Berlin. Geld und Liebe vertragen sich nicht. Stimmt das Sprichwort oder lassen sich gemeinsame Finanzen in Beziehungen auch gerecht regeln?
Geld wird in Beziehungen viel früher zum Thema, als den meisten Paaren bewusst ist. Schon beim ersten Date stellt sich die Frage: Wer zahlt? Noch komplizierter wird es, wenn Paare zusammenziehen, Miete zahlen, gemeinsame Anschaffungen finanzieren und vielleicht sogar für ein eigenes Haus oder die Altersvorsorge sparen. Ein Paartherapeut erklärt, welche Fehler Liebespaare dabei besonders häufig machen und wie sie vermieden werden können.
Fehler 1: In der Beziehung nicht über Geld sprechen
Schon das Sprichwort „Beim Geld hört die Freundschaft auf“ zeigt, dass es unter Bekannten als unhöflich oder unpassend gilt, über Geld zu sprechen. Diese Annahme setzt sich auch in Beziehungen fort: Unter Paaren scheint es ein Tabu zu sein, über Finanzen zu sprechen. Eine repräsentative YouGov-Umfrage im Auftrag des Bezahldienstes PayPal zeigt, dass 73 Prozent der Befragten nicht über Geld streiten wollen. Jeder Fünfte (21 Prozent) hat Angst, die Beziehung zu belasten, wenn er über Geld spricht. Mehr als jeder Vierte (27 Prozent) fühlt sich unsicher, wenn Geld vom Partner eingefordert wird.
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Der Paartherapeut und ehemalige Dozent für Wirtschaftspsychologie Gisbert Straden aus Berlin beobachtet: „Paare scheuen das Thema Geld wie der Teufel das Weihwasser“. Besonders die Angst, weniger wert zu sein oder verlassen zu werden, weil man nicht mithalten kann, spiele eine große Rolle. Dabei sei es für eine Beziehung besonders wichtig, über Finanzen zu sprechen. „Je früher, desto besser“, so Straden.
Paare sollten am besten bereits in der Dating-Phase Erwartungen und Vorlieben bezüglich der Handhabung von Ausgaben zu besprechen. Wer zahlt die Rechnung im Restaurant? Welches Budjet steht jedem zur Verfügung? „Offene Gespräche schaffen Klarheit.“, sagt der Paartherapeut und fügt hinzu: „Unausgesprochene Erwartungen wie ‚Es wird schon gut gehen, auch wenn wir uns trennen‘ führen dagegen dazu, dass das Paar „hart auf dem Boden der Realität aufschlägt.“ Und: Wenn die Liebe an einem solchen Thema scheitert, so die Hypothese des Paartherapeuten, dann hätte die Liebe auch nicht gehalten. „Die Qualität des Umgangs mit finanziellen Themen ist immer auch ein Indikator für die Qualität der Beziehung – dafür, wie gut man auch schwierige Themen miteinander besprechen kann.“
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Fehler 2: Den anderen mit hohen Ausgaben überfordern
Noch komplizierter wird das Thema Finanzen, wenn ein finanzielles Ungleichgewicht hinzukommt, zum Beispiel durch Lohnunterschiede. Laut Statistischem Bundesamt haben Frauen in Deutschland im Jahr 2023 durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Diese Lohnunterschiede können überholte Rollenbilder verfestigen, in denen Geld als Männersache gilt.
Es gibt aber auch gegenläufige Entwicklungen. „Wir beobachten in unserer Praxis, dass heute nicht mehr nur Männer finanziell besser gestellt sind, sondern oft auch Frauen, zum Beispiel durch eine bessere Ausbildung, einen besseren Job oder eine Erbschaft”, erklärt Straden. Der Paartherapeut ergänzt: „Leider haben viele Männer nicht gelernt, mit dieser subjektiv empfundenen Demütigung umzugehen.“
Denn wie und was jemand verdient, beeinflusst nicht nur die finanzielle, sondern oft auch die soziale Position in der Beziehung, so der Paartherapeut. Straden betont zwar, dass kein Paar mit der Absicht beginnt, Geld als Druck- oder Machtmittel einzusetzen. Zu große Einkommensunterschiede würden aber oft dazu führen, dass der Besserverdienende unbewusst eine autoritärere Rolle einnehme und der Geringverdiener sich nicht gleichwertig fühle. Zum Beispiel, wenn sich aus der Kostenübernahme Verpflichtungen ergeben, die den Einkommensschwächeren zu mehr Hausarbeit verpflichten.
Die Lösung? „Reden. Klarheit schaffen über Werte, Visionen, Träume. Ansprechen, wie es dem Partner mit diesem Ungleichgewicht geht, was er oder sie fühlt und diese Gefühle ernst nehmen – und auf keinen Fall kleinreden“, rät Straden. Viele Paare fühlten sich dann besser aufeinander abgestimmt und verbunden.
