Berlin. Der Westen scheint kriegsmüde, doch die Ukraine ist auf Hilfe angewiesen. Auch global hätte ein Sieg Putins dramatische Konsequenzen.

Der ukrainische PräsidentWolodymyr Selenskyj wird am Freitag zu Gesprächen in Paris und Berlin erwartet, am Samstag soll er auf der Münchener Sicherheitskonferenz sprechen. Er reist aus einem Land an, das den zweiten Kriegswinter durchleidet, dessen Gesellschaft zutiefst verunsichert ist und in dem die militärische Lage an der Front immer schwieriger wird.

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Als die russische Invasion im Februar vor zwei Jahren begann, einte ein wütender Widerstandswille die im Land verbliebenen Ukrainerinnen und Ukrainer. Bemerkenswerte militärische Erfolge – die Rettung Kiews, die Befreiung Chersons, die Rückeroberung tausender Quadratkilometer im Raum Charkiw – nährten die Hoffnung auf einen möglichen Sieg über die russischen Aggressoren.

Zwei Jahre Krieg: Der zähe Kampf ukrainischer Soldaten

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    Im ersten Kriegswinter herrschte eine Art entschlossener Fatalismus. Obwohl Putin ukrainische Städte in Kälte und Dunkelheit bomben ließ, konnte er die Moral nicht brechen. Ab dem Frühjahr 2023 gab es Grund zu neuem Optimismus, weil die russische Winteroffensive ins Leere gelaufen war und die ukrainische Gegenoffensive bevorstand, für die Kiew mit modernen westlichen Kampf- und Schützenpanzern, allerdings ohne die notwendige Luftunterstützung ausgerüstet worden war.

    Ukraine: Die dritte Phase des Kriegs hat begonnen

    Mit dem Scheitern der Gegenoffensive im Herbst 2023 hat die dritte Phase begonnen. Sie ist geprägt von Frustration. Viele der kampferfahrenen Soldaten sind tot oder nicht mehr einsatzfähig. Alle, die von Anfang an dabei sind, sind müde. Jetzt müssen Männer mobilisiert werden, die sich nicht freiwillig melden wollten. Das sorgt für Unruhe. Die Methoden von Rekrutierungsoffizieren werden kritisiert. Neue Rekruten müssen oft nach nur kurzer Ausbildung an die Front.

    Jan Jessen berichtet für die FUNKE Zentralredaktion aus der Ukraine.
    Jan Jessen berichtet für die FUNKE Zentralredaktion aus der Ukraine. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

    Den Soldaten geht die Artillerie-Munition aus, die westlichen Waffensysteme können manchmal mangels Ersatzteilen nicht genutzt werden. Die Angst ist groß, dass die USA als wichtigster Unterstützer ausfallen könnten. Die Russen greifen ihrerseits auf ein schier unerschöpfliches Menschenreservoir zurück, haben ihre Rüstungskapazitäten ausgebaut, drücken an allen Frontabschnitten und attackieren ohne Rücksicht auf eigene Verluste.

    Der Westen scheint kriegsmüde. Die ist aber mehr denn je auf moralische, finanzielle und militärische Unterstützung angewiesen. Die westlichen Partner müssen mehr liefern als das, was gerade zum Überleben reicht. Ohne eine nachhaltige Unterbindung der russischen Nachschublinien werden die Truppen Moskaus an der Front absehbar durchbrechen. Deswegen ist die Bereitstellung weitreichender, präziser und schlagkräftiger Waffensysteme unabdingbar. Es ist beispielsweise überfällig, dass Deutschland die Taurus-Marschflugkörper liefert, um die das ukrainische Militär seit Langem bittet.

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    Global hätte ein Sieg Putins dramatische Konsequenzen

    Die ukrainische Bevölkerung sehnt sich nach Frieden. Jedoch gibt es trotz aller Frustration und Verunsicherung nur wenige Menschen, die bereit sind, dafür auf ein Fünftel des eigenen Landes zu verzichten. Denn das hieße: Putin würde für seine völkerrechtswidrige Aggression belohnt. Die Opfer wären vergebens gewesen.

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    Global hätte ein Sieg des russischen Diktators dramatische Konsequenzen. Putin hätte bewiesen, dass man, um die Freiheit und die Demokratie zu besiegen, nur einen langen Atem und genügend entschlossene Brutalität braucht.

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    Gewinnt Putin, gewinnen alle Diktatoren dieser Welt. Dann bricht das System der internationalen Ordnung zusammen, und es beginnt eine Zeit des geopolitischen Darwinismus. Das sollte denjenigen klar sein, die dem ukrainischen Präsidenten bei der Münchener Sicherheitskonferenz zuhören.

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