Düsseldorf. Die Landesregierung wehrt sich gegen Vertuschungsvorwürfe. Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit. Wichtige Fragen sind immer noch offen.

Die Landesregierung hat Vorwürfe, die Öffentlichkeit nur schleppend über gesundheitsgefährdende Weichmacher in Kinderurin zu informieren, zurückgewiesen. Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit. Für Alarm gebe es keine Veranlassung, denn wichtige Fragen seien noch offen, hieß es am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Landtags.

Weichmacher im Kinderurin: „Gesundheitlich noch nicht einzuordnen“

„Wir haben diese Befunde im Urin, können sie aber gesundheitlich nicht einordnen, und wir wissen nicht genau, aus welchem Stoff der Weichmacher hervorgeht und welche Produkte für das Auftreten verantwortlich sind“, sagte eine Vertreterin des NRW-Umweltministeriums.

Derzeit müssten keine Produktrückrufe oder dringliche Warnungen an die Bevölkerung ausgesprochen werden, so die Referatsleiterin. Laut einer Vertreterin des NRW-Verbraucherschutzministeriums stehen gerade insbesondere Sonnenschutzmittel „in Rede“, für die Belastung mit einem Abbauprodukt des verbotenen Weichmachers Di-n-hexyl-Phthalat (DnHexP) verantwortlich zu sein. Sie sagte weiter: „Hier ist es zunächst ganz wichtig, dass wir diese Analytik – denn wir hatten bislang Sonnenschutzmittel nicht auf dem Schirm – etablieren müssen. Das ist ganz klar. Wir haben im Moment in den Untersuchungsämtern eine Menge an Proben liegen, die untersucht werden. Ich habe heute kurzfristig einen Bericht bekommen. Da wird mir mitgeteilt, dass wir derzeit 25 abgeschlossene Proben seit dem 18. November bis jetzt haben. Es liegen noch eine Menge mehr Proben bei den Untersuchungsämtern, die natürlich in Bearbeitung sind, weil diese noch untersucht werden müssen.“

Aufgrund von aktuellen Informationen des Umweltbundesamtes werde in die aktuelle Probenplanung in NRW ein Untersuchungsschwerpunkt auf Phthalate und UV-Filter in Sonnenschutzmitteln aufgenommen. Im Rahmen von weiteren Untersuchungen in diesem Jahr sollen außerdem ganzjährig weiterhin kosmetische Mittel wie Nagellacke, Parfüm, Mundspülungen auf das Vorkommen von Phthalaten untersucht werden, so die Expertin des Verbraucherschutzministeriums.

Weichmacher im Kinderurin: Ernster Hinweis auf Gefahren oder nur „Alarmismus“?

Die Opposition aus SPD und FDP kritisiert, dass die Öffentlichkeit erst Ende Januar und damit knapp vier Monate nach der Entdeckung der hormonschädlichen Chemikalie im Kinderurin informiert worden war. CDU und Grüne werfen den anderen Fraktionen „Skandalisierung“ und „Alarmismus“ vor.

Das NRW-Umweltministerium bestätigt gegenüber dem Ausschuss, bereits am 19. Oktober 2023 durch einen Bericht des Landesumweltamtes (Lanuv) vom Fund des Weichmachers erfahren zu haben. Der Verdacht habe sich aber erst Mitte Dezember erhärtet. Das Lanuv berichtete im Herbst, dass bei einer Nachuntersuchung der Urinproben von Kita-Kindern aus den Jahren 2020/21 ein Abbauprodukt des in Europa verbotenen Weichmachers DNHexP entdeckt worden sei.

Im April will eine Expertenkommission des Umweltbundesamtes darüber beraten, wie groß die Risiken für die Bevölkerung sind.

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