Berlin. Hunderte Kilometer Tunnel durchziehen Gaza – für Israel im Krieg eine große Gefahr. So will das Militär die Hamas-Geheimgänge sprengen.
- Hunderte Kilometer Tunnel sollen den Gazastreifen durchziehen und bis nach Ägypten reichen
- In ihnen verstecken sich Hamas-Kämpfer und erreichen so unentdeckt ihre Ziele
- Für Israel eine große Gefahr, gegen die besondere Waffen helfen sollen
Sie sind der größte Trumpf der Hamas und ein Schreckensszenario für Israels Militär: Tief unter der Erde des Gazastreifens hat die islamistische Terrororganisation ein komplexes, weitverzweigtes Tunnelnetzwerk angelegt. Von Rafah im Süden bis nach Gaza-Stadt im Norden sollen nach Expertenschätzungen etwa 480 Kilometer Tunnel verlaufen und ein gigantisches System bilden, das die Hamas-Kämpfer dazu nutzen, um sich zu verstecken und Waffen in den Gazastreifen zu schmuggeln. Zu diesem Zweck wurden einige der Tunnel bis auf ägyptischen Boden ins Erdreich getrieben.
Zwar ist es den israelischen Streitkräften wiederholt gelungen, Teile des Tunnelsystems zu zerstören – doch die Hamas hat in den vergangenen Jahren immer wieder neue angelegt. Die meisten sind etwa einen Meter breit und etwa zwei Meter hoch, andere so groß, dass sie sogar Platz für Fahrzeuge wie Autos bieten.
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Die „Terror-Tunnel“ der Hamas sind bei der israelischen Militärführung gefürchtet. Ihre Ein- und Ausgänge liegen gut versteckt und sind nur hochrangigen Hamas-Kämpfern bekannt. Yossi Mekelberg, Israel-Experte der Londoner Denkfabrik Chatham House, weiß, welche Gefahr sie bei einer Bodenoffensive für israelische Soldaten bedeuten würden. 2014 seien bei Kämpfen in Gaza israelische Soldaten in einen Tunnel eingedrungen, von Hamas-Kämpfern umzingelt und niedergemacht worden.
Bunkerbrecher im Einsatz: Zerstörung der Hamas-Tunnel hat hohe Priorität für Israel
Die Zerstörung des Tunnelsystems hat deshalb für die israelische Militärführung eine hohe Priorität. Allerdings ist das Netzwerk von Bodentruppen kaum zu zerstören. Dafür bedarf es einer anderen, weit mächtigeren Waffe. Das israelische Militär könnte zu diesem Zweck bunkerbrechende Waffen, sogenannte „Bunker Buster“, einsetzen.
Schon während vergangener Konflikten mit der Hamas setzte Israel bunkerbrechende Bomben des Typs GBU-28 ein. „Das sind ziemlich mächtige, aber auch Furcht einflößende Waffen“, sagte Militärexperte Yossi Mekelberg dem Fernsehsender Al Jazeera. Die GBU-28 wird aus großer Höhe von einem Kampfflugzeug abgeworfen. Ein Laserstrahl visiert das Ziel an, bevor das elektrooptische Leitsystem die Bombe ins Ziel steuert.
Das Besondere dabei: Das Geschoss dringt erst bis zu 30 Meter tief in den Boden ein, bevor es detoniert. Die 2,3 Tonnen schweren Bomben können mit bis zu 550 Kilogramm Sprengstoff beladen werden und entfalten eine enorme Sprengkraft, die in der Lage ist, ganze Tunnelsysteme zu zerstören. Die GBU-28 dringt mit Leichtigkeit auch durch zehn Meter dicken Stahlbeton.
Bunkerbrechende Waffen könnten zu erheblichen Kollateralschäden führen
Und: Die GBU-28 ist noch nicht einmal die schärfste Waffe, die Israels Militär einsetzen könnte. In den USA wurde bereits vor Jahren ein Nachfolgemodell, die GBU-43, entwickelt. Die sogenannte „Mutter aller Bomben“ kann sogar bis zu 50 Meter tief in den Boden eindringen. Im April 2017 setzten die US-Streitkräfte eine solche Waffe gegen eine mutmaßliche IS-Kommandozentrale in Afghanistan ein. Nach Angaben des amerikanischen Investigativ-Journalisten Seymour Hersh soll die US-Regierung unter Barack Obama den Verkauf der GBU-43 an Israel genehmigt haben.
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Sind bunkerbrechende Waffen also die Lösung für das Problem der Hamas-Tunnel? Zwei Punkte sprechen dagegen. So würde ihr Einsatz zu enormen Kollateralschäden führen. Die Explosion und die daraus resultierende Schallwelle würde „alle im Umkreis von einer halben Meile töten“, sagte ein ehemaliger Angehöriger der israelischen Streitkräfte IDF dem Journalisten Seymour Hersh. Für die Geiseln in Hamas-Gefangenschaft, aber auch für die Zivilbevölkerung in Gaza, könnte dies verheerende Folgen haben.
Der zweite Punkt wäre für Israel ebenfalls folgenschwer. Militärexperten befürchten, dass selbst die GBU-43 nicht tief genug ins Erdreich dringen könnte, um alle Tunnel zu zerstören. Einige von ihnen lägen tiefer als 50 Meter und würden unversehrt bleiben. Im Oktober 2020 entdeckte das israelische Militär wenige Meter vor der Grenze zu Israel einen Tunnel, der sogar 70 Meter unter der Erdoberfläche verlief. Er war fast fertiggestellt und so umfangreich, dass größere Mengen an Munition und Verpflegung gelagert werden konnten.