Bochum. Zweistellig in Thüringen und in Sachsen und bald auch in NRW? Das Bündnis Wagenknecht will tief im Westen mitspielen. Mit diesem Team.

Anfang April 2024 trafen sich erstmals Unterstützer des damals frisch gegründeten Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) im Bochumer „Jahrhunderthaus“, um sich zu beschnuppern und auszuloten, was tief im Westen geht und was nicht. Nun steht an diesem Ort die Gründung des BSW-Landesverbandes unmittelbar bevor. Am heutigen Samstag sind etwa 100 BSW-Mitglieder aus NRW aufgerufen, eine Parteispitze zu wählen.

Wer im Westen politisch erfolgreich sein will, kommt an NRW nicht vorbei

„Eine Partei, die erfolgreich sein will, muss sich nicht nur im Osten, sondern auch im Westen verankern. Das einwohnerstärkste Bundesland NRW ist ein wichtiger Schlüssel dafür“, sagte der Bochumer Amid Rabieh, Vize-Vorsitzender des BSW im Bund, am Montag dieser Redaktion.

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An Rhein und Ruhr vermutet das BSW, dessen Erfolgsgeschichte bei der Europawahl begann und in Thüringen und Sachsen am Wochenende fortgesetzt wurde, ein interessiertes Publikum. „Hier gibt es viele Menschen, die mit der Ampel allgemein unzufrieden sind, aber auch konkret mit dem Zustand von Straßen und Verwaltungen, mit der Bildung, mit dem Trend zur De-Industrialisierung“, so Rabieh.

Neue Partei, beachtliche Erfolge

Nach Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Saarland und Berlin wird in NRW am kommenden Wochenende der sechste BSW-Landesverband an den Start gebracht.

Bei der Landtagswahl in Thüringen erreichte das Bündnis Sahra Wagenknecht aus dem Stand 15,8 Prozent der Stimmen, in Sachsen 11,8 Prozent. Bei der Europawahl im Juni erreichte die Parti fünf Monate nach ihrer Gründung 6,2 Prozent der Stimmen.

Macht‘s die Mischung? BSW setzt in NRW auf „alte Hasen“ und Politik-Neulinge

„Bunt gemischt“ soll die Chefetage des BSW in NRW werden, und die Kandidatinnen und Kandidaten stehen längst fest: „Alte Hasen“ aus der Politik, Menschen ohne politische Vorerfahrung, frühere SPD- und Linken-Mitglieder, Gewerkschafter, Unternehmer, auch ein Streetworker ist dabei.

Der NRW-Landesverband wird der sechste des Wagenknecht-Bündnisses sein. „Bis Ende 2024 werden wir in allen 16 Ländern Landesverbände haben und dann in der Lage sein, die Listen für die Bundestagswahl aufzustellen“, sagt Rabieh voraus. Die Partei setzt weiter auf „kontrolliertes Wachstum“. Das bedeutet, dass nicht jeder gleich reinkommt, der Mitglied werden möchte. Die Zahl der Anwärter, „Unterstützer“ genannt, ist inzwischen in NRW auf rund 5000 gestiegen. Ihnen stehen bisher nur 113 „richtige“ Mitglieder gegenüber.

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Es bleibt dabei: BSW will immer die Kontrolle über das eigene Wachstum behalten

Kontrollverlust möchte das BSW auch am Samstag in Bochum ausschließen. Allein für ein ausgesuchtes Publikum werden die Vorstandswahlen sichtbar sein. Nur der erste Teil des Gründertreffens ist öffentlich. Namensgeberin Sahra Wagenknecht wird – wie schon im April – nicht persönlich dabei sein. Das sei bei den Gründungen der Landesverbände nicht üblich, heißt es. Dafür ist BSW-Generalsekretär Christian Leye aus Duisburg vor Ort.

