Essen. Online-Shops aus China fluten den Markt mit Billigmode. Ausgerechnet die Generation Z ist treuer Kunde. Ein Land sagt Fast Fashion den Kampf an.

Die Modewelt dreht sich immer schneller. Chinesische Online-Plattformen wie Shein oder Temu produzieren stylische Kleidungsstücke im High-Speed-Modus. Shirts, Hoodies, Cocktailkleider – über 1000 neue Produkte zu extrem günstigen Preisen und in minderer Qualität kommen nach Angaben von Branchenexperten täglich neu auf die Websites der Fashion-Riesen – um nach kurzer Zeit in den Altkleidercontainer zu wandern. Denn: Was kaum etwas kostet, kann auch nicht weiterverkauft werden. Ein Alptraum für Umwelt, Ressourcenschutz und Menschenrechte, kritisieren Organisationen wie Greenpeace oder die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.

EU rügt Umweltfolgen der Wegwerfmode: Nur ein Prozent wird zu neuer Kleidung recycelt

Ultra-Fast-Fashion heißt das Geschäftsmodell, das die Fast-Fashion von H&M, Zara oder Primark auf die Spitze getrieben hat. Die Wegwerfmode wird in Massen zu sehr niedrigen Preisen auf den Markt geworfen. Oft bestehen die Produkte aus Polyester, das aus Öl hergestellt wird und beim Waschen Mikroplastik freisetzt. Die Umweltfolgen von Wegwerfmode hat die EU-Umweltagentur in Zahlen gefasst. Jeder Europäer kauft im Schnitt 26 Kilogramm Textilien pro Jahr und wirft davon elf Kilo weg. Schätzungen zufolge ist die Modebranche weltweit für zehn Prozent der Treibhausgase verantwortlich.

Um ein einziges Baumwoll-T-Shirt herzustellen, werden laut EU-Angaben etwa 2700 Liter Süßwasser gebraucht, was der Menge entspreche, die eine Person in 2,5 Jahren trinkt. Das Waschen synthetischer Produkte führe dazu, dass sich jährlich mehr als eine halbe Million Tonnen Mikroplastik auf dem Grund der Ozeane ansammeln. Weniger als die Hälfte der Altkleider werde zur Wiederverwendung oder zum Recycling gesammelt, und nur ein Prozent zu neuer Kleidung recycelt. Das ist das Gegenteil von Nachhaltigkeit.

Generation Z lässt sich auf TikTok von Influencern ködern

Doch ausgerechnet die Generation Z, der ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein zugeschrieben wird, kann der supergünstigen Billigmode offenbar kaum widerstehen. Es sind vor allem Frauen unter 25 und Teenies, die bei Shein, Temu und Co. shoppen. Dass die Unternehmen durch sie Milliardenumsätze erzielen, liegt vor allem an einer ausgeklügelten Social-Media-Strategie auf TikTok und der Zusammenarbeit mit Influencern, die immer wieder neue Trends kreieren.

Frankreich ist das erste EU-Land, das nun im Alleingang gegen Fast-Fashion vorgehen will. Vor wenigen Tagen haben die Abgeordneten der Nationalversammlung einem Gesetzentwurf zugestimmt, der für Anbieter von Billigmode in Frankreich eine Abgabe für jedes verkaufte Kleidungsstück vorsieht. Die Billigpreise der Unternehmen sollen durch Zuschläge erhöht werden, die die Umwelt- und Sozialstandards bei der Produktion berücksichtigen.

Bis 2030 soll die Strafzahlung je Kleidungsstück auf zehn Euro steigen, maximal aber 50 Prozent des Kaufpreises betragen. Der Entwurf, der nun vom Senat verabschiedet werden muss, sieht vor, die Einnahmen zu verteilen. Firmen könnten künftig dafür belohnt werden, wenn sie defekte Kleidung reparieren oder öffentliche Aufklärungskampagnen schalten. Die größten Umweltsünder will Frankreich mit Werbeverboten belegen. Selbst TikTok soll der Bannstrahl treffen: Influencer sollen dort nicht mehr Wegwerfmode werben dürfen.

