Washington. Direkt nach der Vereidigung unterzeichnet Trump einen ersten Schwall von Dekreten, um die Politik seines Vorgängers Joe Biden zu beenden.

Hinter dem über zwei Meter großen Barron Trump, dem jüngsten Sohn der Hauptperson des Tages, war der designierten US-Justizministerin Pam Bondi am Montagmittag in der prall gefüllten Rotunde des Kapitols von Washington zwischenzeitlich die Sicht versperrt auf den Moment, den 77 Millionen Amerikaner mit dem Stimmzettel herbeigeführt hatten: die zweite Amtseinführung Donald Trumps (nach 2017) als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. 

Dutzende Ehrengäste saßen eingepfercht wie Öl-Sardinen in dem prächtigen Kuppelbau, als der 78-jährige Republikaner um 12.01 Uhr vor Supreme-Court Richter John Roberts den Amtseid leistete; allerdings ohne, wie üblich, eine Hand auf die Bibel zu legen. Vorher beteten wie schon beim ersten Amtsantritt Trumps vor acht Jahren Kardinal Timothy Dolan, der römisch-katholische Erzbischof von New York, und der Baptisten-Prediger Franklin Graham für den Präsidenten.

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Donald Trump hatte die Zeremonie wegen eines vorausgesagten Kälteeinbruchs (der am Ende mit nur minus zwei Grad bei strahlendem Sonnenschein läppisch ausfiel) von den Treppen des Kapitols nach drinnen verlegen lassen, wo lediglich rund 600 handverlesene Gäste live dabei sein konnten. 

Donald Trump: „Das goldene Zeitalter für Amerika beginnt genau jetzt”

Der Schauplatz des feierlichen Rituals ist symbolisch aufgeladen. Vor vier Jahren marodierten Hunderte Trump-Anhänger in dem Kuppelbau, weil sie die Niederlage ihres Idols gegen Joe Biden nicht akzeptieren wollten. Trump will viele von rund 1500 angeklagten oder verurteilten Tätern begnadigen.

In seiner halbstündigen Antrittsrede, die im Kern dem oft kritisierten Apokalypse-Monolog vom „amerikanischen Gemetzel“ von 2017 glich, verhieß Trump im ersten Satz: „Das goldene Zeitalter für Amerika beginnt genau jetzt.“ Er werde Amerika bedingungslos „nach vorn stellen“, auf dass es „größer, stärker und viel einzigartiger als jemals zuvor“ werde. Trump sagte, der 20. Januar sei der „Tag der Befreiung“. Mit Blick auf das Mord-Attentat auf ihn im vergangenen Sommer konstatierte er unter lautem Beifall: „Ich wurde von Gott beschützt, um Amerika wieder groß zu machen.“

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Die Vorgängerregierung bezeichnete er als „korruptes Establishment“, das eine schwere „Vertrauenskrise“ ausgelöst und „Verrat“ am Volk begangen habe. Trump wiederholte seine nie belegte Behauptung, dass über die amerikanisch-mexikanische Grenze „viele aus Gefängnissen und psychiatrischen Einrichtungen“ illegal eingereist seien. Dem werde er mit Notstandsverordnungen begegnen. „Von diesem Augenblick an ist Amerikas Niedergang vorbei.“ Vor der Rede hatten Trump-Vertraute angedeutet, der Präsident werde ein Signal der Versöhnung aussenden. Davon war nichts zu hören.

Im Anschluss ging Trump in gedämpft aggressivem Ton dazu über, eine schier endlose Liste politischer Projekte abzuspulen, die ab sofort in Angriff genommen würden. Das reichte von der Verfügung, dass es künftig nur noch zwei Geschlechter – Männer und Frauen – geben werde, über das Versprechen, den USA den Panama-Kanal „zurückzuholen“ und den Golf von Mexiko in „Golf von Amerika“ umzubenennen, bis zu der Ankündigung, das Militär zur Sicherung einer „offenen“ Süd-Grenze zu entsenden. Trump rief zwei „nationale Notstände“ aus: bei der illegalen Einwanderung und der Energiegewinnung. Er will den Asylzuzug aus dem Süden stoppen und die Öl- und Gas-Produktion massiv ausweiten. „Bohr, Baby, bohr“, heißt dazu der bekannte Slogan.

Trumps Inauguration: Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg sind auch da

Vor und nach dem Hauptakt traten im Beisein von Top-Namen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft die Country-Interpreten Carrie Underwood und Lee Greenwood sowie der Opernsänger Christopher Macchio ans Mikrofon. 

Auszug aus der schillernden Gästeliste: Die Multimilliardäre Elon Musk, Jeff Bezos und Mark Zuckerberg, die Spitze der demokratischen Opposition, Medien-Modul Rupert Murdoch, sämtliche noch lebenden Ex-Präsidenten von Bush bis Obama, Podcast-Gigant Joe Rogan, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und alle neun Richterinnen und Richter des Obersten Gerichtshofes und Bernard Arnault, der reichste Mann Frankreichs. 

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Direkt nach der Vereidigung wollte Trump einen ersten Schwall von Dekreten und Anweisungen unterzeichnen, um die Politik seines Vorgängers Joe Biden zu beenden. „Mit diesen Maßnahmen werden wir die vollständige Wiederherstellung Amerikas und die Revolution des gesunden Menschenverstands einleiten“, sagte Trump und fügte hinzu, er kehre „mit der Zuversicht und dem Optimismus in das Amt des Präsidenten zurück, dass wir am Beginn einer aufregenden neuen Ära des nationalen Erfolgs stehen“. 

Keine Ankündigung von globalen Strafzöllen

Auffällig: Trump verzichtete auf die Ankündigung von globalen Strafzöllen zwischen 10 und 60 Prozent auf Importwaren. Das im Wahlkampf versprochene Projekt wird zurückgestellt, bestätigten Regierungskreise. Trumps Botschaft an ein zerrissenes Volk: „Es ist für uns an der Zeit, wieder mit Mut, Kraft und der Energie der größten Zivilisation der Geschichte zu handeln.”

Die Verlegung der „Inauguration“ nach drinnen bedeutete für über 200.000 Menschen, die übers Wochenende in die Hauptstadt gereist waren und Tickets für die übliche Open-Air-Feier besaßen, eine große Enttäuschung. Nur 20.000 von ihnen fanden Einlass in eine nahegelegene Sport-Halle, wo die Zeremonie auf Großbildleinwänden per Livestream zu sehen war. In der kilometerlangen Schlange vor der Capital One Arena brachte ein 76-Jähriger, der eigens aus Kalifornien gekommen war, seine Säuernis auf den Punkt: „Man muss dem Wetter trotzen können. Wenn man dem Wetter nicht trotzen kann, kann man niemandem trotzen.“