Berlin. Vor Millionen Jahren beherrschten Terrorvögel die Wildnis Südamerikas. Forscher glauben, das bisher größte Exemplar entdeckt zu haben.
Es ist nur ein einziges Knochenfragment – ein Schienbein. Doch für das argentinische Forscherteam um den Evolutionsbiologen Federico Degrange ist dieser Fund eine Sensation. Das Fragment eines „Terrorvogels“, offiziell Phorusrhacid genannt, wurde vor rund 20 Jahren vom Kurator des Museo La Tormenta, Cesar Augusto Perdomo, entdeckt und sorgte schon damals für Aufsehen. Doch die neuen Analysen der argentinischen Forscher lassen eine neue, spannende These zu: Dieses Schienbein könnte zum größten bisher bekannten Exemplar dieser riesigen Raubvögel gehören.
„Terrorvogel“ in Kolumbien: Ein Schienbein als Sensationsfund
Anhand von 3D-Scans des über drei Meter langen Schienbeins stellte das Forscherteam fest, dass der vor 20 Jahren gefundene Greifvogel bis zu 30 Prozent größer war als bisher bekannte Phorusrhaciden, die zwischen einem und drei Meter groß wurden. Das Forscherteam vermutet daher, dass es sich um eine neue Art handeln könnte, kann aber aufgrund der geringen Überreste nicht ausschließen, dass es sich um einen bereits entdeckten Raubvogel wie den Titanis handelt.
Bei der Analyse stießen die Forscher auf ein weiteres faszinierendes Detail: Deutliche Bissspuren auf dem Knochenfragment zeugen von einem dramatischen Zweikampf. Die Abdrücke passen zum Gebiss von Purussaurus, einem gigantischen Krokodilverwandten, der damals bis zu neun Meter lang wurde und die Gewässer Südamerikas beherrschte. „Angesichts der Größe dieser Krokodile vor zwölf Millionen Jahren gehen wir davon aus, dass der Terrorvogel seinen Verletzungen erlag“, erklärt Siobhán Cooke, Paläontologin an der Johns Hopkins University, die ebenfalls an der Analyse beteiligt war.
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Raubvogel mit rätselhafter Herkunft
Die Phorusrhaciden haben sich wahrscheinlich in Südamerika entwickelt und erst später nach Nordamerika ausgebreitet. „Die Tatsache, dass die meisten Phorusrhaciden-Funde aus dem Süden Südamerikas stammen und in Nordamerika erst in jüngeren Schichten auftauchen, spricht eindeutig für einen Ursprung auf dem südamerikanischen Kontinent“, erklärt Federico Degrange, Hauptautor der Studie.
Der Fundort des neuen Fossils, die Tatacoa-Wüste, verrät zudem Spannendes über das damalige Ökosystem. Vor zwölf Millionen Jahren war die heutige Wüstenregion ein tropisches Paradies. Doch das feuchte Klima erschwerte die Bildung von Fossilien, weshalb Funde selten sind. „Frühere Funde deuteten auf dichte Regenwälder hin, aber dieser Fund legt nahe, dass es sich eher um ein Mosaik aus offenen Flächen, Buschland und Wald handelte“, sagt Degrange. Ein Lebensraum, der an Südargentinien im mittleren Miozän erinnert. Die seltenen Phorusrhacid-Fossilien aus dieser Region könnten nach Ansicht der Forscher auch darauf hindeuten, dass diese Vögel als Spitzenprädatoren in viel geringerer Dichte lebten als ihre Beutetiere.
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Terrorvögel: Perfekte Bodenjäger
Frühe Fossilfunde zeigten auch, dass die Phorusrhaciden massive Schnäbel besaßen, die ihnen ein schwerfälliges, fast plumpes Aussehen verliehen. Doch das täuscht: Anatomische Merkmale wie der speziell angepasste Schädel deuten darauf hin, dass die Terrorvögel äußerst effiziente Jäger waren. „Terrorvögel lebten auf dem Boden, hatten an das Laufen angepasste Gliedmaßen und ernährten sich hauptsächlich von anderen Tieren“, erklärt die Paläontologin Siobhán Cooke.
Ihre heutigen Verwandten, die südamerikanischen Seriema-Vögel, wirken im Vergleich dazu fast wie das Gegenteil: schlank, leicht und mit langen Beinen ausgestattet, die eher für die schnelle Flucht als zum Töten geeignet sind.
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Rätselhafter Fund: Neue Art des „Terrorvogels“?
Ob das Fossil tatsächlich zu einer bisher unbekannten Art gehört, bleibt vorerst unklar. Die Wissenschaftler müssen weitere Funde abwarten, um den außergewöhnlichen Fund endgültig einordnen zu können. Unklar ist auch, ob der „Terrorvogel“ tatsächlich einem Kampf zum Opfer fiel oder ob das riesige Krokodil nur zufällig auf seine Überreste stieß. Die wenigen erhaltenen Knochenfragmente erschweren eine eindeutige Zuordnung zu einer bereits bekannten Art. Sollte sich jedoch bestätigen, dass es sich um eine neue Art handelt, könnte der fleischfressende Terrorvogel das größte bisher bekannte Exemplar seiner Gattung sein.
Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Papers in Palaeontology“ veröffentlicht.