Er kandidiert nicht für den BSW-Landesvorstand, hält aber in NRW viele Fäden in der Hand: BSW-Generalsekretär Christian Leye, ein treuer Unterstützer von Sahra Wagenknecht und früher NRW-Landesvorsitzender der Linken.
Er kandidiert nicht für den BSW-Landesvorstand, hält aber in NRW viele Fäden in der Hand: BSW-Generalsekretär Christian Leye, ein treuer Unterstützer von Sahra Wagenknecht und früher NRW-Landesvorsitzender der Linken. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Männliche Doppelspitze stellt sich zur Wahl

Für die erste Doppelspitze des BSW in NRW stehen zwei Herren bereit: Neben Amid Rabieh (44) stellt sich der Düsseldorfer Jurist Jan Ristau (47) zur Wahl. Günter Blocks (66) aus Bottrop möchte BSW-Geschäftsführer in NRW werden, Bartosch Lewandowski (39) aus Köln kandidiert für das Amt des Schatzmeisters.

Die Steckbriefe der BSW-Kandidaten für den ersten Landesvorstand

Kandidaten für den BSW-Landesvorsitz:

Amid Rabieh (44) aus Bochum, Jurist, Vize-Vorsitzender des BSW im Bund. Rabieh war von 2021 bis 2022 Vize-Landesvorsitzender der Linken in NRW, davor Pressesprecher der NRW-Linken und Kreissprecher der Linken in Bochum.

Jan Ristau aus Düsseldorf (47), Anwalt für Steuerrecht und Steuerberater.

Kandidat für die BSW-Geschäftsführung in NRW:

Günter Blocks (66) aus Bottrop. Blocks hat Lehramt studiert (Wirtschaft/Geschichte), und war zuletzt freiberuflicher Berater zur EU-Förderung. Zwischen 1976 und 2001 engagierte er sich in der SPD, später bei der WASG und bei der Linken. Er war Landesgeschäftsführer der Linken (2007 bis 2011) und Linken-Kreisvorsitzender in Bottrop. (2012 bis 2024).

Kandidat für das Amt des Schatzmeisters:

Bartosch Lewandowski (39) aus Köln. Der Wirtschaftsjurist ist geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH mit Schwerpunkt Lizenz- Veranstaltungsmanagement.

Kandidaten für den stellvertretenden BSW-Parteivorsitz in NRW:

Eyüp Yildiz (56), stellvertretender Bürgermeister von Dinslaken. Er studierte Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Politik und arbeitet als Gesundheitsmanager bei des Stadtwerken Dinslaken.

Anabella Peters (31) aus Duisburg. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim BSW-Generalsekretär Christian Leye. Die studierte Ökonomin war vorher Unternehmensberaterin.

Fünf weitere BSW-Mitglieder bewerben sich um Beisitzer-Posten:

Jochen Bauer (65) aus Bochum. Er war Personalrat für Lehrkräfte an Gesamtschulen und Sekundarschulen im Bildungsministerium in Düsseldorf. Bis vor Kurzem gehörte Bauer dem Landesvorstand der Gewerkschaft GEW an.

Andreas Danne (55) aus Bonn, Werbekaufmann. Er war u.a. Filialleiter bei einem mittelständischen Unternehmen in Bonn.

Franco Clemens (60) aus Düsseldorf. Der Erzieher und Antiaggressionstrainer. ist Streetworker, hat Jugendzentren und Flüchtlingseinrichtungen geleitet. Nebenberuflich war Clemens 15 Jahre Redakteur und Radiomoderator des gewerkschaftlichen „Bürgerfunks“ über RADIO KÖLN 107,1. Aktuell arbeit er als Projektmanager und Koordinator für Flüchtlingsunterkünfte für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in Köln und leitet das Sinti-Bürgerzentrum in Düsseldorf

Susanne Herhaus (69), Industriekauffrau aus Wuppertal. Sie arbeitete u,a. im Wuppertaler Fraktionsbüro der Linken, war 13 Jahre lang Kreissprecherin der Linken und neun Jahre Stadtverordnete für die Linke. Anfang 2024 wechselte sie zum BSW.

Manuela Neuß (47) aus Willich. Sie hat als Bürokauffrau gearbeitet und ist seit März 2023 als Betriebsrätin aktiv. 

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