Berlin. Berlin will demnächst weitere Entschädigungszahlungen für Opfer des Nazi-Terrors leisten. Hat Warschau ein Anrecht darauf?
Bei den ersten polnisch-deutschen Regierungskonsultationen seit 2018 hatte die Bundesregierung am Dienstag etwas Bemerkenswertes im Gepäck. Es handelte sich um ein Finanzpaket, mit dem Berlin die Beziehungen mit Warschau deutlich verbessern will. Darin stecken Finanzhilfen für die Nato-Ostflanke, Geld für ein deutsch-polnisches Erinnerungsprojekt, aber auch: Überlegungen über Entschädigungszahlungen für polnische Opfer des Nazi-Regimes.
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Dies soll eine Geste an die Regierung in Warschau sein, auch wenn sie nun – entgegen Spekulationen im Vorfeld des Treffens – nicht vereinbart wurden. Polens Premierminister Donald Tusk hat in der Vergangenheit betont, dass er eine materielle und moralische Wiedergutmachung von Deutschland für die Schäden des Zweiten Weltkriegs erwarte – trotz der Verzichtserklärung Polens aus dem Jahr 1953. Auch 1991 hat Polen noch einmal zugesagt, keine weiteren Ansprüche polnischer Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Bundesrepublik zu unterstützen. Völkerrechtlich ist die Sache klar: Formell kann Polen keine Ansprüche mehr an Deutschland richten. Es gibt kein Anrecht darauf.
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Seit Kriegsende hat die Bundesregierung freiwillige Zahlungen geleistet: Bis 1991 gingen umgerechnet rund 225 Millionen Euro an polnische Opfer des Nazi-Regimes. Ehemalige polnische Zwangsarbeiter erhielten insgesamt rund eine Milliarde Euro. KZ-Häftlinge und Opfer von pseudomedizinischen Versuchen der SS wurden ebenfalls entschädigt. In den 1970er-Jahren hatten sie fast eine halbe Milliarde Euro erhalten. In Warschau gibt es seit 1992 eine Stiftung mit dem Titel „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“, die rund 2,5 Milliarden D-Mark an überlebende Zwangsarbeiter überwies.
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Angesichts der immensen Zerstörung polnischer Städte bricht sich das Thema der Reparationen allerdings immer wieder Bahn. Forderungen unter der Wortführerschaft der PiS-Partei nach gigantischen Reparationen in Höhe von 1,3 Billionen Euro und schrille anti-deutsche Töne haben das deutsch-polnische Verhältnis in den vergangenen Jahren schwer gestört.
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Polen und der Streit um Reparationen: Historiker sieht wichtigen Schritt
Seit dem Regierungswechsel im Herbst 2023 tritt Polen gegenüber Deutschland selbstbewusster als in der Vergangenheit auf. In dem Dokument, das nun bei den bilateralen Gesprächen diskutiert wurde, heißt es: „Die beiden Regierungen führen einen intensiven Dialog über Maßnahmen zur Unterstützung für die noch lebenden Opfer des deutschen Angriffs und der Besatzung in den Jahren 1939 bis 1945, des Gedenkens sowie der Sicherheit.“ Wie hoch die Zahlungen ausfallen sollen, wurde bisher nicht konkretisiert.
Der polnische Historiker Dariusz Wojtaszyn vom Willy-Brandt-Zentrum in Wroclaw hält es dennoch für einen Erfolg beider Seiten. „Es ist ein Zeichen der Bereitschaft, die Frage der Entschädigung in der neuen politischen Situation nach dem Regierungswechsel in Polen zu diskutieren und eine gemeinsame Lösung zu finden“, sagte Wojtaszyn dieser Redaktion. „Diese Hilfe wird für die Betroffenen sicherlich eine wichtige Unterstützung sein.“ Nach Ansicht Wojtaszyns zeigt die Erwägung der deutschen Regierung deutlich, dass sich die Atmosphäre in den bilateralen Gesprächen eindeutig geändert habe.
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