Berlin. Über Millionen Jahre hat ein Eispanzer eine Antarktis-Landschaft aus wärmeren Zeiten konserviert. Forschende haben sie jetzt entdeckt.
Neue Entdeckungen in der Ostantarktis haben eine uralte Landschaft enthüllt. Unter 1.500 Meter dickem Eis liegen Flusstäler und Hügel nahezu unverändert seit Millionen von Jahren verborgen. Die Entdeckung liefert neue Einblicke in das Aussehen der Region vor der Eiszeit und die Entwicklung des ostantarktischen Eisschilds, wie ein Forschungsteam um Stewart S. R. Jamieson von der Durham University berichtet. Die Forschungsergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ erschienenen.
Forschende entdecken verborgene Landschaft in der Antarktis
Die unter dem Eis verborgene Landschaft besteht aus drei rauen Hochlandrücken und zahlreichen verzweigten Flusstälern. Sie stammt aus einer Zeit, als die Antarktis noch eisfrei war. Während heute ein kilometerdicker Eispanzer den Großteil des antarktischen Kontinents bedeckt, sah die Region vor Millionen von Jahren völlig anders aus. Fossilienfunde belegen, dass bis zum Ende der Kreidezeit Dinosaurier und frühe Vögel in der Antarktis lebten.
Erst vor etwa 34 Millionen Jahren kühlte das Klima erheblich ab, was zur Bildung von Gletschern und Eisbedeckung in der Antarktis führte. Vor etwa 14 Millionen Jahren sanken die Temperaturen weiter und führten zur Entstehung des heute noch bestehenden geschlossenen Eisschilds.
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Antarktis: Geheimnisse unter dem Eis enthüllt
Mit dieser bis zu vier Kilometer dicken Eisschicht bleibt auch vieles aus der Vergangenheit der Antarktis im Dunklen verborgen. Mithilfe von Radarwellen konnten Wissenschaftler jetzt Bilder unter dem Eis erstellen und so die Formen und Strukturen darunter erkennen.
Zusätzlich verwendeten die Forschenden die sogenannte seismische Datenerfassung, bei der kleine Erschütterungen an der Oberfläche erzeugt und die Reaktionen unter der Oberfläche gemessen wurden. So erhielten die Wissenschaftler Informationen über die Beschaffenheit des Bodens und möglicherweise darüber, was sich darunter befindet.
Außerdem analysierten sie die Eigenschaften der Eisoberfläche. Änderungen in der Dicke oder Struktur des Eises können Erkenntnisse über das Gelände unter dem Eis bringen. Zum Beispiel, wenn das Eis an einer Stelle dicker ist, könnte es darauf hinweisen, dass sich darunter ein erhöhtes Gebiet befindet.
Mit dieser Methodik wurden in der Vergangenheit bereits vulkanische Gebiete in der Westantarktis oder Schluchten unter dem Südpol entdeckt. Was sich unter der bis zu vier Kilometer dicken Eisschicht in der Ostantarktis verbirgt, bliebt bisher unbekannt.
Vergangenheit der Antarktis ist ein großes Rätsel
Um dies zu ändern, nutzten Jamieson und sein Team die Daten von einem über 32.000 Quadratkilometer großes Gebiet im Landesinneren. Die Beobachtung enthüllte eine überraschend gut erhaltene Landschaft unter dem Eis, die nur wenige Anzeichen für Gletschererosion aufweist. Sie besteht aus drei Hochlandrücken, die jeweils 120 bis 170 Kilometer lang und bis zu 85 Kilometer breit sind.
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Die bergigen Flächen haben viele scharfe Erhebungen und Schneiden, die wie Spitzen aussehen. Sie liegen etwa 660 bis 850 Metern über dem Meeresspiegel. Früher sollen sie 1.200 Meter in den Himmel geragt haben, wie Jamieson und sein Team berichten.
Zwischen diesen Hochlandblöcken befinden sich fjordähnliche Täler. „Die Landschaft wurde durch Flüsse vor der Entstehung des Eisschilds geformt, später jedoch durch lokale Vereisungen verändert, bevor sie von Gletschern durchzogen wurde“, bemerken die Forschenden.
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Allerdings ist noch unklar, wann diese Landschaft vom Eis bedeckt wurde. Jamieson und seine Kollegen schätzen, dass es mindestens vor 14 Millionen Jahren war. Wahrscheinlich ist aber, dass es vor 34 Millionen Jahren mit der ersten Eiszeit in der Antarktis passierte.
Außerdem soll sich die Landschaft in den letzten rund 14 Millionen Jahren kaum bewegt oder verändert haben. Selbst in wärmeren Perioden scheint das kilometerdicke Eis in dieser relativ niedrig gelegenen, küstennahen Region nicht vollständig zurückgegangen zu sein. „Das deutet darauf hin, dass Übergänge zwischen eingeschränktem und ausgedehntem Eis rasch verliefen“, heißt es in der Studie.
Die Entstehung der prähistorischen Landschaft
Aber wie begann die Geschichte dieser Landschaft vor der Eiszeit und wie wurde sie geformt? Jamieson und sein Team haben diese Geschichte rekonstruiert. Ihrem Szenario zufolge bildeten sich die drei Blöcke vor etwa 150 Millionen Jahren, als der Superkontinent Gondwan anfing zu zerfallen. Zwischen den Gebirgsrücken setzten sich die Flusstäler weiter fort.
Vor 34 Millionen Jahren kühlte sich das Klima dann ausreichend ab, um die Landschaft zu vereisen. Hier spielten die tiefer liegenden Regionen eine entscheidende Rolle. Sie lenkte das fließende Eis um die Regionen mit der Flusslandschaft herum. Auf den Hochebenen selbst hingegen blieb das Eis an seiner Unterseite kalt und fest am Boden haften. Dadurch wurde trotz des kilometerdicken Gletschers das Gestein nicht abgetragen.
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Für einen kurzen Zeitraum zu Beginn der Vereisung schürften dann Gletscher die alten Flusstäler rund 800 Meter tief aus, wodurch eine U-förmige Landschaft entstand. Vor 14 Millionen Jahren bildete sich schließlich der kontinentale Eisschild und bedeckte das gesamte Gebiet sehr schnell mit einer schützenden, dauerhaften Eisschicht.
Die gefundene Landschaft bringt nicht nur neue Erkenntnisse über die Eiszeit, sie könnte auf weitere verborgene Landschaften hinweisen. Die Froschenden wollen deshalb nun weiter suchen.