Für Paare mit großen Einkommensunterschieden könnte auch ein Drei-Konten-Modell die Lösung sein. „Wenn es gut läuft, braucht man es nicht. Aber wenn es schlecht läuft, ist alles geregelt. Weil man immer weiß, woran man ist – unromantisch, aber hilfreich“, sagt Straden. Bei diesem Modell haben Paare neben einem privaten Konto auch ein Gemeinschaftskonto, von dem alle gemeinsamen Ausgaben wie Miete, Einkäufe, Versicherungen und Urlaub bezahlt werden. Wichtig dabei: „Der Maximalbetrag des finanziell Schwächeren ist auch die Höchstgrenze für den anderen. Damit ist klar: Mehr haben wir nicht“, betont Straden. Dieser Einigungsprozess sei zwar nicht immer einfach, führe aber dazu, dass am Ende auch der finanziell Schwächere auf Augenhöhe ist.
Fehler 3: Nicht kommunizieren, wie wichtig einem Geld ist
Auch ein unterschiedliches Ausgabeverhalten kann zu Konflikten führen. Wer wenig verdient, hat vermutlich Mühe damit, wenn der Partner freizügig mit seinem Geld umgeht. Für den Besserverdienenden kann es dagegen ein Problem sein, den vermeintlich verdienten Status nicht ausleben zu können.
Hier gilt: Schweigen ist Silber, reden ist Gold. Bei ungleichen finanziellen Bedürfnissen müssen Paare früher oder später das Gespräch suchen. Denn eine funktionierende Finanzplanung setzt laut Straden voraus, dass sich beide Partner über den Stellenwert von materiellem Reichtum einig sind.
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Hilfreiche Fragen können sein:
- Was sind die Beweggründe für meine finanziellen Entscheidungen?
- Welches Thema rund ums Geld macht mir Angst?
- Was müsste ich tun, um mit meiner finanziellen Situation zufrieden zu sein?
- Was bedeutet Geld für mich?
Ziel des ehrlichen Austausches ist es, sich der eigenen Einstellung zum Geld bewusst zu werden und sich auf einen Modus zu einigen, mit dem beide Partner einverstanden sind. Auch hier zeigt das Drei-Konten-Modell seine Vorteile: „Bei dieser Variante kann ein Partner den anderen auch mal mit einem Geschenk überraschen, ohne zu befürchten, dass der andere im falschen Moment den Kontoauszug checkt.“, so Straden.
Fehler 4: Immer stur an eigenen Ansichten zum Thema Geld festhalten
Hat man die eigene Einstellung zu Geld, zu Haben und Nichthaben, zu Schenken und Beschenktwerden reflektiert, ist ein Teil der Arbeit getan. Aber nur ein Teil: Auch die Werte, die man aus dem Elternhaus mitbringt, beeinflussen die eigene Haltung zum Geld, sagt Paartherapeut Straden. Jeder Mensch sei geprägt von den Überzeugungen und Botschaften, die er als Kind gehört habe. „Wir sehen leider oft, dass Menschen aus weniger begüterten Familien damit Schwierigkeiten haben. Denn Menschen streben in ihrer Entwicklung meist nach oben, selten horizontal und nie nach unten. Die eigenen sozialen Wurzeln, die Teil unserer Identität sind, werden dabei oft verlassen oder sogar verleugnet“, erklärt Straden.
Dennoch weist der Paartherapeut darauf hin, dass die Möglichkeit einer Einigung oft größer ist, als das Paar anfangs glaubt. Schließlich sei es die eigene Identität mit allem, was sie ausmacht, die den Partner angezogen habe.
Folgende Fragen können Paaren mit unterschiedlichen finanziellen, kulturellen oder ethnischen Hintergründen helfen, ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln:
- Welchen Einfluss haben Kultur, ethnische Herkunft, Zugehörigkeit, Status und Macht auf meine Persönlichkeit?
- Welche Erwartungen bringe ich aufgrund meiner Herkunft – der Geschichte hinter der Geschichte – an meinen Partner oder meine Partnerin in unsere Beziehung ein?
- Welche Unterschiede in finanzieller Hinsicht gibt es zwischen uns, die sich besser verstehen lassen, wenn wir sie vor dem Hintergrund unserer Herkunft, unseres Status und der Stellung unserer Herkunftsfamilie betrachten? Warum ist Geld so wichtig und wofür steht es?
Wer sich seiner Glaubenssätze im Umgang mit Geld im Klaren ist, könne darüber nachdenken, ob er oder sie sich weiterhin davon prägen lassen will – oder ob es an der Zeit ist, aufzuräumen und eine eigene Haltung zu entwickeln.
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