Vier wichtige Textilsiegel (im Uhrzeigersinn): Global Organic Textile Standard (GOTS), Oeko-Tex Made In Green, das Siegel Fairtrade Baumwolle und das Siegel des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft.
Vier wichtige Textilsiegel (im Uhrzeigersinn): Global Organic Textile Standard (GOTS), Oeko-Tex Made In Green, das Siegel Fairtrade Baumwolle und das Siegel des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft. © HO | Lena Lübner

Immer mehr Menschen legen Wert auf Kleidungsstücke, die ökologisch und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Doch wie nachhaltig oder hochwertig Textilien wirklich sind, können Verbraucher kaum erkennen. Auf Hosen oder Shirts finden sich zwar viele Siegel oder Prüfzeichen. Bei vielen Labels aber bleibt unklar, nach welchen Standards sie vergeben wurden. Wir erklären Ihnen vier wichtige Textilsiegel und die Standards, für die sie stehen.

IVN Best – das Siegel des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft

Das Label des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft ist laut Greenpeace das ökologisch strengste Siegel. Das Gewebe des Textils muss zu 100 Prozent aus ökologisch zertifizierten Naturfasern bestehen, synthetische Fasern sind ausgeschlossen. Das Siegel garantiert die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen. Diese Sozialstandards der International Labour Organisation sollen menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen hinreichenden Arbeitsschutz gewährleisten. Zu den Grundprinzipien zählen etwa die Abschaffung von Kinderarbeit oder das Verbot von Diskriminierung im Beruf.

Global Organic Textile Standard (GOTS)

Mit diesem Siegel dürfen nur Textilien ausgezeichnet werden, die mindestens 70 Prozent Fasern aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft enthalten. GOTS regelt und zertifiziert zudem die gesamte textile Wertschöpfungskette vom Anbau bis zum fertigen Produkt, auch nach den ILO-Kriterien.

Das Siegel Fairtrade Baumwolle von Fairtrade International

Dieses Siegel kennzeichnet Rohbaumwolle, die fair angebaut und gehandelt wurde, erklärt die Verbraucherzentrale NRW auf ihrer Webseite. Ein Mindestpreis soll den Bauern helfen, die Kosten einer nachhaltigen Produktion zu decken. Produzenten erhalten eine Fairtrade-Prämie für Gemeinschaftsprojekte. Die Fairtrade-Standards sind deutlich höher als die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und gelten auch für die weiteren Verarbeitungsstufen. Hinter dem Siegel steckt Fairtrade International (Fairtrade Labelling Organizations International), eine 1999 gegründete Dachorganisation für fairen Handel mit Sitz in Bonn.

Unsere Berichterstattung zum Fund des verbotenen Weichmachers:

Das Siegel Oeko-Tex Made in Green

Das Siegel zählt zu den strengsten Label. Die damit gekennzeichneten Textilien sind auf Schadstoffe geprüft. Gleichzeitig hat das Siegel die komplette Produktionskette im Blick, so die Verbraucherzentrale NRW. Gefordert und überprüft werden faire Arbeitszeiten und Löhne sowie Arbeitsschutz und das Verbot von Kinderarbeit. Laut Greenpeace findet sich das Label von Alltags- über Outdoor- bis hin zu Berufsbekleidung.

Wo Verbraucher Informationen finden

Die Verbraucherzentrale NRW erklärt auf dieser Seite, wie Verbraucher faire Kleidung erkennen können und wie sich die wichtigsten Label unterscheiden. Die Initiative Siegelklarheit des Bundesmnisteriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung führt eine Liste aller Prüfzeichen, darunter auch die Label der Textilwirtschaft. Greenpeace bietet im Netz den Report „Die Label-Masche“ an. Darin analysieren die Autoren die Nachhaltigkeits-Versprechen der Textilindustrie und vergleichen Prüfsiegel, die Modemarken in Eigenregie entworfen haben.

Dies ist ein Artikel aus der Digitalen Sonntagszeitung. Die Digitale Sonntagszeitung ist für alle Zeitungsabonnenten kostenfrei. Hier können Sie sich freischalten lassen.Sie sind noch kein Abonnent? Hier geht es zu unseren Angeboten.