Essen. Immer mehr Haushalte installieren Stecker-Solaranlagen. Mieter sollen mehr Rechte erhalten, manche Städte in NRW zahlen Zuschüsse. Die Details.

Die Energiewende in kleinen Schritten: Mini-Solaranlagen für private Nutzer mit wenig Raum erleben seit 2021 einen Boom. Immer mehr Haushalte schaffen sich die auch Balkonkraftwerke genannten Solarmodule an. In den ersten vier Monaten seien in NRW allein 14.600 neue Stecker-Solargeräte der Bundesnetzagentur gemeldet worden, teilt der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) mit. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin geht davon aus, dass in Deutschland inzwischen über 400.000 Balkonkraftwerke Strom erzeugen. Zwar sind bei der Bundesnetzagentur oder den Netzbetreibern offiziell über 230.000 Anlagen gemeldet, Fachleute aber gehen aber von einer hohen Dunkelziffer aus: Nicht alle Besitzer melden die Stecker-Solargeräte wie vorgeschrieben an.

Der Boom dürfte weitergehen, denn die Bundesregierung will bürokratische Hürden abbauen. So haben es Mieter und Wohnungseigentümer künftig leichter, Mini-Solaranlagen auf Balkonen oder an Fassaden zu installieren. Schon seit Jahresbeginn gelten steuerliche Erleichterungen. Und in NRW sowie bundesweit zahlen Kommunen Zuschüsse. Das sind die Details.

Mini-Solaranlagen: Mieter sollen Recht auf Installation erhalten

Mit Stecker-Solaranlagen können Verbraucher Solarstrom für den Stromkreis im Haushalt produzieren, die jährliche Stromrechnung reduzieren und klimaschädliches CO2 einsparen. Das hat in Zeiten massiv angestiegener Energiepreise einen „Solaraufschwung“ ausgelöst. Schon seit Jahresanfang gelten für Mini-Solaranlagen steuerliche Erleichterungen, beim Kauf entfällt die Mehrwertsteuer von 19 Prozent. „Die hohe Zahl von Balkonsolaranlagen zeigt, dass die Energiewende auch in den Städten ankommt, wo es viele Mietwohnungen gibt“, teilte der Landesverband Erneuerbare Energien NRW mit.

Nun will die Bundesregierung weitere Hürden abbauen und den Anschluss der Mini-Anlagen vereinfachen. Mieter und Wohnungseigentümer haben künftig einen gesetzlichen Anspruch auf das Anbringen der Geräte. Das sehen Änderungen im Mietrecht und im Wohnungseigentumsgesetz vor, die das Bundeskabinett beschlossen hat. Demnach entfällt die Notwendigkeit, einen Antrag auf Installation beim Vermieter oder der Eigentümerversammlung zu begründen. Der Bundestag muss darüber noch beraten.

Abbau von Bürokratie: Vermieter können Zeit sparen

„Die Zeitersparnis wird im Fall von Wohnungseigentum typischerweise größer sein als bei Mietwohnungen, denn in Wohnungseigentümerversammlungen lösen Verlangen nach der Installation von Steckersolargeräten derzeit in der Regel erheblichen Erörterungsbedarf aus“, heißt es. Die Vermieterinnen und Vermieter von Wohnungen kämen demgegenüber in der Regel schneller zu Entscheidungen.

Im selben Gesetz will das Justizministerium auch virtuelle Wohnungseigentümerversammlungen erleichtern. Sie sollen möglich sein, wenn mindestens drei Viertel der Eigentümer dafür stimmen.

Balkonkraftwerke: So funktionieren die PV-Anlagen

Stecker-Solaranlagen sind kleine Photovoltaikanlagen, die in Deutschland mit einer Leistung von bis zu 600 Watt Strom einspeisen dürfen. Der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE) schlägt jedoch vor, die im übrigen Europa geltende Bagatellgrenze von 800 Watt zu übernehmen. Nach Ansicht von Experten soll das noch in diesem Jahr erfolgen. Die deutschen Netzbetreiber bestehen jedoch darauf, dass alle Erzeugungsanlagen bei ihnen gemeldet werden – unabhängig von ihrer Leistung. Von einer Genehmigung sei der Betrieb aber nicht abhängig, erklärt die Verbraucherzentrale.

