Washington. Der US-Präsident startet seinen Rachefeldzug gegen „Feinde im Innern“: „ Ich habe vier höllische Jahre mit diesem Abschaum verbracht.“

John Bolton, seinen ehemaligen Nationalen Sicherheitsberater und schärfsten republikanischen Kritiker, hatte er schon am Dienstag öffentlich nackt in den Regen gestellt. Jetzt bekommt auch Donald Trumps früherer Außenminister Mike Pompeo den kalten Hass seines ehemaligen Bosses zu spüren. Beiden früheren Regierungsspitzen aus der ersten Amtszeit Trumps wurde auf Anweisung des 47. US-Präsidenten der Personenschutz durch den Secret Service entzogen – obwohl US-Geheimdienste herausgefunden haben, dass sie weiter im Visier des Iran stehen, der sie möglicherweise ermorden lassen will. Bolton wie Pompeo hatten nach anfänglicher Loyalität über Jahre ihr Missfallen über die Amtsführung Trumps zum Ausdruck gebracht.

Die beiden Personalien stehen symbolisch für einen breit angelegten Rachefeldzug gegen „Feinde im Innern“, mit dem sich Trump revanchieren will, für das, was ihm widerfahren ist. Trump meint die beiden Amtsenthebungsverfahren und diverse Strafprozesse, die gegen ihn wegen verschiedener Verfehlungen (die er allesamt dementiert) auf der Basis von rechtsstaatlichen Verfahren und Geschworenenurteilen angestrengt wurden. Trump spricht dagegen von „Hexenjagd“.

Trumps „Säuberungswelle“ im Justizministerium hat begonnen

Er will, dass seine künftige Justizministerin Pam Bondi und der Kandidat für die Bundespolizei FBI, Kash Patel, sich gezielt diverse Beamte des Justizministeriums sowie der Geheimdienste vorknöpfen, die an Ermittlungen gegen ihn beteiligt waren. Trump wirft den Personen eine „beispiellose drittweltartige Instrumentalisierung der Strafverfolgung“ vor.

Auch interessant

Wie US-Medien berichten, hat die „Säuberungswelle“ in Teilen des „Departments of Justice“ bereits begonnen. 15 ranghohe Juristen, die an Verfahren gegen Trump beteiligt waren, wurden entlassen oder versetzt; darunter jemand, der eine Schlüsselrolle bei der Razzia in Trumps Privatdomizil Mar-a-Lago durch das FBI im August 2022 spielte. Damals suchten Staatsanwälte mit richterlicher Genehmigung nach Beweisen dafür, dass Trump geheime Staatsdokumente widerrechtlich bei sich gebunkert hatte. Trump hat außerdem damit begonnen, Beamten den Beschäftigungsschutz zu entziehen. Rund 160 Vertreter des Nationalen Sicherheitsrates wurden mithilfe von Loyalitätschecks aus dem Verkehr gezogen.

An seinem ersten Arbeitstag widerrief Trump die Sicherheitsfreigaben (Zugang zu sensiblen Informationen und Staatsgeheimnissen) von rund 50 ehemaligen Geheimdienstmitarbeitern. Sie hatten 2020 einen Brief unterzeichnet, in dem es hieß, der Laptop-Skandal um Joe Bidens Sohn Hunter trage „klassische Merkmale“ einer russischen Desinformationskampagne; was sich später als falsch erwies. Unter den Zielpersonen sind ehemalige CIA-Direktoren wie Leon Panetta und Michael Hayden und der frühere Geheimdienstchef James Clapper.

191981_1325_191981_cover.jpg

#2 Sahra Wagenknecht über den Bruch mit der Linken

Meine schwerste Entscheidung

Trump entlässt etliche Berater

Auf dem Radar von Trump ist auch die frühere republikanische Kongressabgeordnete Liz Cheney, die im Wahlkampf die Demokratin Kamala Harris unterstützte und im Untersuchungsausschuss zum Sturm aufs Kapitol gegen Trump fortgesetzt Front gemacht hatte. Für Trump gehören sie und ihre Kollegen in besagtem Gremium „alle ins Gefängnis“.

Justiz in Arizona untersucht Trump-Aussage über Liz Cheney
Die frühere republikanische Kongressabgeordnete Liz Cheney unterstützte wie hier im Wahlkampf die Demokratin Kamala Harris. © DPA Images | Mark Schiefelbein

Wie ernst es Trump damit meint, wurde in seinem Premiereninterview mit einem Stichwortgeber von Fox News deutlich. Dort sagte der Präsident: „Ich habe vier höllische Jahre mit diesem Abschaum verbracht, mit dem wir uns auseinandersetzen mussten.” Auf die Frage, ob die neue Justizministerin gegen seine Feinde ermitteln sollte, druckste Trump herum: „Es ist wirklich schwer zu sagen, dass sie das nicht auch durchmachen müssen.“

Die Tatsache, dass Joe Biden vor seinem Abgang Cheney, den ehemaligen Corona-Chefberater der US-Regierung, Anthony Fauci, und den früheren Generalstabschef Mark Milley präventiv begnadigt hat, wird im Umfeld Trumps „nicht als Hindernis” betrachtet, „um diese Leute zur Verantwortung ziehen“.

Auch interessant

Darüber hinaus entließ Trump etliche Biden-Berater in verschiedenen Präsidentenräten, die sich zum Beispiel im Wahlkampf gegen ihn ausgesprochen hatten.

Trumps Rache: In Washington spricht man inoffiziell von „Stasi- und Mafia-Methoden”

Trump hat zudem sämtliche Diversitätsbeauftragten von US-Bundesbehörden in bezahlten Urlaub geschickt, bevor deren Stellen demnächst komplett gestrichen werden. Sogenannte DEI-Maßnahmen („Diversity, Equity and Inclusion“), die Menschen gleiche Chancen am Arbeitsplatz garantieren sollen, ungeachtet ihres Geschlechts und ihrer Herkunft, sollen aus dem öffentlichen Dienst verschwinden.

Wer sich heimlich weiter als Staatsbediensteter um Inklusion bemüht, wird gefeuert, hat Trump angeordnet. Das gilt auch für Mitarbeiter, die sich weigern, Kollegen zu denunzieren, die weiter DEI-Aktivitäten unterstützen. Personalvertreter von Regierungsbeamten in Washington sprechen inoffiziell von „Stasi- und Mafia-Methoden“, die das Arbeitsklima belasten und Misstrauen in die Belegschaft bringen werden.

Trumps Vergeltungsgelüste färben bereits ab. Im Zuge der von ihm angeordneten Massenbegnadigung von rund 1500 Straftätern, die am 6. Januar 2021 beim gewalttätigen „Sturm aufs Kapitol” dabei waren, kam auch der Chef der rechtsradikalen, neofaschistischen Schlägertruppe „Proud Boys“ auf freien Fuß. Enrique Tarrio war wegen „anführerischer Verschwörung“ zu mehr als 20 Jahren Haft verurteilt worden. Nach seiner Freilassung forderte er, dass der ehemalige Justizminister Merrick Garland und diverse Staatsanwälte, die gegen ihn ermittelt hatten, wegen konstruierter Vorwürfe und Freiheitsberaubung angeklagt werden müssten.