Berlin. Die Abschiebungen in Richtung Afghanistan werden nur sehr begrenzt helfen. Die wahren Probleme in der Asylpolitik werden nicht angegangen.

Die große, angeblich erlösende Nachricht dieser Tage ist in Wahrheit nur eine Scheinlösung. Es geht um Abschiebungen von Asylbewerbern nach Afghanistan, die indirekt über Usbekistan laufen sollen. Das werde wichtig, heißt es aus dem Kanzleramt. Da mache man jetzt Tempo, sagen Innenpolitiker.

Vom „Schwedischen Modell“ ist nun die Rede, das beweise ja, dass es ginge. Aber: Aus Schweden wurden in den vergangenen anderthalb Jahren neun Personen nach Afghanistan abgeschoben. Neun. Aus Deutschland könnten es künftig nicht sehr viele mehr sein, weil der Prozess enorm aufwändig ist. 

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Klar ist: Kriminelle Asylbewerber müssen abgeschoben werden können. Auch nach Afghanistan. Doch die Verengung der Debatte darauf ist falsch. So geht der Diskurs in Deutschland am eigentlichen Ziel vorbei. Es braucht eine andere Migrationspolitik und damit einer Verbesserung der Lage. Sowohl für die Menschen, die kommen. Als auch für die Staatsbürger, die sich zurecht hier sicher fühlen wollen. 

Asyl-Bilanz: Ändert eine Absenkung um 103 Euro so viel?

Besonders ein Vorschlag geistert gerade durch die Schlagzeilen. Die Forderung aus der Union und Teilen der FDP, dass Ukrainer künftig kein Bürgergeld mehr bekommen sollten. Darüber kann man schon nachdenken. Aber dass die Ukrainer in Deutschland einen Schutzstatus erhalten, ist unstrittig – die dafür gültige EU-Richtlinie wurde gerade erst (übrigens mitgetragen von Deutschland) verlängert. Damit ist auch klar, dass ihnen im Zweifel Sozialhilfe zusteht.

Tim Kummert, Politik-Korrespondent der ZRB
Tim Kummert ist Politik-Korrespondent in der FUNKE Zentralredaktion. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Manche Ukrainer würden gemäß des neuen Vorschlags dann unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen – diese Menschen bekämen also 460 statt 563 Euro pro Monat. Ändert das so viel? Was in der deutschen Asylpolitik wirklich daneben geht, ist der zähe Kampf um die Bezahlkarte: Eine Art EC-Karte, die verhindert, dass Migranten Gelder an ihre Familien ins Ausland überweisen, die für sie selbst gedacht sind. Vor sieben Monaten kam es zur Einigung, dass die Karte kommen soll.

Seitdem verhandeln die Landesregierungen mit Anbietern, sie reden, sie prüfen – und erst Ende Juli soll überhaupt feststehen, welcher Anbieter es sein soll. Währenddessen versuchen sich erste Kommunen in Pilot-Projekten mit unterschiedlichen Karten. Es ist ein großer Flickenteppich. Das Chaos wächst und die Probleme auch, weil es keine zügige, übergreifende Einigung gibt.

Es braucht eine Entscheidung aus dem Kanzleramt, die klar ist

Zudem ist da die Diskussion um Asylverfahren in Drittstaaten, wo die Migranten vorläufig in Lagern unterbracht werden. Die Idee: Schon im Ausland könnten Flüchtlinge ein Verfahren durchlaufen. Danach soll klar sein, ob sie eine Chance auf ein Bleiberecht in der Bundesrepublik haben. Teile in der Ampelkoalition sind dafür, andere Teile dagegen, immer wieder gibt es neue Wortmeldungen. Es geht hin und her. Das muss gelöst werden – und sei es mit einer Entscheidung aus dem Kanzleramt. Aber einer, die klar ist. 

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    Und dann ist da noch der Kurs Deutschlands innerhalb der EU. Ende des vergangnenen Jahres wurde ein Reform der europäischen Migrationspolitik beschlossen, bei der sich vor allem die Hardliner bestätigt sahen. Doch der Kompromiss bewirkt keine gerechtere Verteilung von Migranten innerhalb der Staatengemeinschaft. Außer, dass diejenigen, die weniger Menschen aufnehmen, künftig Geld dafür bezahlen. Dabei würde die bessere Verteilung von Menschen innerhalb des Staatenbundes wirklich die Lage in Deutschland entlasten. Das wäre dann eine echt Veränderung. Und nicht nur Symbolpolitik.