Jülich. Dem Sportler-Mittel Kreatin werden durch eine neue Studie ungeahnte Wachmacher-Kräfte zugeschrieben. Läuft es bald Kaffee den Rang ab?

Eigentlich wird Kreatin (nicht zu verwechseln mit Ketamin oder Keratin) vor allem von Sportlern genutzt. Das weiße Pulver kann den Muskelaufbau steigen und die Leistungsfähigkeit erhöhen. Eine neue Studie hat nun einen weiteren Anwendungsbereich für das Mittel entdeckt: Eine hohe Dosis Kreatin verbessert demnach kurzfristig die Hirnleistung bei Schlafentzug.

Kreatin als Wundermittel? Das geschah in der Studie

Getestet wurde die kognitive Leistungsfähigkeit von acht Frauen und sieben Männer im Alter von 20 bis 28 Jahren. Sie wurden über Nacht wachgehalten und mussten kleine Aufgaben lösen, etwa rechnen oder sich Wortpaare merken. Alle bekamen vor einer Nacht 0,35 Gramm Kreatin pro Kilogramm Körpergewicht, vor einer anderen ein Scheinmedikament.

Der Studie zufolge zeigte sich schon ab der dritten Stunde nach Einnahme des Kreatins ein positiver Effekt auf die Gehirne der Teilnehmer. Er dauerte bis zu neun Stunden an. Insbesondere die Verarbeitungsleistung und das Kurzzeitgedächtnis hätten sich laut den Studienautoren verbessert.

Forscher sicher: Kreatin kann kognitive Leistung verbessern

Die Forscher beobachteten per spezieller Magnetresonanzspektroskopie, wie Schlafentzug und Kreatin den Hirnstoffwechsel änderten. Normalerweise würde Schlafmangel die Menge einer für die Energieversorgung wichtigen Kreatin-Verbindung im Hirn reduzieren, so Studienleiter Ali Gordjinejad vom Forschungszentrum Jülich. Durch eine hohen Dosis Kreatin sei das verhindert worden.

Laut Gordjinejad wurde bereits in verschiedenen Studien gezeigt, dass Kreatin die kognitive Leistung verbessern kann, etwa bei älteren Menschen oder Vegetariern. Kreatin wird im Körper produziert und vor allem durch Fisch und Fleisch aufgenommen. Neu sei, dass auch gesunde Menschen in gestresstem Zustand - wie etwa bei Schlafentzug - hinsichtlich ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit kurzzeitig profitieren können.

Läuft Kreatin Kaffee den Rang ab?

Dennoch sei ausreichend Schlaf natürlich am besten. Kreatin könnte laut dem Forschungsleiter aber für Menschen interessant werden, die unerwartet Aufgaben übernehmen müssen, die sich durch die Nacht ziehen, wie etwa Feuerwehrleute. Für eine entsprechende Anwendung müsse es aber weitere Studien geben, die auch bei geringeren Dosen eine Wirkung nachweisen.

Denn bis auf Weiteres warnt Gordjinejad vor der Einnahme von hohen Kreatindosen. Sie könnten die Nieren stark belasten und andere gesundheitliche Probleme hervorrufen. „Sollten jedoch zukünftige Studien eine kognitive Leistungssteigerung auch bei geringeren Dosen nachweisen, könnte Kreatin in langen Arbeitsnächten ein ernsthafter Konkurrent von Kaffee werden.“

fmg/dpa