Berlin. Die Erde wird immer heißer. Das hat auch Auswirkungen auf die Ozeane – deutlich stärker, als gedacht. Viele Tiere sterben deshalb.
"Nicht nur unsere Erde brennt, auch unsere Meere haben Fieber", schreibt der Naturschutzbund Deutschland (NABU). Damit gemeint ist der kritische Zustand der Meere, die in jüngster Zeit extreme Temperaturen aufweisen. Anfang August erreichte die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Ozeane nach Angaben der US-Plattform "Climate Reanalyzer" fast 21 Grad Celsius – ein Wert, der in den vergangenen rund 40 Jahren Aufzeichnung noch nie erreicht wurde. Die Folgen des Klimawandels werden immer deutlicher.
Während sich die Forschung bisher auf die Meeresoberfläche konzentrierte, die in einem Meter Tiefe endet, hat ein Forscherteam der Universität der Algarve im portugiesischen Faro nun einen Blick in die Tiefe gewagt. Das Ergebnis ist beunruhigend: Hitzewellen, die sich in größeren Wassertiefen ausbreiten, sind nicht nur intensiver – sie dauern auch länger an.
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Marine Hitzewellen als Gefahr für das Ökosystem Meer
Auch wenn sie weniger Aufmerksamkeit auf sich ziehen als Wetterextreme an Land, gibt es Extremereignisse auch im Meer. Wissenschaftler bezeichnen die Temperaturanomalien im Meer als marine Hitzewellen oder auf Englisch "Marine Heatwaves" (MHW). Es handelt sich dabei um Perioden, in denen die Wassertemperatur in der jeweiligen Region an mindestens fünf aufeinanderfolgenden Tagen höher ist als an 90 Prozent der Tage von 1993 bis 2019. MHWs haben oft schwerwiegende Auswirkungen auf marine Ökosysteme – etwa den Verlust von Lebensräumen, eine verstärkte Korallenbleiche und das Massensterben von Seevögeln und Meeressäugern.
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Um die Anomalien in tieferen Wasserschichten zu untersuchen, hat ein Team um Eliza Fragkopoulou Daten des europäischen "Copernicus Marine Service" ausgewertet, der die Temperaturprofile von in allen Weltmeeren verteilten Messbojen aus den Jahren 1993 bis 2019 zusammenfasst. Dabei entdeckten sie, dass die Meereswärmewellen vor allem in 50 bis 200 Metern Tiefe intensiver und länger sind als an der Oberfläche. Teilweise waren diese Tiefenwärmewellen bis zu 19 Prozent stärker als die Temperaturanomalien an der Oberfläche. Die Forscherinnen und Forscher erklären dieses Temperaturmuster mit Vermischungen und Strömungen im Meer, die Wärme von der Oberfläche nach unten transportieren.
Auch die Dauer dieser Warmphasen nahm mit der Tiefe zu: Wärmeperioden können dort bis zu zwei Jahre nach dem Abklingen an der Oberfläche anhalten, schreibt das Team im Fachmagazin "Nature Climate Change". Als Ursache vermuten die Forschenden, dass sich die Schichten mit zunehmender Tiefe immer weniger durchmischen.
Klimawandel: Hitzewellen gefährden die Artenvielfalt
Im nächsten Schritt verglichen die Forscher die Daten zum Hitzestress mit der Verteilung der Artenvielfalt in verschiedenen Tiefen. Sie identifizierten ökologische Hochrisikozonen in verschiedenen Tiefen und Regionen, darunter große Gebiete im Indischen Ozean und im Nordatlantik. Dort trifft die hohe Intensität der Hitzewelle in einer Tiefe von 250 Metern auf Artengemeinschaften, die ohnehin sehr empfindlich auf Temperaturveränderungen reagieren, weil sie sich über Jahrmillionen an konstante Temperaturen angepasst haben.
Sowohl die oberflächennahen als auch die tiefen Meereshitzewellen können die Biodiversität beeinflussen und damit die Prozesse im Ökosystem verändern, heißt es in der Studie. Bereits in den Jahren 2014 bis 2016 zeigte eine MHW mit dem Namen "The Blob" die Folgen solcher Temperaturanomalien: "The Blob" wurde unter anderem mit Massensterben von Meeressäugern und Seevögeln sowie toxischen Algenblüten in Verbindung gebracht.