Berlin. Flugzeugentführungen, Kaufhausbomben und Hinrichtungen: Die RAF gehört zu den finstersten Kapiteln der bundesdeutschen Geschichte.
Mehr als dreißig Jahre lang verbreiteten Terroristen in Deutschland Angst und Schrecken. Die Rote-Armee-Fraktion (kurz: RAF) ermordete zwischen 1971 und 1993 34 Menschen und verübte zahlreiche Sprengstoffattentate. Ins Visier der Linksextremisten gerieten Politiker, Wirtschaftsvertreter, Polizisten und die Justiz. Obwohl in der öffentlichen Erinnerung heute vor allem der Gründerzirkel um Andreas Baader und Ulrike Meinhof aus den frühen 1970er-Jahren im Fokus ist, ziehen sich letzte Spuren der Gewalt bis ins Jahr 2016.
Als Geburtsstunde der RAF gilt die Befreiung von Baader bei einer Haftausführung im Mai 1970. Unter dem Vorwand eines Interviews mit der Journalistin Meinhof gelang es einer sechsköpfigen Gruppe, den verurteilten Bombenleger in West-Berlin unter Schusswaffeneinsatz aus der Staatsgewalt zu befreien. Drei Personen wurden dabei verletzt. Unter der Führung Baaders und seiner Partnerin Gudrun Ensslin entwickelte die Terrorzelle eine Strategie der Stadtguerilla, mit der Widerstand gegen das westliche Gesellschafts- und Politikmodell geleistet werden sollte. Zahlreiche Mitglieder der Terrorzelle waren Frauen.
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Morde, Entführungen, Bomben: RAF terrorisierte Bundesrepublik drei Jahrzehnte
Die Mitglieder der Terrorgruppe verstanden sich als Widerstandskämpfer gegen den westlichen Kapitalismus und den Neo-Imperialismus, mit dem vor allem die USA weltweit Ausbeutung und Unterdrückung aus der Kolonialzeit fortsetzten. In Deutschland formierte sich in den 1960er-Jahren vor allem unter Studenten und Intellektuellen Widerspruch gegen gesellschaftliche Normen und überkommene Machtstrukturen. Auch nach dem Ende des Dritten Reichs waren Teile des Sicherheitsapparats und der Justiz noch mit Alt-Faschisten durchsetzt. Befeuert wurde die Radikalisierung der Jugend durch den Tod Benno Ohnesorgs durch einen Polizisten auf einer Demo 1967 sowie den Anschlag auf den Studentenführer Rudi Dutschke ein Jahr später durch einen Rechtsextremen. In Zeiten der ersten großen Koalition und verschwindend geringer parlamentarischer Opposition sahen die RAF-Kämpfer in Entführungen, Banküberfällen, Mord- und Bombenanschlägen ihre Möglichkeit, die Gesellschaft radikalen Veränderungsprozessen zu unterziehen.
Nach absolviertem Terrorcamp in Jordanien spezialisierte sich die Rote-Armee-Fraktion in den frühen 1970er-Jahren auf Raubüberfälle und Bombenanschläge. Zur Zielscheibe wurden allein bei der „Mai-Offensive“ 1972 zwei US-amerikanische Militäreinrichtungen, das bayerische Landeskriminalamt in München, das Axel-Springer-Haus in Hamburg sowie ein Bundesrichter, der zahlreiche Haftbefehle gegen RAF-Akteure erlassen hatte. Bilanz der Aktion: vier Tote und 74 Verletzte. Finanziert wurden die Aktionen durch ertragreiche Banküberfälle und die Vernetzung mit internationalen Terrorgruppierungen.
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Drei Generationen Gewalt: Gruppensuizid, Terrorcamp und Bankraub
1977, nach fünf Jahren voll Bombenanschlägen und Schießereien mit der Polizei, erreichte der Linksterror im „Deutschen Herbst“ seinen Höhepunkt. Während die erste Generation der RAF ihren Kampf gegen den Staatsapparat mit einem Massensuizid im Stuttgarter Gefängnis Stammheim beendete, trat die zweite Generation mit den Erschießungen von Generalbundesanwalt Siegfried Buback und Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto sowie der Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut nach Mogadischu aus dem Schatten der Gründer. Die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer endete mit dessen Ermordung.
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Weitgehend unbekannt blieben viele Protagonisten der dritten Generation der RAF, die sich 1983 bildete. Sie zeichnete sich für einen tödlichen Bombenanschlag auf eine US-Militärbasis in Wiesbaden, die Ermordung mehrerer Wirtschaftsvertreter und Politiker verantwortlich. Auf dem Höhepunkt des Golfkriegs feuerten Terroristen mit Maschinengewehren auf die amerikanische Botschaft in Bonn, im Fluchtwagen wurde später ein Haar von Daniela Klette entdeckt. Die größten Schlagzeilen machte allerdings 1991 der Mord an Treuhand-Chef Detlev Rohwedder, der für die Modernisierung der DDR-Wirtschaft nach der Wende verantwortlich war.
Den letzten Anschlag verübte die RAF 1993 mit rund 200 Kilogramm Sprengstoff auf der Baustelle der JVA Weiterstadt. Dieser verzögerte die Eröffnung des Gefängnisses bis 1997, ein Jahr später gab die RAF ihre Auflösung bekannt. Blutiges Erbe der RAF-Zeit sind Verbrechen, zu denen sich flüchtige Terroristen zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts gezwungen sehen, wie etwa Überfalle auf Banken und einen Geldautomaten durch das Trio Klette, Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub 2015 und 2016.
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