Washington. Trump setzt Zölle als Waffe ein, das könnte auch für Deutschland gravierende Auswirkungen haben. Diese Branchen sind gefährdet.

Die Adressaten waren Mexiko, Kanada und China. Aber Donald Trumps Winken mit dem Strafzoll-Fallbeil auf sämtliche Importe hat auch in Berlin Schweißausbrüche ausgelöst. Die auf Export angewiesene deutsche Wirtschaft, die jedes Jahr Waren im Wert von rund 160 Milliarden Euro in die USA liefert und dort mit Tausenden Betrieben eng in die Lieferketten eingebettet ist, schwächelt. Jeder Prozentpunkt zusätzlicher Zölle auf Produkte „made in Germany” könnte nach Einschätzung von Experten in Washington hierzulande „eine Rezession begünstigen”. 

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) spricht von einem „lauten Weckruf”. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagt, man müsse Trump „ernst nehmen”, das Gespräch suchen und mit der Europäischen Union eine „gemeinsame Antwort” finden. Die Zeit drängt. In knapp sieben Wochen startet der Republikaner in seine zweite Amtszeit. Ist Deutschland für Trumps Protektionismus mit Ansage gerüstet? Tendenz: eher nein.

MEXICO-AUTOMOTIVE-INDUSTRY
VW lässt in Mexiko den Tiguan fertigen. Bereits die angedrohten 25 Prozent für Waren aus Mexiko würden die deutsche Auto-Industrie hart treffen. © AFP/Getty Images | Getty Images

Der Schaden in Zahlen wäre beträchtlich. Würde Trump die Zölle auf China-Waren auf 60 Prozent und für den übrigen Teil der Welt auf 20 Prozent anheben, brächen die deutschen Exporte nach Amerika über alle Branchen hinweg um 15 Prozent ein (gleich: Verlust von 33 Milliarden Euro pro Jahr), kalkuliert das Ifo-Institut. Auf Trumps Amtszeit gerechnet wären das über 130 Milliarden Euro. Die Kollegen vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) ermitteln noch höhere Horror-Zahlen: minus 127 Milliarden Euro über vier Jahre bei Strafzöllen von zehn Prozent und 180 Milliarden Dollar bei 20 Prozent. 

Zehn Prozent aller deutschen Exporte gehen in die USA

Zum Hintergrund: Die Vereinigten Staaten sind der mit Abstand wichtigste Abnehmer deutscher Produkte. Zehn Prozent der hiesigen Exporte gehen in die USA

Auch interessant

Bereits die angedrohten 25 Prozent für Waren aus Mexiko würden die deutsche Auto-Industrie, die dort wie VW teils seit 50 Jahren mit Werken und Zulieferern vertreten ist, laut Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), hart treffen. Deutsche Firmen beschäftigen in Mexiko 200.000 Mitarbeiter.

In Washington besteht noch Uneinigkeit darüber, ob Trump anders als 2016 bereits harte Fakten schaffen will – oder in seiner typischen Verhandlungstaktik einen Eröffnungsschachzug wagt, um zu sehen, was vor der Amtseinführung am 20. Januar geht. 

Zölle als Waffe? Diese Branchen wären in Deutschland besonders betroffen

Konkret: Trump verlangt im Sinne seiner „America First”-Wahlkampfversprechen von Mexiko, Kanada und China spürbares Entgegenkommen bei der Eindämmung der illegalen Einwanderung und dem Schmuggel von Fentanyl. US-Drogenfahnder weisen regelmäßig auf Chemikalienlieferungen aus China hin, die in Mexiko zu Opioiden verfeinert, von den Kartellen über die Grenze geschmuggelt und pro Jahr in den USA zu rund 75.000 Todesfälle führen. Werden Peking und Ottawa hier tät ig, mutmaßen republikanische Kreise in Washington, „könnte es vorerst bei einer Androhung bleiben”. Was Deutschland angeht, wird erwartet, dass Trump höhere Verteidigungsausgaben für die Nato zum Testfall für wirtschaftliche Strafaktionen machen wird.

Auch interessant

Zölle als Waffe einzusetzen, würde etliche Branchen in Deutschland massiv treffen. Rund ein Viertel aller deutschen Pharma-Exporte landete 2023 in Amerika. Der Maschinenbau exportiert 13 Prozent seiner Geräte in die Vereinigten Staaten. Bei Autos und Auto-Teilen sind es 12,5 Prozent. Die Produzenten von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen sowie optischen Erzeugnissen haben in den USA einen Exportanteil von rund zehn Prozent.

Nach einer Studie des Weltwirtschafts-Instituts in Kiel gibt es möglicherweise Ausreißer. Optische Linsen, Computerchips und Spezial-Elektronik, die sowohl in Deutschland wie auch in China hergestellt werden, könnten durch hohe chinesische Zölle für US-Kunden so teuer werden, dass deutsche Firmen kostengünstiger anbieten können. Davon würden bekannte Namen wie Siemens oder Carl Zeiss profitieren. Ob dies Verluste an anderer Stelle ausgleichen kann, ist jedoch fraglich.

Für Trump ist die Europäische Union eine Art „Mini-China“

Denn noch nicht eingepreist ist die Tatsache, dass unter Trump ein noch härterer Anti-China-Kurs gefahren wird. Sein Kabinett ist voll von Strategen (Wirtschaftsminister Howard Lutnick, Außenminister Marco Rubio etc.), die Peking hart angehen wollen. Das zwinge Berlin schon bald dazu, „Farbe zu bekennen und sich auf eine Seite zu schlagen”, erklärte ein Vertreter der deutschen Wirtschaft in Washington. Nicht einfach angesichts von über 5000 deutschen Firmen, die in China aktiv sind. Es wird in Washington daran erinnert, dass Trump seine Abneigung gegenüber Deutschland im Wahlkampf nicht verborgen hat. Die EU mit Berlin als größter Volkswirtschaft sei eine Art „Mini-China“, das die USA nur ausnutzen wolle, hatte der Republikaner mehrfach gesagt.

Auch interessant

Leise Hoffnungen setzt man in Berlin auf den neuen Finanzminister Scott Bessent. Der milliardenschwere Finanzinvestor ist pro Zölle, plädiert aber für eine behutsame Einführung.

Während Trump Zölle als Segen für die Staatskasse bezeichnet, aus der Steuersenkungen für Unternehmen refinanzieren will, weisen US-Ökonomen reihenweise darauf hin, dass am Ende US-Firmen, die Produkte im Ausland ordern, diese Zölle bezahlen und weitergeben werden. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Verbraucher höhere Preise zahlen”, bestätigte bereits die größte US-Supermarktkette Walmart. Das renommierte Peterson-Institut in Washington hat errechnet, dass ein pauschaler 20-prozentiger Zoll-Aufschlag US-Haushalte mittleren Einkommens mit 2600 Dollar im Jahr belasten würde.

Auch interessant