Berlin. An seinem 75. Geburtstag kann König Charles auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Den einzigen Negativpunkt verdankt er Sohn Harry.

Der Rookie unter den Regentinnen und Regenten Europas feiert seinen ersten bedeutenden Geburtstag nach der Krönung. Und obwohl Charles III. erst seit 14 Monaten im Amt ist, wird er am 14. November bereits 75. Der Jubilar selbst feiert im engsten Familienkreis. Tagsüber ist er für seine aktuelle Initiative gegen die Verschwendung von Lebensmitteln im Einsatz.

„The King’s Trust“, bisher „The Prince’s Trust“, eine Art Dachorganisation der von Charles patronierten Charitys, bittet zum Tanztee. In Charles‘ privaten Besitzungen – Highgrove in den südwestenglischen Cotswolds und Dumfries House in Schottland – wird ebenfalls gefeiert. Eingeladen sind unter anderem Menschen, die wie Charles Jahrgang 1948 sind. Überdies können Mitbürgerinnen und Mitbürger für eine Einladung empfohlen werden, die „dafür belohnt werden, dass sie Gutes für ihre lokale Gemeinschaft“ tun.

Das klingt altbekannt. Queen Elisabeth (1926-2022) hatte es bei Jubiläen und Geburtstagen oft ähnlich gehalten: Glamouröse Aufmärsche von internationalen Royals, Superreichen und Superstars standen auch bei ihr auf dem Programm. Auf der Insel also trotz neuem Königs nichts Neues?

Am Dienstag wird König Charles 75 Jahre alt.
Am Dienstag wird König Charles 75 Jahre alt. © Andrew Milligan/PA Wire/dpa | Unbekannt

König Charles: Undenkbare Geste beim Besuch in Kenia

Dieses Gefühl stellt sich vor allem dadurch ein, dass selbst die britischen Boulevardzeitungen in den vergangenen Monaten andere Themen hatten, die die Menschen mehr bewegen und die Schlagzeilen dominieren: Kriege in Gaza und der , eine politische Krise im Vereinigten Königreich um Inflation, illegale Migration, Versorgungsengpässe und die noch immer nicht überwundenen Folgen des Brexit.

Dabei hat Charles bereits geliefert – politisch am spektakulärsten vor einigen Tagen, als er bei einem Besuch in Kenia „abscheuliche Gewaltakte“ der einstigen Kolonialmacht Großbritannien zugab und bedauerte. Das ist zwar keine hochoffizielle Entschuldigung, aber eine Geste, die noch bei der Queen undenkbar gewesen wäre: Einerseits als Kind ihrer Generation, andererseits auch dadurch, dass bei ihrem Amtsantritt viele der heutigen Commonwealth-Staaten noch Kolonien waren.

Über eine von Kenia geforderte finanzielle Entschädigung kann Charles nicht entscheiden. Allerdings gibt es Hoffnungen, dass er etwa die Rückgabe geraubter Kulturgüter forcieren könnte. Charles betonte, er setzte künftig auf eine „gleichberechtigte Partnerschaft“ beider Länder. Auch interessant:Charles III.: Diese geheimen Erfolge feierte der König

podcast-image

König Charles umging schon am Anfang einen Medienaufschrei

Der Auftritt war typisch für König Charles: Einerseits kein zu tiefer Kniefall, der stramme Nationalisten und Traditionalisten in England verärgern könnte – die Unterstützung dieser normalerweise stramm königstreuen Klientel brauchen die Royals auch weiterhin. Anderseits aber auch das Zeichen, dass er die Vergangenheit nicht kommentarlos übergehen will und deutliche Kritik an der Vergangenheit seiner Familie und Nation übt.

Ein Resultat von sieben Jahrzehnten als Thronfolger – Jahre, die Charles nicht nur mit Polospiel und zwei Ehen überbrückt hat, sondern vor allem damit, sich einen beachtlichen politischen Instinkt zuzulegen, über den seine Mutter nie wirklich verfügte. Ein weites Beispiel für die Charles-Politik: Kurz nach dem Tod der Queen strich er die Stellen von über 100 Angestellten bei Hof, die ausschließlich für die verstorbene Königin gearbeitet hatten. Doch der Aufschrei in den Medien war überraschend kurz.

Charles hatte klar kalkuliert, dass ein erheblicher Teil der Betroffenen schon kurz vor dem oder sogar im Pensionsalter war und jüngere mit royalen Referenzen auf dem Jobmarkt im Normalfall keine Probleme haben. Gleichzeitig ersparte er sich Vorwürfe, einen unnötig aufgeblähten Personalapparat zu enthalten, der teilweise auch mit Steuergeldern finanziert würde. Vorwürfe, die mit Sicherheit gekommen wären.

König Charles und Camilla: Darum sind sie auf einmal so beliebt

Ein großer Pluspunkt für den neuen König ist die neue Rolle der Queen Consort Camilla, 76, obwohl das vor einigen Jahren selbst Charles-Unterstützer nicht erwartet hätten. Camilla absolviert, häufig auch ohne ihren Gemahl, eine Vielzahl von Terminen und beweist Herzlichkeit und gutes Fingerspitzengefühl im Umgang mit Menschen – egal ob mit Kindern oder hochbetagten Kriegsveteranen.

Königin Camilla ist beim Volk beliebter als zunächst erwartet.
Königin Camilla ist beim Volk beliebter als zunächst erwartet. © Unbekannt | Unbekannt

Ähnlich wie Charles kann sie auf eine erhebliche Lebenserfahrung zählen und genießt einen mühevoll verdienten Respekt im Lande als Folge umsichtigen Engagements und des Verzichtes auf persönliche Selbstdarstellung. Die Tatsache, dass weder Charles noch Camilla jemals als „König der Herzen“ und schon gar nicht „Königin der Herzen“ galten, hat beider Selbstwahrnehmung stark geprägt.

Die Devise: Jeder Prozentpunkt bei den Popularitätswerten muss verdient und erarbeitet werden. Im Moment liegt das Paar bei zwei Dritteln Zustimmung im Lande. Unerwartet gut –vor allem hinter dem Wissen, dass beim fehlenden Drittel nicht nur Monarchie-Gegner dabei sind, sondern auch ein erheblicher Anteil von Menschen, denen Monarchie und König eher egal sind.

König Charles: Nur Sohn Harry macht jetzt Probleme

Der König regiert mit ruhiger Hand, und das betrifft sogar seine eigene Familie. Prinz Harry, 39, hat Charles Anfang des Jahres die wohl schwerste Prüfung in Gestalt seiner Memoiren serviert. In jenen hatte er seinem Vater in manchen Situationen, im bekanntesten Fall unmittelbar nach dem Tod von Prinzessin Diana (1961-97), Gefühlskälte unterstellt. Vorwürfe von politischer Tragweite erhob Prinz Harry zumindest nicht.

So verärgert oder enttäuscht Charles persönlich auch gewesen sein mag: Er reagierte nicht, zumindest nicht öffentlich. Harry durfte dennoch zur Krönung kommen. Ob er auch zum Geburtstag eingeladen ist, wird diskutiert, aber nicht offiziell kommentiert. Das hielt bereits die Queen in Privatangelegenheiten so – und das wird auch Charles nicht ändern. Egal, wie lange die Regierungszeit des 75-jährigen Jung-Monarchen auch dauern wird.