Washington. Zum neuen FBI-Chef ernennt Donald Trump einen Mann, den seine Rachegelüste treiben. Er soll sich Gegner und Journalisten vorknöpfen.

FBI-Chefs regieren mehr als doppelt so lang wie US-Präsidenten. Zehn Jahre läuft ihr Vertrag. So werden an der Spitze der wichtigsten inländischen Strafverfolgungsbehörde Kontinuität und politische Unabhängigkeit gewährleistet. 

Donald Trump hat schon in seiner ersten Präsidentschaft durch den Rauswurf von James Comey bewiesen, dass ihm Tradition egal ist. Vor Antritt seiner zweiten Amtszeit Ende Januar wiederholt sich das Schauspiel. Christopher Wray, 2017 von ihm selbst ernannt, muss bald gehen – oder er wird gegangen. 

An seine Stelle will Trump, wie er am Samstag über sein digitales Sprachrohr Truth Social verkündete, mit Kash Patel einen ganz besonderen Loyalisten setzen. Ob der 44-jährige Jurist indischer Abstammung die erforderliche Zustimmung des Senats bekommt, ist offen. 

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Bewährungsprobe für die Pressefreiheit

Beim Namen Patel, der sich voll und ganz Trumps Rachegelüsten gegen Gegner verschrieben hat, schrillen bis ins moderate Lager der Konservativen hinein die Alarmglocken. Zwei Indizien: Als Trump in den letzten Wochen seiner ersten Amtszeit plante, Patel zum stellvertretenden Direktor des Geheimdienstes CIA zu machen, drohte die Leiterin der Behörde, Gina Haspel, mit ihrem Rücktritt. Als Trump erwog, Patel zum stellvertretenden Direktor des FBI zu ernennen, konfrontierte ihn der damalige Justizminister Bill Barr mit den Worten: „Nur über meine Leiche.“

In der FBI-Zentrale im Hoover-Building in Washington DC herrscht darum helle Aufregung. Vor allem die Pressefreiheit in den USA steht vor einer großen Bewährungsprobe. 

„Wir meinen es absolut todernst”

Dafür hat Patel vor gut einem Jahr in einem Interview mit dem rechtsextremen Trump-Getreuen Steve Bannon gesorgt. Auf die Frage, ob „echte Strafverfolgung und Haftung“ von Journalisten, die Trump regelmäßig als „Feinde des Volkes” tituliert, im Falle einer zweiten Amtszeit zu erwarten sei, sagte der gelernte Anwalt: „Ja. Dies ist nicht bloß Rhetorik. Wir meinen es absolut todernst.“

Patel fuhr fort. „wir werden uns die Leute in den Medien vorknöpfen, die über amerikanische Bürger gelogen und Joe Biden bei der Manipulation der Präsidentschaftswahlen geholfen haben.“ Er bezog sich auf Trumps Lüge, der Demokrat habe die Wahl 2020 gestohlen. „Wir werden sie uns vorknöpfen, sei es strafrechtlich oder zivilrechtlich – wir werden das schon herausfinden.“

Patel soll sich die Journalisten vorknöpfen

Presseorganisationen, Verfassungsrechtler und prominente Journalisten reagierten entsetzt. Marty Baron, ehemaliger Chefredakteur der „Washington Post“, erklärte, Trumps offene Drohung, eine unabhängige Presse zu vernichten, sei „die Definition des Autoritarismus“.

Die Geschichtsprofessorin Ruth Ben-Ghiat von der New York University sagte: „Alle Autokraten sehen die freie Presse als ihren Feind und gehen juristisch gegen sie vor.” Der Schriftstellerverband PEN America stellte damals fest: „Patels Vergeltungsdrohungen sind eine Abscheulichkeit gegen den ersten Verfassungszusatz und seine Schutzfunktion für die Pressefreiheit.“

FBI-Chef fiel in Ungnade

In FBI-Kreisen hat man nicht vergessen, dass Patel angedroht hat, den Apparat radikal zu reformieren: Er will die FBI-Zentrale schließen und die 7000 Angestellten zur dezentralen Verbrechensbekämpfung ins Land zu schicken.

Trump hatte Christopher Wray nie die von einem Bundesrichter genehmigte Razzia in seinem Florida-Privatdomizil Mar-a-Lago im Sommer 2022 verziehen, als kistenweise unsachgemäß gelagerte Staatsgeheimnisse gefunden wurden. Bei späteren Anhörungen im Kongress bestritt Wray, der selber Republikaner ist, eine politische Agenda zugunsten der Demokraten betrieben zu haben.

Wie missionarisch Kash Patel vorgeht, der in Long Island/New York groß geworden ist, zeigt sein Buch „Government Gangsters“ (Regierungsgauner). Trump bezeichnet das Werk als „Fahrplan zur Beendigung der Herrschaft des Schattenstaats“.

Selbst als Kinderbuchautor ein Trump-Aktivist

Unter „deep state” versteht Trump all jene Strukturen in den Strafverfolgungsbehörden, die gegen ihn von der ersten Russland-Affäre bis zu den zuletzt eingestellten Prozessen ermittelt haben. Nach der ersten Trump-Präsidentschaft schrieb Patel ein Kinderbuch. In „Die Verschwörung gegen den König” geht es darum, wie finstere Mächte um eine Frau namens „Hillary Queenton” Trump verfolgen.

Mit Patel verzichtet Trump auf eine weniger polarisierende Wahl. Im Gespräch für den Top-Posten war auch der ehemalige republikanische Kongressabgeordnete Mike Rogers, ein ehemaliger FBI-Agent und Ex-Vorsitzender des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses. 

Kash Patel hat als Pflichtverteidiger, Bundesanwalt und als Stabschef von Christopher Miller, der während Trumps erster Amtszeit als amtierender Verteidigungsminister fungierte, für Regierungsbehörden gearbeitet. Er war außerdem Berater für Terrorismusbekämpfung im Weißen Haus und für den früheren Geheimdienst-Koordinator Richard Grenell. Fiona Hill, eine ehemalige Mitarbeiterin Trumps im Nationalen Sicherheitsrat, verdächtigte Patel, ohne Genehmigung als Verbindungsmann zwischen Trump und der Ukraine fungiert zu haben.