Cali. 15 Millionen waren auf ihn ausgesetzt, nun wurde der gefürchtete Verbrecher festgenommen. Die blutige Geschichte des Drogenbosses.

Der letzte historische Gründer des legendären mexikanischen Sinaloa-Kartells, Ismael „Mayo“ Zambada García, ist am Donnerstag in den USA festgenommen worden. Der 76-Jährige wurde von Beamten der US-Drogenfahndungsbehörde DEA auf dem kleinen Privatflughafen von Santa Teresa, New Mexico, nahe der Stadt El Paso (Texas), verhaftet. El Paso liegt genau der mexikanischen Stadt Ciudad Juárez gegenüber.

„El Mayo“: Hohe Belohnung auf den Kartellboss ausgesetzt

Auf Zambadas Kopf hatten die USA 15 Millionen Dollar Belohnung ausgesetzt. Er war der meistgesuchte Drogenboss in Mexiko und Lateinamerika und entwischte den Behörden jahrzehntelang. Er schaffte es in seiner langen Verbrecherkarriere, nicht einen Tag im Gefängnis zu verbringen. Die Verhaftung sei Teil „einer sehr detaillierten und verdeckten Operation über Zambadas Bewegungen gewesen“, berichtet die mexikanische Zeitschrift „Proceso“ unter Berufung auf einen leitenden DEA-Beamten. Das „Wall Street Journal“ ergänzt, Zambada sei von einem ranghohen Mitglied des Kartells in eine Falle gelockt worden.

Laut der US-Drogenfahndung ist das Sinaloa-Kartell der größte Rauschgiftlieferant der Vereinigten Staaten. Im Februar wurde Zambada von der US-Staatsanwaltschaft wegen Verschwörung zur Herstellung und zum Vertrieb von Fentanyl angeklagt, einer Droge, die stärker als Heroin ist und die für die Opioidkrise in den USA verantwortlich gemacht wird. Fentanyl fallen in den Vereinigten Staaten jedes Jahr hunderttausende Drogenabhängige zum Opfer. 

Auch Sohn von „El Chapo“ verhaftet

Gemeinsam mit Zambada ging den US-Behörden auch Joaquín Guzmán López, einer der Söhne von Joaquín „El Chapo“ Guzmán, ins Netz. Der 38-jährige Guzmán ist eines von zehn Kindern von Chapo Guzmán und heute einer der Führer von „Los Chapitos“, einer der vier Fraktionen, in die sich das Kartell nach der Verhaftung (2016) und Auslieferung (2017) von Guzmán senior aufgespalten hat. Guzmán sitzt in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Colorado eine lebenslange Haft ab.

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Es war zunächst unklar, ob sich die beiden Drogenbosse, denen die USA vor allem den Schmuggel der künstlichen Droge Fentanyl vorwerfen, gestellt haben. Das berichten verschiedene Medien in den USA und Mexiko. Zudem lassen die merkwürdigen Umstände der Landung mit einem Kleinflugzeug auf einem abgelegenen US-Flughafen und die Präsenz der DEA dort dieses vermuten. Die „Washington Post“ schreibt unter Verweis auf eine DEA-Quelle, dass Guzmáns Familie ihn gedrängt haben soll, sich zu stellen. Anfang 2023 hatte die mexikanische Regierung Ovidio Guzmán López festgenommen, einen anderen Bruder der Fraktion der „Los Chapitos“. Er war im September an die USA ausgeliefert worden.

Mexikanische Kartelle liefern Fentanyl in die USA

Nach Angaben des US-Außenministeriums laufen gegen die beiden jetzt Festgenommenen in den USA mehrere Ermittlungsverfahren „weil sie die kriminellen Operationen des Sinaloa-Kartells geleitet haben, einschließlich der Herstellung von tödlichem Fentanyl und des Handels damit“. 

Zambada war nach dem Zusammenbruch des Guadalajara-Kartells Ende der 1980er-Jahre Mitgründer des Sinaloa-Kartells, das er jahrelang mit seinem engen Freund und Kompagnon Guzman führte. Während „El Chapo“ als die mediale und öffentliche Figur des Syndikats bekannt war und gesucht wurde, blieb Zambada immer im Schatten und zog hinter die Kulissen die entscheidenden Strippen. So heißt es, Zambada habe die ersten Kontakte zu den kolumbianischen Kokain-Kartellen hergestellt und die Kontakte gepflegt, um die USA mit dem Rauschgift zu überschwemmen.

Das Geschäftsmodell des Kartellbosses

Damals waren die kolumbianischen Kartelle aus Medellín und Cali noch die führenden Drogenorganisationen weltweit. Sie wurden aber rasch von den mexikanischen Mafias an den Rand gedrängt. Laut mexikanischen Drogenexperten ist Zambada seit einiger Zeit gesundheitlich angeschlagen. Der Drogenboss betreibt Quellen zufolge auch mehrere legale Unternehmen in Mexiko, darunter eine große Molkerei, eine Buslinie und ein Hotel. Zudem besitzt er viele Immobilien.

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Die Verhaftung von Zambada und Guzmán junior ist ein harter Schlag für eines der mächtigsten und international operierenden Verbrechersyndikate. Denn zwei der vier Fraktionen sind jetzt ohne ihre wichtigsten Führer. Dadurch könnten kurzfristig erneut blutige Revierkämpfe um die Nachfolge der Führung der Fraktionen entbrennen. Die beiden anderen Fraktionen werden von Chapo Guzmáns Bruder Aureliano Guzmán, alias El Guano, und dem legendären Alt-Narcoboss Caro Quintero geführt. Nach einem Bericht des „US-Congressional Research Service“ (CRS) aus dem Jahr 2020 wetteifern die vier Fraktionen um die Oberhand im Kartell und haben über den gesamten Norden Mexikos verschiedene Hoheitsgebiete. 

Sinaloa-Kartell agiert weltweit

Unter den mexikanischen Mafias ist vor allem das Sinaloa-Kartell schon lange ein internationales Verbrechersyndikat, das Dependancen in 50 Staaten hat. Das Kartell ist dabei in der legalen und illegalen Wirtschaft tätig. So schleust es beispielsweise seine Ware über Transport- und Handelsunternehmen, um Sendungen zu verschleiern. Oder es gründet mithilfe von Strohleuten eigene Unternehmen.

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Bei der Fentanyl-Produktion hat Sinaloa inzwischen seine Chemikalienlieferanten diversifiziert und sich von China ab- und Indien zugewendet. Dort ist eine der größten Pharmaindustrien der Welt angesiedelt. In Südostasien und Ozeanien sind Methamphetamine inzwischen das Hauptgeschäft Sinaloas. In Afrika verfügt die Organisation über Umschlagplätze für Drogenlieferungen für den europäischen Markt. Sinaloas Finanzakteure wurden von Fahndern in Mittel- und Südamerika über Spanien und Marokko bis nach Südafrika, Russland und Australien ermittelt.