Berlin. Die Boeing-Raumkapsel „Starliner“ brachte zwei Astronauten zur ISS. Wegen Helium-Lecks sitzen sie nun fest – auf unbestimmte Zeit.

Eigentlich sollte es ein großer Triumph werden, als das Raumschiff „Starliner“ am 5. Juni endlich zur Internationalen Raumstation abhob. Das Prestigeprojekt des amerikanischen Luft- und Raumfahrtunternehmens Boeing verzögerte sich bereits seit Jahren. Mit dem Testflug sollten nun zwei Astronauten endlich ein neues Kapitel der bemannten Raumfahrt einleiten. Doch seitdem sie vor knapp drei Wochen erfolgreich an der ISS andockten, sitzen sie fest: Die „Starliner“-Kapsel ist beschädigt – und die Zeit wird knapp.

Wie Boeing und die US-Raumfahrtbehörde NASA bekanntgaben, entdeckten Ingenieure mehrere Helium-Lecks an der Kapsel, als „Starliner“ auf dem Weg zur Raumstation war. Nach Problemen mit den Triebwerken konnte das krisengeplagte Raumschiff außerdem erst im zweiten Anlauf an die ISS andocken. Daraufhin stiegen die NASA-Astronauten aus und lernten die anderen an Bord der ISS stationierten Astronauten kennen. Eigentlich sollten die beiden nur rund eine Woche im All bleiben.

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Boeing-Starliner: Die Zeit wird für die Astronauten knapp

Seitdem gab es mehrere Ankündigungen, wonach die „Starliner“-Kapsel mit den erfahrenen US-Astronauten Butch Wilmore und Sunita Williams zur Erde zurückkehren sollte. Zuletzt war ein Rückflug für Mittwoch angesetzt, der jetzt wieder auf unbestimmte Zeit in den Juli verschoben wurde. Ingenieure von Boeing und NASA arbeiten nun fieberhaft an einer Lösung der Probleme.

Der Treibstoff an Bord des Harmony-Moduls der ISS, an dem „Starliner“ angedockt ist, reicht nur für 45 Tage. Danach muss „Starliner“ zurückfliegen oder die Astronauten müssen an Bord der ISS bleiben. Laut NASA gebe es allerdings auf der Raumstation genug Lebensmittel für die Gestrandeten.

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„Starliner“: Boeings Raumkapsel hat viele Macken

Der „Starliner“ ist ein teilweise wiederverwendbares Raumfahrzeug, das aus einer rund drei Meter hohen Kapsel für die Besatzung und einem Servicemodul besteht und im Unterschied zum „Crew Dragon“ von Elon Musks Firma SpaceX nicht auf dem Wasser, sondern auf der Erde landet. Künftig soll er als Alternative zur „Crew Dragon“-Raumkapsel Astronauten zur ISS bringen.

Die US-Astronauten Suni Williams und Butch Wilmore (in den blauen Overalls) posieren mit der Crew der ISS, nachdem ihre „Starliner“-Kapsel erfolgreich an der Raumstation andockte.
Die US-Astronauten Suni Williams und Butch Wilmore (in den blauen Overalls) posieren mit der Crew der ISS, nachdem ihre „Starliner“-Kapsel erfolgreich an der Raumstation andockte. © AFP | HANDOUT

Die Verzögerungen des Rückflugs begründen die Ingenieure mit einer sorgfältigen Untersuchung der technischen Probleme. „Wir nehmen uns Zeit und folgen unserem standardmäßigem Prozess des Missionsmanagements im Team“, sagte Steve Stich, der Leiter des kommerziellen Besatzungsprogramms der NASA. „Wir lassen uns in unserer Entscheidung hinsichtlich der kleinen Helium-Lecks und der Antriebsprobleme von Daten leiten“, heißt es in dem Statement der NASA.

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Cape Canaveral: Zwei Startversuche mussten in letzter Sekunde abgeblasen werden

Der „Starliner“ hatte 2022 erstmals einen erfolgreichen unbemannten Flug zur ISS absolviert. Doch während die Dragon-Kapsel von SpaceX bereits seit mehreren Jahren Nasa-Astronauten zur ISS befördert, musste Boeings „Starliner“-Programm eine Reihe von Rückschlägen hinnehmen. Bei einem unbemannten Testflug 2019 erreichte die Kapsel wegen eines Software-Fehlers nicht die geplante Flugbahn und musste zur Erde zurückkehren, ohne zur ISS gelangt zu sein.

Der Start in der „Starliner“-Kapsel vom Weltraumbahnhof in Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida musste wegen technischer Probleme mehrfach verschoben werden müssen, bevor er Anfang Juni schließlich glückte. Anfang Mai und Anfang Juni waren zwei Startversuche des „Starliner“ kurzfristig abgeblasen worden. Beide Male saßen die Astronauten bereits angeschnallt auf ihren Plätzen.

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