Berlin. Die Staatsanwaltschaft geht dem Verdacht nach, dass ein Industriepark zu Sabotagezwecken ausgespäht wurde. Steckt Russland dahinter?
Spionage und Sabotage: Die Sicherheitsbehörden sehen Deutschland massiv im Fokus von Russland. Besondere Sorge gilt dabei kritischer Infrastruktur wie Pipelines, Kraftwerken oder Stützpunkten der Bundeswehr. Über Kasernen der Bundeswehr wurden im vergangenen Jahr mehr als 400 Mal Drohnen gesichtet. Jetzt soll ein großes Industriegelände in Norddeutschland Ziel mutmaßlich russischer Ausspähversuche geworden sein.
Russland: Kritische Infrastruktur im Visier – Staatsanwalt ermittelt wegen des Verdachts auf Spionage
Die Staatsanwaltschaft Flensburg bestätigte dieser Redaktion die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens „wegen des Verdachts der Agententätigkeit zu Sabotagezwecken im Zusammenhang mit wiederholten Drohnenflügen über kritischer Infrastruktur in Schleswig-Holstein“. Weitere Angaben wollte die Behörde zum derzeitigen Zeitpunkt nicht machen.
Nach Informationen dieser Redaktion überflogen in letzter Zeit mehrfach Drohnen den ChemCoast Park Brunsbüttel in Schleswig-Holstein. Die Bundeswehr steht wegen der Vorfälle in Kontakt mit den Ermittlern vor Ort und unterstützt diese bei der Vervollständigung des Lagebildes, wie ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums dieser Redaktion sagte.
Drohnen in Schleswig-Holstein: Größtes Industriegebiet in Schleswig-Holstein
Der ChemCoast Park Brunsbüttel ist nach Auskunft der Webseite des Geländes das größte Industriegebiet in Schleswig-Holstein. Ansässig sind dort demnach Unternehmen aus der Chemie- und Mineralölwirtschaft, Energieerzeuger sowie Logistikfirmen.
Der Grünen-Sicherheitsexperte Konstantin von Notz zeigte sich alarmiert über den möglichen Spionagefall. „Der Verdacht, russische Drohnen würden Industrie-, Chemie- und Atomanlagen in Schleswig-Holstein potenziell bedrohen, wiegt schwer“, erklärte der Vorsitzende des für die Geheimdienste zuständigen Kontrollgremiums im Bundestag. Seit Monaten warne er „vor der Skrupellosigkeit russischer Spionage- und Sabotageaktionen“ in Deutschland und Europa. Staatsschützer des Landeskriminalamts Schleswig-Holstein gingen davon aus, dass es sich um russische Drohnen handele, berichtete die „Bild“-Zeitung.
Drohnen über Norddeutschland: Auffälligkeiten begannen vor zwei Wochen
Die Auffälligkeiten begannen vor zwei Wochen. Am 8. August habe der Wachschutz des ChemCoast Park erstmals verdächtige Drohnenflüge gesichtet, berichtete der „Spiegel“. Danach seien fast jede Nacht bis zu vier Drohnen über dem Gelände aufgetaucht. Die Drohnen der örtlichen Polizei konnten demnach mit den verdächtigen Drohnen nicht mithalten, diese könnten über große Entfernungen fliegen und seien bis zu 100 Kilometern pro Stunde schnell.
Nach Informationen der „Bild“ könne es sich um unbemannte „Orlan-10“-Drohnen handeln, die russischen Geräte haben demnach eine Reichweite von 500 bis 600 Kilometern. Diese seien möglicherweise von vermeintlich zivilen Schiffen in der Nordsee aus gestartet und gesteuert worden. Die Drohnen sollen auch ein Kernkraftwerk, ein LNG-Terminal und Chemiebetriebe überflogen haben. „Durch den Überflug über das Kernkraftwerk wurde mehrfach die Flugverbotszone missachtet“, heißt es der Zeitung zufolge in einem Polizeibericht.
Russland: Kritische Infrastruktur im Ausland wird immer wieder zum Ziel
Erst vergangene Woche hatte der Verdacht auf Sabotageaktionen gegen die Bundeswehr Beobachter hierzulande aufgeschreckt. Experten gehen davon aus, dass Russland Sabotage und Angriffe auf kritische Infrastruktur im Ausland als Mittel der hybriden Kriegsführung anwendet. „Wenn sich die militärische Situation verschärfen würde, haben die keine Hemmung, auch Sabotageaktionen in Deutschland durchzuführen“, warnte Ex-BND-Chef Gerhard Schindler vergangene Woche.
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