Berlin. Laut aktueller Umfrage sehen sich mehr junge Männer politisch „eher rechts“. Außerdem teilen 80 Prozent aller Befragten eine konkrete Angst.
Viele kennen wohl die Klischees: Jugendliche in Deutschland sind unpolitisch, interessieren sich null für das Weltgeschehen und leben sorgenfrei in den Tag hinein. Dass diese Vorurteile absolut nicht stimmen, beweist eine Studie, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde.
Eine Kernaussage dieser repräsentativen Shell-Jugendstudie ist: Der Anteil junger Männer, die sich politisch „eher rechts“ verorten, ist seit 2019 deutlich gestiegen. Doch einen Rechtsruck unter Jugendlichen sehen die Studienautoren explizit nicht. In vielen Fragen wurden aber Unterschiede zwischen Ost und West deutlich.
Studie: Jugend im Osten hat größere Sorgen und ist unzufriedener
Im Gegensatz zu westdeutschen Jugendlichen machen sich junge Ostdeutsche häufiger und stärker Sorgen. Das betrifft laut Studie vor allem die Themen Krieg, Armut, soziale Ungerechtigkeit und Feindseligkeit in der Gesellschaft.
Allerdings ist man im Osten speziell beim Thema Ausländerfeindlichkeit seltener besorgt als im Westen. Eine Begrenzung von Migration erhält im Osten einen höheren Zuspruch als im Westen. Auch vertrauen ostdeutsche Jugendliche wohl dem Staat und den klassischen Medien etwas seltener als ihre westdeutschen Altersgenossen.
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Und die Zufriedenheit mit der deutschen Demokratie? Wie bereits in den zurückliegenden Jahren sind ostdeutsche Jugendliche auch 2024 damit eher unzufriedener als junge Westdeutsche. Allerdings stiegen die Zufriedenheitswerte im Osten allmählich an.
So wurde die Studie erstellt
Befragt wurden nach Angaben des Energieunternehmens Shell, das die Studie in Auftrag gegeben hat, 2.509 Jugendliche zwischen zwölf und 25 Jahren nach ihren Einstellungen zu diversen Themen – unter anderem zu Familie, Freunden, politischen Einstellungen und aktuellen Konflikten in der Welt. Wissenschaftler der Universität Bielefeld und der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg werteten das Material in Zusammenarbeit mit dem demoskopischen Institut Verian aus.
Die größte Angst unter Deutschlands Jugendlichen
Die heutige junge Generation hat es offenbar mit großen Sorgen zu tun. Die Weltpolitik habe „ihre Spuren hinterlassen“. 80 Prozent der Teilnehmer gaben an, Angst vor einem Krieg in Europa zu haben. Ein ebenfalls großer Teil sorge sich um die wirtschaftliche Lage und eine möglicherweise wachsende Armut.
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Gesamtdeutscher Trend: Ein Viertel aller jungen Männer „eher rechts“
Bei einer Befragung Anfang 2024 gaben ein Viertel aller männlichen Jugendlichen in Deutschland an, politisch „rechts“ oder „eher rechts“ zu stehen. Im Jahr 2019 lag der Anteil noch bei 16 Prozent – und damit unter einem Fünftel. Bei jungen Frauen sei die Entwicklung mit einer leichten Steigerung von zehn auf elf Prozent im Vergleich zu 2019 dagegen eher stabil geblieben.
Studien-Autoren: „Beachtlicher Anteil an verdrossenen Jugendlichen“
Die Befunde der Forscher sind angesichts der jüngsten Wahlergebnisse bei den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern und der Europawahl nicht überraschend: Bei allen Wahlen war der Anteil junger Menschen, die sich für die AfD entschieden, besonders hoch. In Thüringen setzten laut Forschungsgruppe Wahlen 35 Prozent der Menschen zwischen 18 und 29 Jahren ihr Kreuz bei der in dem Land als rechtsextrem eingestuften Partei.
Laut Studienautor Mathias Albert ist ein Teil der jungen Menschen besonders anfällig für populistische Thesen. „Wir sehen einen beachtlichen Anteil an verdrossenen Jugendlichen, insgesamt rund zwölf Prozent der jungen Leute. Daneben gibt es einen erheblichen Anteil kritischer und unzufriedener Jugendlicher“, sagte er.
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92 Prozent aller Jugendlichen wissen, wo sie stehen
Einen pauschalen Rechtsruck unter jungen Leuten sehen Albert und sein Team aber nicht. Die Gesamt-Auswertung habe ergeben, dass sich Jugendliche im Mittel sogar „leicht links“ verorten würden, hieß es. Auffällig sei aber unter anderem, dass junge Menschen unabhängig vom Geschlecht eine klarere Vorstellung zu ihren politischen Einstellungen hätten als noch vor fünf Jahren: Während 2019 noch etwa 17 Prozent der jungen Männer angaben, nicht zu wissen, wo sie politisch stünden, waren es 2024 nur noch acht Prozent, die zu dieser Frage „weiß nicht“ angaben. Bei jungen Frauen war die Entwicklung ähnlich.
Insgesamt sei das Vertrauen in Staat und Demokratie aber „stabil“, stellten die Forscher fest.
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