Düsseldorf. Der EM-Start naht: Die Teams haben schon ihre Quartiere ausgesucht, die Bahn steht vor einem Stresstest, die Polizei wird nervöser.
Am 14. Juni beginnt in NRW mit der Fußball-EM ein Großereignis, das sich nach der WM 2006 zu einem zweiten „Sommermärchen“ entwickeln könnte. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, der Bahn- und der Flugverkehr stehen vor einem Stresstest, und die Sicherheitskräfte müssen mit einer erhöhten Terrorgefahr zurechtkommen.
Sport-Staatssekretärin Andrea Milz (CDU) hat den Sportausschuss des Landtags am Dienstag über den Stand der EM-Vorbereitung informiert. Hier die wichtigsten Ergebnisse.
Fußball-EM: Die Austragungsorte und die Basislager
Vier der zehn EM-Stadien befinden sich in NRW: in Dortmund, Gelsenkirchen, Düsseldorf und Köln. Darüber hinaus haben sich sechs Nationalmannschaften dafür entschieden, ihre „Basislager“ (Basecamps) in NRW einzurichten. Die Nationalmannschaft von Albanien hat in Kamen das „Sport-Centrum Kaiserau“ als Quartier gewählt. Frankreich entschied sich für Bad Lippspringe (Best Western Premier Parkhotel), Georgien wird in Velbert logieren (Best Western Parkhotel), Italien in Iserlohn (Hotel Vierjahreszeiten), Portugal in Harsewinkel-Marienfeld (Hotel-Residence Klosterpforte). Slowenien bevorzugt Wuppertal (Golfhotel Vesper).
Neben passenden Trainingsstätten und bestmöglichem Komfort sollen die Basecamps kurze Wege zu den Spielen und den Trainingseinheiten garantieren. Fünf Tage vor dem ersten EM-Spiel müssen die Teams das Basecamp beziehen und dort mindestens eine öffentliche Trainingseinheit abhalten.
Fußball-EM: Wie steht es um die Sicherheit?
Derzeit liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse zu einer konkreten Gefahr für die EM vor. Allerdings schätzen Land und Bund die Terrorgefahr in NRW nach dem blutigen Anschlag in Moskau weiterhin als „abstrakt hoch“ ein. Das größte Gefährdungspotential gehe von einem Ableger des „Islamischen Staates“ in Afghanistan aus, dem „Islamischen Staat Provinz Khorasan (ISPK)“. Darüber hinaus bestehe „eine große Gefahr durch selbst radikalisierte, allein handelnde Täter“. Der Nahostkonflikt könne die „Tatmotivation“ dieser Menschen weiter fördern.
Zusätzlich zu den Sicherheitskräften aus NRW werden Polizistinnen und Polizistinnen aus allen EM-Teilnehmerländern Delegationen zum Turnier schicken. Darunter werden auch Sicherheitskräfte aus Großbritannien sein. Allein Köln erwartet mehr als 100.000 Fans aus dem Vereinigten Königreich. Mehr als 1600 mit einem Stadionverbot belegte Fußballfans aus England und Wales dürfen laut der englischen Regierung nicht zur EM nach Deutschland ausreisen. Die Teilnehmerländer entscheiden selbst, ob und wie sie gewaltbereite Störer an der Ausreise hindern wollen. Für Einreiseverbote nach Deutschland sei das Bundesinnenministerium zuständig, erklärt die Landesregierung.
Die Städte, in denen gespielt wird, sind verantwortlich für alles, was außerhalb der Stadien geschieht, zum Beispiel für die Fan Zone, Public Viewing, Mobilität und Sicherheit.
Fußball-EM: Bewältigen die Bahnen den Ansturm der Fußballfans?
Die Bahn wird „vorrangiger Verkehrsträger“ für die EM sein, auch in NRW. Für Nutzer des Nah- und Fernverkehrs muss das angesichts des maroden Bahnbetriebs an Rhein und Ruhr wie eine Drohung klingen. Allerdings soll eine „EM-Sonderlinie“ vier Wochen lang alle vier Spielorte im Stundentakt miteinander verbinden. Sie verkehrt während der EM zwischen Köln und Dortmund mit Halten in Köln Hbf, Köln Messe/Deutz, Düsseldorf Hbf, Duisburg Hbf, Oberhausen Hbf, Essen-Altenessen, Gelsenkirchen Hbf, Wanne-Eickel Hbf, Herne, Castrop-Rauxel Hbf, Dortmund-Mengede und Dortmund Hbf. Täglich werden auf dieser Linie 16 zusätzliche Zugfahrten pro Richtung angeboten. „Die Linie steht allen offen, nicht nur Fußballfans“, so die Landesregierung. Die Rhein-Ruhr-Express-Linien (RRX) 1, 4, 5 und 6 erhalten an den Spieltagen zusätzliche Zugteile.
Die sechs Flughäfen in NRW (Düsseldorf, Köln/Bonn, Dortmund, Paderborn/Lippstadt, Niederrhein/Weeze und Münster/Osnabrück) könnten die steigende Nachfrage nach Reisen zur EM gut auffangen, heißt es.
Fußball-EM: Unterkünfte zu Luxuspreisen
Die EM dürfte viel Geld in die Kassen von Vermietern spülen. Ein Vertreter der Stadt Gelsenkirchen sagte im Sportausschuss: „In Gelsenkirchen werden während der Spielzeiten Preise aufgerufen, die zahlt man sonst in Paris nicht.“
Fußball-EM: Ohne Freiwillige (Volunteers) geht es nicht
Die Rekrutierung von freiwilligen Helferinnen und Helfern (Volunteers) ist abgeschlossen. Auf die 16.000 Plätze für Freiwillige in Deutschland hätten sich 146.000 Frauen und Männer beworben, so Staatssekretärin Milz. Gelsenkirchen kalkuliere mit 1230 Volunteers, Köln und Dortmund mit je 1450, Düsseldorf mit 1560. Das Training für die Freiwilligen laufe. Sie sollen unter anderem Fans mit Rat und Tat zur Seite stehen, den Zugang der Teams und der Fans in die Stadien übrwachen, Ansprechpartner für Medienvertreter sein, Menschen mit Behinderungen unterstützen und dem Anti-Doping-Team der Uefa helfen.
Die „EM der Überstunden“: Bis zu zwölf Stunden Arbeit am Tag sind erlaubt
Die EM 2024 ist in eine „EM der Überstunden“. EM-Beschäftigte – zum Beispiel Security-Leute, Helfer in den Stadien, Medienvertreter sowie UEFA- und DFB-Beschäftigte-- dürfen ausnahmsweise ab Mai in NRW bis zu zwölf Stunden täglich arbeiten – obwohl das Gesetz das eigentlich verbietet. Die NRW-Landesregierung hat diese Überstunden in Absprachen mit den Gewerkschaften ausdrücklich erlaubt. Begründet wird dies mit dem großen Interesse der Öffentlichkeit an der EM. Eine flächendeckende Überwachung des Arbeitsschutzes sei nicht vorgesehen, steht in der Antwort des Arbeitsministeriums auf eine SPD-Anfrage. SPD-Landtagsfraktionsvize Lisa-Kristin Kapteinat fordert die Regierung auf, „gerade bei solchen Ausnahmen auch wirklich hinzuschauen“.
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