Berlin. Russische Soldaten rücken immer weiter in die Ukraine vor. Der Kreml scheint dabei zuletzt immense Verluste in Kauf zu nehmen.

Im Osten der Ukraine können russische Soldaten immer mehr in das überfallene Land eindringen – wohl auch, weil eigene Verluste billigend in Kauf genommen werden. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums registrierten Putins Truppen im November den verlustreichsten Monat seit Kriegsbeginn vor über zweieinhalb Jahren.

Das bedeutet: 45.720 russische Soldaten sollen getötet oder verwundet worden sein, davon an einem Tag sogar 2030 Soldaten. Die Gesamtverluste Russlands seit Kriegsbeginn belaufen sich nach einer täglich aktualisierten Aufzählung des ukrainischen Militärs auf über 742.000 Gefallene und Verwundete. Diese Angaben können nicht unabhängig geprüft werden.

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Erst vor wenigen Wochen hatte Moskau die vermuteten Verluste Kiews mit über 906.000 Toten und Verwundeten beziffert. Allein in diesem Jahr habe Kiew mehr Soldaten verloren als in den beiden ersten Kriegsjahren, behauptete das russische Verteidigungsministerium. 

Ukraine-Krieg - Zweiter Jahrestag Kriegsbeginn - Odessa
Ein Friedhof in der Stadt Odessa: Auch die Ukraine verzeichnet hohe Verluste. © DPA Images | Kay Nietfeld

Opferzahlen in solchen Konflikten lassen sich in der Regel nicht unabhängig verifizieren. Weder Moskau noch Kiew haben bisher genaue Zahlen zu ihren jeweiligen Verlusten bekanntgegeben. Zuletzt hatte die „New York Times“ unter Berufung auf Militär- und Geheimdienstquellen der USA berichtet, dass bisher bereits 57.000 ukrainische Soldaten gefallen seien. Die russischen Verluste wurden zuletzt von der Nato auf über 600.000 Tote und Verwundete beziffert.

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Ukraine: Fahnenflucht macht Kriegstüchtigkeit zu schaffen

Während Putin die russischen Soldaten offenbar verheizt – und im Inland auf die Unterstützung Nordkoreas zählen kann – , kämpft die Ukraine nach einem Bericht der „Financial Times“ mit Fahnenflucht. Die Staatsanwälte hätten allein in diesem Jahr bereits 60.000 Fälle neu aufgenommen. Bei einer Verurteilung drohen Deserteuren bis zu zwölf Jahre Haft. 

Junge Männer im wehrfähigen Alter versuchten wiederholt, das Land heimlich zu verlassen. Andere versuchten, bei der Musterung Ärzte zu bestechen, um vom Wehrdienst freigestellt zu werden. Zuletzt sei auch direkte Fahnenflucht von der Front hinzugekommen, berichtete das Wirtschaftsblatt unter Berufung auf namentlich nicht genannte ukrainische Militärs. Grund dafür sei das Fehlen von Reserven, mit denen Fronteinheiten regelmäßig zur Auffrischung und Erholung abgelöst werden könnten. 

Als neuestes Phänomen der Fahnenflucht nannte die „FT“ das Desertieren von ukrainischen Soldaten, deren Einheiten sich in Polen zur Ausbildung aufhielten. Im monatlichen Schnitt verschwanden demnach zwölf Soldaten aus diesen Einheiten.