Berlin. Zwei Nasa-Astronauten müssen lange auf ihren Rückflug warten. Es könnte Silvester werden, bis Boeing seinen Starliner flott kriegt.
Suni Williams (58) und Butch Wilmore (61) haben gewusst, dass sie Pioniere sind. Für die US-Weltraumbehörde Nasa waren sie die ersten Astronauten, die mit dem Boeing-Raumschiff Starliner zur Internationalen Raumstation ISS geflogen sind. Die Nasa hat indes hin und zurück gebucht. Das ist das Problem. Williams und Wilmore schreiben Geschichte. Offen ist nur welche, mit welchem Ende.
Unfreiwillig sind Williams und Wilmore immer noch im All. Eine Woche sollten sie bleiben. Zwei Monaten sind es schon geworden. Weitere sechs Monaten könnten es werden, heiß es nun. Weihnachten und Silvester im All? „Lost in Space“, kalauern die Medien.
Nasa-Astronauten sitzen auf der ISS fest – Rückkehrtermin steht in den Sternen
Eine SpaceX-9-Mission muss verschoben werden, der Start erfolgt frühestens am 24. September. Es staut sich gerade. Ursprünglich sollte die Crew-9 am 18. August starten – immer vorausgesetzt, dass Williams und Wilmore wieder zu Hause wären.
Boeing hat Probleme mit Triebwerksausfällen und Heliumlecks. Es geht um übermäßige Hitze und verformte Teflondichtungen. Ein Rückkehrdatum steht in den Sternen. Vielleicht können die Astronauten planmäßig mit dem Starliner zurück, vielleicht auch nicht.
Die Russen fragen? Eher nicht
Theoretisch könnte die Nasa die Russen um Hilfe bitten. Das ist gerade politisch nicht opportun. Realistischer ist, dass Space-X einspringt, die Firma von Elon Musk. Das Unternehmen hat schon einige Crews zur ISS gebracht.
Für Boeing wäre mit dem Auftrag für den Konkurrenten die Schmach perfekt. Mehr noch: Das ganze Projekt könnte auf der Kippe stehen, obwohl es der Nasa Milliardeninvestitionen wert war, unabhängiger von den Russen zu werden.
Mitte Juli vergab die Nasa an SpaceX eine Studie. Thema: Notfalleinsätze. Es soll um Rückflüge mit sechs statt mit vier Passagieren gehen. Offenkundig ist die Idee, dass Williams und Wilmore mit dem Crew-9 zurückfliegen. Alternativ gibt es noch die Möglichkeit, dass die Hälfte der eigentlich vierköpfigen Crew-9 zur ISS fliegt, sodass Platz für den Rückflug von Williams und Wilmore bleibt.
Elons Musks Chance wäre Boeings Blamage
Erste Option ist allerdings, dass Williams und Wilmore mit dem Starliner zurückkehren, notfalls später. Platz wäre auf der Station, Sauerstoff und Lebensmittel auch. Sie sind erfahrene Astronauten und werden sich kaum langweilen. Wie die Nasa mitteilte, wurden sie in den Arbeitsplan der regulären siebenköpfigen Crew integriert. Williams soll eine hochauflösende Videoausrüstung im Columbus-Modul aufbauen. Instandhaltungsarbeiten stehen an. Wilmore soll die Sanitäranlagen inspizieren. Es gibt genug zu tun.
Auch die Aufenthaltsdauer ist prinzipiell kein Problem. Viele ihrer Kollegen waren ungleich länger im All, die Amerikanerin Peggy Whitson 675 Tage. Den Rekord hält der Russe Oleg Kononenko: Über 1.000 Tage. Und er ist immer noch im All.
Sicherheit hat oberste Priorität
Der Start war reibungslos verlaufen. Nasa-Chef Bill Nelson war stolz auf die Teams, „die so hart gearbeitet haben, um Starliner auf den Weg zur Internationalen Raumstation zu bringen“. Nach erfolgreichen Testflügen war die Mission der Ernstfall. Der Plan ist, dass das Raumschiff Astronauten und Hunderte Kilo Fracht hin und zurück transportiert, etwa wiederverwendbare Tanks.
Vor allem sollte der Starliner bis zu zehnmal wieder verwendet werden. Mit ihm will die Nasa einen eigenen Zugang zur ISS haben, ohne sich jedes Mal nach einer Mitfluggelegenheit umschauen zu müssen, wofür ihnen die Russen Milliarden in Rechnung stellen. .
Nasa-Chef Nelson hat das letzte Wort
Die Nasa verließ sich auf ein Unternehmen, das in den letzten Jahren das Murphy-Prinzip neu definiert hat: Alles, was schiefgehen kann, ist bei Boeing-Flugzeugen schiefgegangen. Für Boeing war der Weltraum-Auftrag die Chance, nach einer Serie von Unfällen und Pannen in der zivilen Luftfahrt das Image aufzupolieren. Aber schon die Tests verliefen suboptimal. In der Branche heißt es, Boeing habe 1,6 Milliarden Dollar Verlust gemacht. Zum Verlustgeschäft kommt dazu, dass die Firma um einen Imagegewinn gebracht wird.
„Wir machen große Fortschritte“, sagte Nasa-Manager Steve Stich in dieser Woche auf einer Pressekonferenz zu den Triebwerk-Problemen. Für einen Start sei man „noch nicht ganz so weit“. Die Sicherheit hat oberste Priorität. Die letzte Entscheidung trifft Nasa-Chef Nelson. Der Sender CNBC will erfahren haben, dass die Starline-Kapsel leer zurückfliegen soll. Darüber werde intern in der Nasa diskutiert. Unlogisch wäre es nicht. Es wäre eine Null-Risiko-Strategie. Zurück mit SpaceX wird immer wahrscheinlicher.
Die Verantwortlichen schwanken hin und her. Mal sind sie zuversichtlich. Dann kommen neue Daten, neue Analysen, andere Diskussionen, „wir könnten uns in einer anderen Richtung wiederfinden.“ Nichts Genaues weiß man nicht.
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