Berlin. Noch im Dezember will Kanzler Scholz die Vertrauensfrage stellen. Doch was ist das überhaupt? Wir erklären, was dahintersteckt.
- Nach dem Aus der Ampel-Koalition steht fest: Es wird Neuwahlen geben
- Um diese herbeizuführen, wird Kanzler Scholz im Bundestag die Vertrauensfrage stellen
- Was genau ist das? Und wie läuft der Prozess ab? Der Überblick
Dass die Ampel-Koalition vorzeitig zerbrechen würde, hatten wohl viele geahnt. Am 6. November war es dann so weit: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entließ Finanzminister Christian Lindner (FDP) und besiegelte damit das Ende des Bündnisses. Noch am selben Tag kündigte Scholz an, die Vertrauensfrage stellen zu wollen. Wir erklären, was das bedeutet.
Scholz will Vertrauensfrage stellen: Das steckt dahinter
Die Vertrauensfrage ist ein Mittel des Bundeskanzlers, um zu prüfen, ob die Mehrheit des Bundestages die Regierung noch unterstützt. Sie soll sicherstellen, dass der Kanzler die Regierungsgeschäfte nicht gegen eine Mehrheit im Parlament führt. Die Vertrauensfrage kann auch mit einer Sachfrage verbunden werden – beispielsweise die Entscheidung über einen Gesetzesentwurf. Erhält die Regierung keine Mehrheit, kann der Bundespräsident den Bundestag auf Antrag des Kanzlers innerhalb von 21 Tagen auflösen und so Neuwahlen herbeiführen, was er in der Regel auch tut. In der Geschichte der Bundesrepublik wurde die Vertrauensfrage fünfmal gestellt – zuletzt 2005 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).
Die Vertrauensfrage kann somit auch ein Instrument sein, um Neuwahlen zu provozieren. Sollte das das Ziel sein, kann die Kanzlerpartei ihren eigenen Mitgliedern raten, sich bei der Abstimmung zu enthalten. Diesen Weg beschritten zum Beispiel 1972 Willy Brandt (SPD) und 1982 Helmut Kohl (CDU), die sich von Neuwahlen bessere Wahlergebnisse und damit eine klarere Mehrheit im Parlament erhofften.
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Der Weg zu Neuwahlen: So geht es jetzt weiter
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz wird die Vertrauensfrage stellen – das soll am 16. Dezember geschehen. Zuvor will er noch die geplanten Gesetzesentwürfe zur kalten Progression, zum Rentenpaket II sowie zur Umsetzung der Regeln des gemeinsamen Asylsystems im Bundestag zur Abstimmung stellen.
Dass eine Mehrheit im Bundestag Scholz ihr Vertrauen ausspricht, scheint unwahrscheinlich – schließlich haben die SPD und die Grünen als verbliebene Koalitionspartner keine Mehrheit. Es dürfte also zu Neuwahlen kommen.
Sollte der Bundespräsident den Bundestag auflösen, müssen die Neuwahlen innerhalb von 60 Tagen abgehalten werden. In der Praxis kann das Bundesministerium des Innern (BMI) im Rahmen des Bundeswahlgesetzes die Fristen für die Wahlvorbereitungen verkürzen, um den Prozess zu beschleunigen. Für die Bürgerinnen und Bürger unterscheidet sich der Ablauf einer vorgezogenen Wahl nicht von dem einer regulären Bundestagswahl. Bis zu einem Wahltermin regiert Olaf Scholz mit einer Minderheitsregierung.