das Wir-Gefühl
Die Brauerei möchte ein Wir-Gefühl in der Belegschaft. „Neue Kollegen werden direkt integriert“, sagt Fabian Gees, man geht kegeln, zum Nordic-Walking, zum Betriebssport. Immerhin verbringt man den Großteil des Tages mit diesen Menschen. „Die Kollegen aus der Großstadt lernen die ,ländlichen’ Aktivitäten kennen und schätzen“, so Unternehmenssprecherin Christiane Willeke.
„Azubis bekommen abteilungsübergreifende, eigenständige Projekte“, so Stefan Bastert, vom Konzept bis zur Durchführung. Das schule Team-Denken und Verantwortungsbewusstsein. Die Eigentümer-Familie Cramer, so abgedroschen das klinge, habe immer ein offenes Ohr für die Belegschaft und ihre Belange – und lasse die Mitarbeiter am Erfolg teilhaben. „Die Maxime“, so Bastert: „Unser Pfund sind unsere Mitarbeiter.“ Neben Freizeitaktivitäten gebe es beispielsweise eine Ferienbetreuung für Kinder von Mitarbeitern.
Die duale Ausbildung
Wer zusätzlich studiert, bekommt Freizeitausgleich, „um das auch vernünftig durchziehen zu können“, sagt Inga Schmidt. Warsteiner kooperiert dazu mit der Technischen Hochschule Wuppertal, die dafür wiederum eine Kooperation mit der FH Südwestfalen in Meschede unterhält. Damit es die Studenten nicht so weit haben. Die Option auf ein duales Studium habe übrigens jeder Angestellte, sagt Jennifer Henke. „Ausbildung und Studium sind abgeschlossen, man hat bereits Berufserfahrung gesammelt – mehr auf einen Schlag geht nicht“, sagt Inga Schmidt.
Junge Arbeitnehmer werden gefordert. „Ein Geben und Nehmen von Erfahrung“, nennt das Fabian Gees; „Wie würdest Du das machen?“ sei eine häufige Frage an Frischlinge mit jungem, unverstellten Blick. „Gegen Betriebsblindheit“, wirft Inga Schmidt ein.
Dagegen hilft auch die Außenperspektive. „Wir gucken bei der Stellenbesetzung“ sagt Stefan Bastert, „im eigenen Bestand und auch was wir für Impulse von außen brauchen.“
Die Unterstützung der Region
Unterstützung von Schützen-, Sport- und Kulturvereinen, Feuerwehren, Feste, Veranstaltungen – Stichwort Montgolfiade. Das Sauerland ist die Heimat des Unternehmens, darüber definiere es sich. „Letztlich geht es darum, Bier zu verkaufen“, sagt Christiane Willeke, aber verbunden mit dem guten Zweck. Das Unternehmen pflege seit jeher eine direkte und innige Verbindung zur Stadt Warstein.
Die Zukunft
Bleibt abzuwarten, wie sich die Lage entwickelt. „Wir müssen als einer der attraktivsten Arbeitgeber die gesamte Region soziodemografisch im Auge haben“, sagt Bastert. „Wer kommt auf den Ausbildungsmarkt, wo bekomme ich Azubis her und was haben sie für einen Hintergrund? Mit wem konkurriere ich um junge Leute?“
Die Warsteiner-Gruppe in Zahlen
524 Millionen Euro setzte die Warsteiner-Gruppe im Jahr 2014 um.
4,3 Millionen Hektoliter Ausstoß wird im Jahr produziert (2014). Mit davon 600 000 Hektolitern im Export liegt die Gruppe unter den deutschen Privatbrauereien vorn.
2300 Mitarbeiter hat die Gruppe weltweit, exportiert wird in über 60 Länder.
5 Tochterunternehmen gehören zur Gruppe: Neben Warsteiner außerdem Herforder, Paderborner, König Ludwig und Frankenheim.
Junge Arbeitnehmer über ihre Arbeit
Jennifer Henke, 26, Marketing: "Das „Warsteiner Weihnacht“ habe ich von Anfang bis Ende mit entwickelt und begleitet. Das ist ein Saisonbier für den Winter. Los geht so ein Projekt mit der Konzeption – wie schmeckt es, wie sieht es aus? Das ist natürlich eine abteilungsübergreifende Kooperation mit der Brauakademie, der Versuchsbrauerei. Wir besprechen, was das Produkt mitbringen soll, welche Farbe es hat, wieviel Alkohol, welche Hopfensorten. Es ist rötlich-bernsteinfarben geworden, etwas kräftiger, malziger als das normale Pils – passend zur Winterzeit eben. Dann schnüren wir ein Kommunikationspaket, überlegen, wie wir das Produkt in den Markt bringen. Wir haben Plakate und Aufsteller entworfen, die Gastronomie eingebunden und sogar ein eigenes Glas entwickelt – eine Tulpenform mit Winterlandschaft darauf. Dazu gab es einen Adventskalender, ein Bierkasten mit einer Flasche für jeden Tag. Das besondere daran: Der war auch nach der Weihnachtszeit noch nutzbar, einfach als cooles Regal. Mein Lieblingsbier ist aber das normale Warsteiner, das passt immer."
Fabian Gees, 28, Vertriebs-Innendienst: "Meine Abteilung hat eine eigene Verkaufs-App entwickelt, die alle Prozesse, zum Beispiel elektronische Verkaufsdokumente, in Echtzeit bündelt. So gab es das eigentlich nirgends, wir waren da Vorreiter. Für die Mitarbeiter im Außendienst ist die App eine Erleichterung, weil sie Aktionen gezielt steuern können. Im Grunde ist das ein Kundenbeziehungs-Management-System. Davor musste der Mitarbeiter erst nach Hause fahren und die Daten synchronisieren. Jetzt geht es sofort. Wir geben heute den Auftrag ein und in 48 Stunden ist alles da. Ein Gastronom bestellt Donnerstagmittag Gläser? Mit Hilfe der App sind sie Freitagmittag da."
Inga Schmidt, 28, Marketing: "Mein Lieblingsprojekt war die Warsteiner Kronkorken-Aktion, eine sogenannte verkaufsfördernde Maßnahme. Unter jedem Kronkorken waren Codes; das Besondere: Man konnte sofort sehen, ob man gewonnen hat. Die Preise waren sehr hochwertig, ein Traumhaus zum Beispiel und mehrere Luxusautos. Dafür musste ich Akquisegespräche führen, mit dem Autohersteller verhandeln. Außerdem habe ich mich um das Brand-Management gekümmert: Design der Etiketten, Anzeigen, Handzettel, der Homepage, die die Aktion bewerben. Das kam sehr gut an, zusätzlich gab es eine Sammel-Promotion, bei der Kunden vier personalisierte Gläser bekommen konnten."