Mexiko-Stadt. Die zweitgrößte Ökonomie Lateinamerikas zittert vor Donald Trump. Der mexikanische Peso rauscht bereits in den Keller. Was Mexiko droht.

Seit Montag stehen Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum und ihr Land vor einer der größten wirtschaftlichen, politischen und sozialen Herausforderungen der jüngeren Vergangenheit. Der gefürchtete „Hurrikan Trump“ steht vor der Tür und damit die Drohungen des neuen US-Präsidenten, eine allgemeine Strafsteuer von 25 Prozent auf mexikanische Importe zu erheben, wenn die Regierung den Drogenhandel und die Migrationsströme nicht unter Kontrolle bringt. Die USA fordern von Mexiko zudem, die chinesischen Importe zu reduzieren. 

Kein Land der Region muss die Rückkehr des Republikaners ins Weiße Haus so sehr fürchten wie der südliche Nachbar Mexiko, zugleich die zweitgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas. Die beiden Länder sind ökonomisch und sozial aufs Engste verflochten. Zwölf Millionen Einwanderer aus Mexiko leben nördlich des Rio Bravo, davon geschätzt fünf Millionen ohne gültige Papiere. Vor allem diese sind von den angekündigten Razzien und Deportationen bedroht. Mexikos ökonomisches Wohl und Wehe hängt am Handel mit den USA. Die Exporte zum Nachbarn belaufen sich auf mehr als 466 Milliarden Dollar jährlich, was 80 Prozent der kompletten Ausfuhren ausmacht. Mexiko ist der wichtigste Handelspartner der Vereinigten Staaten, noch vor China und Kanada.

Trump und Musk: Zwei Riesen-Egos im Weißen Haus

weitere Videos

    Donald Trump: Mexikos Präsidentin macht bereits Zugeständnisse

    Daher versuchte Sheinbaum in den vergangenen Wochen, ihrem US-Kollegen entgegenzukommen. So sollen asiatische Importe durch regionale nordamerikanische Produktion ersetzt werden. Außerdem hat Mexiko zu Jahresbeginn einen Zoll von 19 Prozent auf Produkte verhängt, die Mexiko über die chinesischen Online-Plattformen Temu oder Shein importiert. Letztlich hat die Regierung die Beschlagnahmung von Fentanyl und Raubkopien aus China verstärkt. 

    Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum macht Trump bereits zahlreiche Zugeständnisse.
    Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum macht Trump bereits zahlreiche Zugeständnisse. © AFP | CARL DE SOUZA

    Zudem versucht Sheinbaum mit US- und kanadischen Geschäftsleuten Allianzen zu schmieden, um die Handelsintegration über die Nordamerikanische Freihandelszone USMCA zu verteidigen, die Trump ständig kritisiert. Trump drohte wiederholt damit, das Abkommen aufzukündigen und ohne Mexiko neu aufzulegen.

    Auch interessant

    Mexikanischer Peso wertet bereits ab

    Sheinbaum hält alldem eigene Expansions- und Wachstumspläne entgegen und verspricht, ihr Land zu einer der zehn führenden Wirtschaftsnationen der Welt zu machen. Mexiko, derzeit die Nummer zwölf der Weltwirtschaft, solle bis 2030 in die Top Ten aufsteigen, sagte die Präsidentin kürzlich. Dafür solle die einheimische Produktion gefördert, Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe geschaffen und die Bürokratie abgebaut werden, um Investitionen ins Land zu holen, ergänzte Sheinbaum.

    Trotz dieses demonstrativen Selbstbewusstseins zeigen die US-Drohungen und die Amtsübernahme Trumps schon erste Konsequenzen: Die mexikanische Währung wertete vergangene Woche 0,37 Prozent ab und sank auf 20,79 Pesos zum Dollar. Damit hat der Peso vier Wochen in Folge an Wert verloren und insgesamt um 3,57 Prozent nachgegeben. Analysten gehen davon aus, dass die Währung in den kommenden Wochen weiter nachgeben und sich die Aussichten für die mexikanische Wirtschaft insgesamt eintrüben werden. 

    Auch interessant

    Handel mit den USA ist für Mexiko lebenswichtig

    Alfredo Coutiño, Lateinamerika-Direktor bei Moody‘s Analytics, geht gar davon aus, dass die Umsetzung der protektionistischen US-Politik mit Zöllen und Abschiebungen Mexikos Wirtschaft in ernsthafte Bedrängnis bringen könnte. Die Abwertung des Peso werde sich beschleunigen, eine höhere Inflation, niedrigere Auslandsüberweisungen und US-Investitionen würden das Wachstum ausbremsen. Moody‘s Analytics geht davon aus, dass Mexikos Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nur um 0,6 Prozent und 2026 um 1,6 Prozent wachsen wird. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sagt noch ein Wachstum von 1,4 Prozent voraus und warnt insgesamt vor den Risiken der neuen US-Regierung für die Schwellenländer. 

    Abe vor allem Mexiko hat im Verhältnis zu den USA und Kanada viel zu verlieren. Neben Fahrzeugen und Autoteilen beliefert Mexiko die beiden USMCA-Partner auch mit medizinischen, elektronischen und lohnveredelten Waren sowie Getränken, Spirituosen, Obst und Gemüse. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch die „Remesas“, die Auslandsüberweisungen der rund zwölf Millionen Mexikaner in den Vereinigten Staaten an die Familien daheim. Bis November beliefen sich diese Geldflüsse auf 5,4 Milliarden Dollar, ein Anstieg von zehn Prozent gegenüber den Vergleichsmonaten des Vorjahres.

    Auch bei den Investitionen stehen US-Unternehmen mit 14,47 Milliarden Dollar an der Spitze der internationalen Kapitalzuflüsse, was 41 Prozent der gesamten ausländischen Direktinvestitionen entspricht. All diese Einnahmequellen sind für die mexikanische Wirtschaft und die Bevölkerung ebenso lebenswichtig wie angesichts der Ankunft von Trump im Weißen Haus gefährdet. 

    Grenzstadt Tijuana hat bereits den Notstand ausgerufen

    Besonders beunruhigt die mexikanische Regierung die Kriminalisierung der Einwanderer ohne Papiere und die Ankündigung von Razzien und Massenabschiebungen. „Wir haben einen ausgeklügelten Plan, wir warten nur noch darauf, was Präsident Trump ankündigt, um ihn umzusetzen“, sagte Sheinbaum. Alle 50 mexikanischen Konsulate in den USA sind instruiert, was zu tun sei. Die Präsidentin versicherte, die mexikanische Wirtschaft sei „stark genug“, um die ausgewiesenen Landsleute aufnehmen zu können. 

    Auch interessant

    Die Grenzstadt Tijuana hat angesichts der befürchteten Deportationen den Notstand ausgerufen. Dadurch werden finanzielle Mittel freigemacht, um zusätzliche Unterkünfte bereit- und Personal einzustellen sowie Rechtsberatung anzubieten. Ziel sei es, eine „würdige Behandlung“ für die abgeschobenen Migranten sicherzustellen, sagte Tijuanas Bürgermeister Ismael Burgueño. Viele andere Grenzorte haben zudem die Kapazitäten der Herbergen für Migranten so weit wie möglich ausgebaut.

    Die Grenzen, hier in Paso del Norte-Santa Fe in mexikanischen Chihuahua sind streng gesichert.
    Die Grenzen, hier in Paso del Norte-Santa Fe in mexikanischen Chihuahua sind streng gesichert. © AFP | HERIKA MARTINEZ