Berlin. Eine Eisfläche so groß wie Kalifornien könnte bald schmelzen. Kollabiert das Eis völlig, steigt der Meeresspiegel um drei Meter an.
Die Auswirkungen des Klimawandels übersteigen oft die menschliche Vorstellungskraft. Ein Beispiel ist diese Prognose: Sollte der Kalifornien-große Gletscher Wilkes-Becken in der Antarktis vollständig schmelzen, würde der globale Meeresspiegel um drei Meter ansteigen. Laut einer niederländischen Studie aus dem Jahr 2021 leben 267 Millionen Menschen weltweit auf Land, das nicht höher als zwei Meter über dem Meeresspiegel liegt. Umso alarmierender sind die Ergebnisse einer neuen Studie zum Zustand des Wilkes-Eises.
Das Wilkes-Subglazialbecken liegt im Osten der Antarktis, wo Klimaforscher bisher wenige Untersuchungen vorgenommen haben. Studien über das zunehmende Abschmelzen des antarktischen Eisschildes stützen sich häufig auf Proben aus dem Westen des Kontinents. Doch Forscher der Standford University veröffentlichten jetzt im Fachmagazin „Geophysical Research Letters“ eine Untersuchung, wonach der Gletscher des Wilkes-Becken kurz vor einem Kipppunkt stehen könnte – viel früher als bisher von Wissenschaftlern angenommen.
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Eisschild der Antarktis: Geringe Termperaturänderungen haben dramatische Auswirkungen
„Es gibt nicht viele Untersuchungen in der Region – dort gibt ein riesiges Volumen an Eis, aber es war bisher relativ stabil“, sagte Eliza Dawson, Doktorandin in Geophysik und Hauptautorin der Studie, in einem Statement der Standford University. „Wir haben die Temperatur am Boden des Eisschilds zum ersten Mal untersucht“, so Dawson. Demnach könnte der Boden an vielen Stellen kurz vor dem Abschmelzen stehen und eine Kettenreaktion auslösen.
Denn der Untergrund des untersuchten Eisschilds liegt unter dem Meeresspiegel und senkt sich landeinwärts ab. Dadurch kann warmes Eiswasser besonders gut unter das Eisschild fließen und es so zum Schmelzen bringen. Die steigenden Temperaturen am Boden des Eisschilds würden diese Verletzlichkeit noch weiter verstärken, so Dawson. Davon sind insbesondere die Küstengebiete betroffen, die bisher die Masse des Eises zurückhalten. Schon geringe Temperaturänderungen haben dort dramatische Auswirkungen.
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Forscher durchdrangen Eisschild mit Radarstrahlen
„Das bedeutet, dass ein Rückzug des Gletschers in Zukunft möglich sein könnte“, fasst Co-Autorin Dawson die Ergebnisse zusammen. Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Erkenntnisse vom drohenden Abschmelzen des Eisschildes im Osten der Antarktis zu mehr Forschung in der Region führen.
Für ihre Studie sammelten die Forscher Daten aus Flugzeugen, die über dem Gletscher Radaruntersuchungen durchführten. So dringen die Radarstrahlen durch das Eisschild und prallen vom Boden ab. Diese elektromagnetischen Signale fangen die Flugzeuge wiederum auf. Laut dem Statement entwickelten Dawson und ihre Kollegen eine völlig neue Methode, um die Daten zu analysieren. Dadurch konnten sie einschätzen, ob der Boden unter dem Eis gefroren oder geschmolzen war.
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