Berlin. Ein Kurzstreckenflug von Außenministerin Baerbock sorgt für Wirbel. Sie flog mit einer A321. Der Spritverbrauch ist gewaltig.
Weil sie eine Ausnahme vom Nachtflugverbot in Anspruch nahm, wird Außenministerin Annalena Baerbock außerhalb ihrer Partei heftig kritisiert. Wie ein Sprecher der Luftwaffe am Donnerstag auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte, flog die Grünen-Politikerin von Frankfurt nach Luxemburg mit einem Airbus 321-200. Dabei wurde mächtig viel CO2 herausgeblasen. Ihre Klimabilanz: schwer vermittelbar.
Baerbock war nach Frankfurt gereist, um ein EM-Spiel der deutschen Mannschaft zu besuchen. Anschließend wollte sie zu einem EU-Ministertreffen in Luxemburg und danach weiter nach Israel reisen. Daher die große Maschine. Für den 173 Kilometer langen Flug zwischen Frankfurt und Luxemburg wäre der A321-200 eigentlich überdimensioniert.
Das Bundesumweltamt führt auf seiner Homepage einen CO2-Rechner. Man trägt Abflug- und Ankunftsort, Maschine und Flugklasse ein. In der „First Class“ betrüge die Emissionsbilanz 0,06 Tonnen. Da ist man im roten Bereich. Indes ist es nur der Wert einer Linienmaschine.
„Warum musste Baerbock in Frankfurt beim Spiel sein?“
Mit den Jets der Flugbereitschaft der Bundeswehr fliegen zumeist kleinere Delegationen. Der Spritverbrauch beträgt jedenfalls 2.900 Liter. Pro Stunde. Der Flug dauerte etwa 35 Minuten. Der Verbrauch dürfte bei etwa 1.500 Litern liegen. Pro Tonne Kerosin werden 3,16 Tonnen CO2 emittiert. Dazu muss man wissen, dass die Maschinen meist in Köln stehen. Sie fliehen erst halbleer nach Berlin und treten erst dort ihre Reise mit den VIPs an. Auf Flightradar sieht man, dass der Airbus von Luxemburg nach Köln flog und anderntags wieder zurück. Das Reisemanagement der Flugbereitschaft geht allerdings nicht auf Baerbock auf ihr Haus zurück.
Auto oder Bahn wären keine realistischen Alternativen gewesen, nicht zur späten Zeit, kurz vor Mitternacht, und vor allem nicht, weil Baerbock weiter nach Israel fliegen sollte. Der Airbus wäre so oder so geflogen. Die Frage war nur: auf direktem Flug oder via Frankfurt. Es ist in Wahrheit die Frage, was Baerbock eigentlich in Frankfurt zu suchen hatte.
Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki sagt: „Warum musste Baerbock in Frankfurt beim Spiel sein?“ Die Regierung erklärte, der Auftritt sei ein Zeichen der Unterstützung für die Nationalmannschaft. Und: Wie sich Deutschland als Gastgeber geriere, habe „nicht unwesentliche Auswirkungen“ darauf, wie die Welt auf Deutschland schaue. Kurzum: eine Imagefrage.
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Die meisten Kritiker nehmen daran Anstoß, dass die Politikerin auf das Nachtflugverbot pfiff. Ihr Verhalten zeige, dass die Grünen die Partei der Doppelmoral seien. „Striktes Nachtflugverbot für alle, außer für einen selbst“, schimpfte Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange. Es waren noch andere Politiker zum Fußballspiel geflogen. Warum greifen sich die Kritiker Baerbock heraus?
Fallhöhe bei Grünen größer, wenn es ums Klima und Nachtflugverbot geht
Die Fallhöhe ist bei den Grünen größer: Sie treten für das Nachtflugverbot und eine Verkehrspolitik ein, die für möglichst wenig CO2 -Ausstoß steht. Deswegen stehen ihre Politikerinnen und Politiker unter besonderer Beobachtung. Am Freitag spielt Deutschland in Stuttgart gegen Spanien. Und wieder wird man auf der VIP-Tribüne Ausschau halten.
Eigentlich fährt der Frankfurter Flughafen ab 23 Uhr den Betrieb herunter. Planmäßig sind dann keine Starts und Landungen mehr möglich. Ab Mitternacht geht endgültig nichts mehr, es herrscht ein totales Nachtflugverbot.
An diesem Sonntag, es ist der 23. Juni, aber haben es zwei Fluggäste besonders eilig. Olaf Scholz (SPD) und Baerbock, Kanzler und Außenministerin. Beide kommen vom Frankfurter Stadion, unweit des Airports. Gerade hatte Deutschland in der EM gegen die Schweiz gespielt.
Es ist 23.39 Uhr, als die erste Maschine der Luftbereitschaft der Bundeswehr mit Scholz an Bord abhebt. Es ist ein Airbus A319. Um 23.54 Uhr dann, sechs Minuten vor Torschluss, ist Baerbock dran. Ihr Flugzeug ist eine sogenannte „Hot Spare“-Maschine. Das heißt: Sie stand zunächst als Ersatzmaschine für den Kanzler bereit. Sie wurde auch an jenem 23. Juni für ihn vorgehalten und erst nach dem erfolgreichen Start der Maschine mit Scholz freigegeben.
Nicht die einzigen Politiker auf der Tribüne
Beide fliegen – für Normalsterbliche unvorstellbar – mit Sondergenehmigungen; später nach Bekanntwerden der Stein des Anstoßes in der politischen Debatte. Über Ausnahmen vom Nachtflugverbot entscheidet das SPD-geführte hessische Wirtschaftsministerium. Das befand, dass beide Flüge von öffentlichem Interesse seien. Zehn Tage lang bleiben die Sonderflüge politisch unter dem Radarschirm.
Gleich vier Berliner Spitzenpolitiker saßen beim Spiel auf der Tribüne, neben Kanzler und Außenministerin (im Deutschland-Trikot) war auch Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) angereist, während die auch für den Sport zuständige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) ein Heimspiel hatte. Sie kommt aus Hessen. Die Kritik fokussiert sich auf Baerbock, von Scholz redet niemand. Er hält sich bedeckt.
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