Berlin. Schon im 6. Jahrhundert sollen Soldaten aus Britannien im heutigen Nahen Osten gekämpft haben. Das soll ein berühmter Helm beweisen.

Der Helm von Sutton Hoo ist einer der bedeutendsten archäologischen Funde von Großbritannien. Das angelsächsische Artefakt wurde 1939 von Archäologen zusammen mit zahlreichen anderen Grabbeigaben in dem Schiffsgrab von Sutton Hoo in der Grafschaft Suffolk entdeckt. Der wahrscheinlich aus dem 7. Jahrhundert stammende Helm, reich verziert mit symbolischen und kunstvollen Motiven, war ein Statussymbol, das den Träger sowohl schützte als auch von anderen Kriegern abhob.

Obwohl der Fund wohl so gut erforscht ist wie kaum ein Zweiter im Vereinigten Königreich, vermutet eine Historikerin der Universität Oxford eine spannende Verbindung in den Nahen Osten. In einer neuen Studie beschreibt Helen Gittos, dass der Helm und ein Kettenhemd aus dem Grab charakteristische Merkmale aufweisen, die darauf hindeuten, dass es sich um Kopien byzantinischer Rüstungen handelte.

Schiffsgrab von Sutton Hoo: Britische Söldner könnten für Byzanz gekämpft haben

Die Dozentin für mittelalterliche Geschichte in Oxford hat auch eine Theorie für die Ähnlichkeiten. Sie vermutet, dass angelsächsische Krieger im sechsten Jahrhundert als Söldner für das Byzantinische Reich kämpften. Das Byzantische Reich war die östliche Hälfte des römischen Reichs, das bis in das 15. Jahrhundert überdauerte.

Bei einem der reich Bestatteten in Sutton Hoo handelt es sich womöglich um den frühen König des angelsächsischen Königreichs East Anglia, Rædwald. Laut Gittos könnte der höchstpersönlich die byzantinische Rüstung aus dem damaligen Fernen Osten mitgebracht haben.

Helm und Kettenhemd sind dabei jedoch im angelsächsischen Stil angefertigt worden, was Gittos glauben lässt, dass englische Arbeiter eine verzierte Kopie des Originals anfertigten, in dem der vermeintliche Rædwald begraben wurde.

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Byzantisches Reich rekrutierte vielleicht auch auf den britischen Inseln

Die Forscherin wurde durch ihre Studie von Kupferobjekten der Zeit angeregt. Die kamen überraschenderweise um 600 n. Chr. aus dem östlichen Mittelmeer nach Britannien. Auch andere Beigaben in dem Grab in Sutton Hoo kamen nachweislich aus Byzanz, wurden allerdings als Geschenke für die begrabenen Würdenträger interpretiert.

Gittos glaubt eher, dass es Mitbringsel aus einem fernen Krieg sind: „Einige von [den Soldaten] haben überlebt und Geschenke, Erinnerungsstücke und einige der Dinge, die sie geplündert haben, mitgebracht, und deshalb tauchen sie in ihren Gräbern im Osten Großbritanniens auf“, erklärte sie gegenüber „BBC News“.

Bisher hatten Fachleute noch nicht in Betracht gezogen, dass das Byzantinische Reich auch in Britannien rekrutierte, Frankreich oder Deutschland dafür schon eher. Es bestehe „eine echte Versuchung, zu unterschätzen, wie vernetzt die Welt im frühen Mittelalter war“, kommentierte Gitton.

Britische Söldner sollen gegen Perser gekämpft haben

Die Historikerin vermutet, dass die Söldner aus Britannien gegen die Sassaniden an der östlichen Grenze des Byzantinischen Reiches gekämpft hatten. Das Sassanidenreich war ein persisches Großreich, das als Rivale des oströmischen, beziehungsweise byzantinischen Reichs um den heutigen Nahen Osten kämpfte.

Der Helm besteht aus Eisen mit Einlagen aus vergoldetem Bronze und zeigt kunstvolle Darstellungen, darunter Krieger, Tiere und mythologische Szenen, die Einblicke in die Kultur und Glaubenswelt der angelsächsischen Elite geben. Heute gilt der Sutton Hoo Helm als ein Meisterwerk frühmittelalterlicher Handwerkskunst und ist im British Museum in London ausgestellt.

Die frühe angelsächsische Epoche folgte auf die römische Herrschaft in Britannien und dauerte etwa vom 5. bis zum 11. Jahrhundert. Diese Periode war geprägt von tiefgreifenden politischen, kulturellen und sozialen Veränderungen, die mit der Ankunft germanischer Stämme wie der Angeln, Sachsen und Jüten begannen. Das frühe 7. Jahrhundert, in dem der Helm vermutlich gefertigt wurde, markiert eine Phase der Konsolidierung kleinerer Königreiche, wie East Anglia, wo Sutton Hoo liegt.