Jerusalem. Statt seinen Vater zu beerben, arbeitete Mosab Hassan Yousef als Spion für Israels Geheimdienst – und warnt bis heute vor der Hamas.
Sie nannten ihn den „grünen Prinzen“: Grün ist die Farbe der islamistischen Terrororganisation Hamas, deren Ziel die Auslöschung Israels ist. Ein Prinz war er, weil sein Vater Scheich Hassan Yousef die Hamas mitbegründet hatte. Er, Mosab Hassan Yousef, sollte einst das Erbe des Vaters antreten. Schon als Jugendlicher war er in der Hamas engagiert und auf dem besten Weg, seinem Vater zu folgen.
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Schließlich kam alles ganz anders. Heute zählt der 45-Jährige, der an einem geheim gehaltenen Ort in den USA lebt, zu den erbittertsten Kritikern der Hamas. Obwohl es ihn das Leben kosten könnte, tritt Mosab Hassan Yousef auch jetzt, inmitten des Gaza-Kriegs, wieder vor Fernsehkameras und fordert die Welt auf, Israel beim Kampf gegen die Hamas zu unterstützen. Zuletzt tat er das am Montag in einem Interview mit dem US-amerikanischen Fernsehsender CNN.
Ob ihn die barbarische Gewalt, die die Hamas-Terroristen am 7. Oktober über Israel brachten, überrascht habe, wurde er gefragt. „Ihre Brutalität hat mich nicht überrascht“, sagt Yousef. Die nackte Gewalt, die Folter, das habe er schon als Kind gekannt. Er habe dabei zusehen müssen, wie brutal die Hamas gegen Palästinenser vorging, die sie der Kollaboration mit Israel verdächtigte. „Sie haben viele Menschen ermordet, auch Leute, die ich kannte. Sie steckten Menschen Nadeln unter die Fingernägel, ich habe das selbst mitangesehen“, so Yousef.
Als Teenager saß Yousef wiederholt in israelischen Gefängnissen. Das erste Mal mit zehn Jahren, weil er jüdische Siedler im Westjordanland mit Steinen angegriffen hatte. Später wurde ihm Beteiligung am Terror vorgeworfen. Während einer seiner Inhaftierungen nahm er das Angebot, dem israelischen Geheimdienst als Quelle zu dienen, an. Von da an war er zehn Jahre lang als Spion für Schin Bet tätig.
In dieser Zeit soll er mehrere Terroranschläge im Zuge der Zweiten Intifada vereitelt haben. Auch half er mit, prominente Hamas-Leute an die Israelis auszuliefern – nicht zuletzt den eigenen Vater. Scheich Hassan Yousef hat mehr als ein Drittel seines Lebens in israelischen Gefängnissen verbracht. Dass sein Sohn ihn ausgeliefert hat, könnte ihm aber das Leben gerettet haben – schließlich stand er auf der Abschussliste des Mossad.
Mosabs Vater hat mit ihm gebrochen
Im Jahr 2007 verdichteten sich die Anzeichen, dass Mosab Hassan Yousefs Spionagetätigkeit aufgedeckt werden könnte. Aus Angst um sein Leben flüchtete er in die USA, wo er seither lebt. Wenn er ein Hotelzimmer bucht, tut er es unter einem Pseudonym. Seine Geschichte scheut er aber nicht, mit der Öffentlichkeit zu teilen: Er hat ein autobiografisches Buch veröffentlicht, das später verfilmt wurde. Auch sprach er sich öffentlich gegen den Islam aus. So sagte er zum Beispiel auf einer Konferenz, die freie Welt müsse sich gegen den Islam vereinigen, nicht jedoch gegen Muslime.
Mosabs Familie hat längst mit ihm gebrochen. Äußerst unüblich für palästinensische Verhältnisse hat sein Vater sich sogar öffentlich von seinem Sohn distanziert. Im Jahr 2010 erklärte Hassan Yousef in einem öffentlichen Brief aus dem Gefängnis, dass sein Erstgeborener Mosab nicht mehr als Teil der Familie zu betrachten sei.
Auch der Bruder ist aus der Hamas ausgetreten
Erst dreizehn Jahre nach Mosabs Ausstieg stellte auch sein Bruder Suheib seine Hamas-Tätigkeit ein. Suheib hatte von der Türkei aus Nachforschungen für die Hamas übernommen. Mit ausgeklügelter Überwachungssoftware wurden Telefonate von Palästinensern, aber auch von Israelis abgehört, erzählte Suheib im Jahr 2019, als er sich in einem nicht näher genannten südostasiatischen Land einem israelischen TV-Reporter anvertraute. Anders als bei seinem älteren Bruder waren es aber nicht die Gräuel der Hamas, die Suheib veranlassten, der Hamas den Rücken zu kehren, sondern die korrupten Machenschaften. Von Mosab distanzierte sich Suheib: Nie wäre es ihm eingefallen, für die Israelis zu spionieren.
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Mosab Hassan Yousef hingegen steht heute radikal auf der Seite Israels. Israel verdiene momentan „jede Unterstützung, die es braucht“.
Die Welt müsse die Gleichung „Blut für Geld“, die von der Hamas über Jahre hinweg aufgestellt wurde, unterbrechen: „Alle paar Jahre, wenn sie Geld brauchen, starten sie einen Krieg, vergießen sie das Blut von Kindern. Das muss ein Ende haben.“
„Es tut mir leid für die israelischen Soldaten“
Eine Bodenoffensive im Gazastreifen sei der einzige Weg, glaubt Yousef. „Es tut mir leid für die israelischen Soldaten, dass sie nach Gaza einmarschieren müssen, wo sie bei jedem Schritt auf Sprengfallen treffen. Ich weiß nicht, wie viele israelische Soldaten werden sterben müssen, um die Hamas zu beseitigen.“ Es sei aber die einzige Lösung. „Eine unfertige Operation wird in der Zukunft zu einem noch größeren Desaster führen.“
Den israelischen Streitkräften rät Yousef, nichts zu überstürzen. „Lasst euch Zeit, sammelt so viele Geheimdienstinformationen wie möglich.“ Das Tunnelnetzwerk der Hamas in Gaza sei extrem gut ausgebaut. Selbst die modernste Armee der Welt sei dafür nicht ausgerüstet. „Am wichtigsten ist aber, dass wir die Zivilisten da herausbringen“, sagt Mosab. Die Kinder, die im Gazastreifen aufwuchsen, „hatten keine andere Wahl“.
„Die Hamas kümmert sich nicht um die Palästinenser“, sagt Yousef, der seit seiner Konvertierung zum Christentum auch Joseph genannt wird. „Sie kümmert sich nur um sich selbst.“ Der Terrorgruppe gehe es nicht nur darum, Israel zu vernichten und alle Israelis und deren Unterstützer unter den Palästinensern zu ermorden. Vielmehr verfolge die Hamas eine globale Agenda. „Es geht ihnen darum, auf den Trümmern der Zivilisation einen islamischen Staat zu errichten.“
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