Die Preise für die Mini-Anlagen inklusive Wechselrichter und Montageset beginnen in der Regel bei 500 bis 600 Euro. Discounter bieten auch günstigere Anlagen an. Die Größe der Standardmodule beträgt einen 1 x 1,70 Meter. Es gibt aber auch kleinere Module, die an Balkongeländer befestigt werden können. Zur Anlage gehört immer ein Wechselrichter, der den aus Sonnenlicht erzeugten Strom (Gleichstrom) in Haushaltsstrom (Wechselstrom) umwandelt. Die Anlage muss beim Netzbetreiber angemeldet werden. Eine Marktübersicht von steckbaren Solargeräten hat die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie auf dieser Seite veröffentlicht.

Der Unterschied zur Photovoltaikanlage auf dem Dach: Die Stecker-Solargeräte, die an einer normalen Haushaltssteckdose angeschlossen werden, erzeugen Strom für den Eigenbedarf. Die Energie in der Regel fließt nicht ins öffentliche Netz, sondern wird sofort verbraucht.

Gehört zu jeder Mini-Solaranlage dazu: Ein Gleichrichter wandelt den Sonnenstrom in Wechselstrom um.
Gehört zu jeder Mini-Solaranlage dazu: Ein Gleichrichter wandelt den Sonnenstrom in Wechselstrom um. © Funke Foto Services | Volker Herold

Steckbare Solargeräte sparen Stromkosten und CO2

So funktioniert es: Die Solarmodule auf dem Balkon erzeugen Gleichstrom, den der Wechselrichter in Wechselstrom umwandelt. Der Strom fließt über die Steckdose der Anlage in den Stromkreis der Wohnung. Sind dort Verbraucher wie etwa Waschmaschine oder Fernseher mit Steckdosen verbunden und in Betrieb, wird der Solarstrom verbraucht. Die entsprechende Menge muss nicht aus dem öffentlichen Stromnetz bezogen werden, der Stromzähler zählt nun langsamer. Wird mehr Strom benötigt, fließt Strom aus dem Netz hinzu.

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Die Verbraucherzentrale NRW hat beispielhaft ausgerechnet, wie viel Geld Verbraucher sparen können. Demnach kann ein Standard-Solarmodul mit 380 Watt Leistung auf einem idealen Südbalkon 280 Kilowattstunden Strom pro Jahr liefern. Das entspreche dem jährlichen Verbrauch eines Kühlschranks und einer Waschmaschine in einem Zwei-Personen-Haushalt. Bei einem Strompreis von 33 Cent pro Kilowattstunde könnten so jährlich 66 Euro eingespart werden. Der Strompreis ist in den vergangenen Monaten stark gestiegen, derzeit ist er bei 40 Cent gedeckelt. In 20 Jahren könnten laut Verbraucherzentrale 2,5 Tonnen CO2 eingespart werden.

Tipp: Mit dem Stecker-Solar-Simulator der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) lässt sich die Wirtschaftlichkeit von Balkonkraftwerken berechnen. Basis ist ein Standort mit durchschnittlicher Sonnenscheindauer in Deutschland.

Manche Bundesländer und Kommunen fördern Anlagen

Balkon-Kraftwerke sind in diesem Jahr noch attraktiver und auch günstiger geworden, weil sie seit dem 1. Januar von der Mehrwertsteuer befreit sind. Zusätzlich gibt es in einigen Bundesländern Förderprogramme, die den Kauf der Geräte unter Bedingungen bezuschussen. NRW zählt nicht zu diesen Ländern. Allerdings gibt es im Land immer mehr Kommunen, die den Kauf von Mini-PV-Anlagen fördern. Der Regionalverband Ruhr hat auf dem Portal „Solarmetropole Ruhr“ eine Liste von Städten veröffentlicht.

Unter anderem gibt es in diesen NRW-Kommunen Geld für Solar-Steckergeräte:

  • Düsseldorf: 50 Prozent der An­schaf­fungs­kos­ten, maximal 600 Euro, für PV-Anlagen bis 600 Watt Leistung. Für Haushalte mit geringem Einkommen, die einen Düsselpass haben, erhöht sich der Maximalfördersatz auf 800 Euro pro Anlage (Anträge ab 20. März). Infos auf dieser Seite
  • Essen: 200 Euro für Anlagen ab 300 Watt. Infos auf dieser Seite
  • Gelsenkirchen: 100 Euro für Anlagen bis 600 Watt. Infos auf dieser Seite
  • Hamminkeln: 300 Euro je Wohnung für Anlagen bis 600 Watt, maximal 50 Prozent der Kosten. Infos auf dieser Seite.
  • Kamp-Lintfort: 100 Euro pro Wohnung und bis zu 600 Watt Leistung. Infos auf dieser Seite
  • Oer-Erkenschwick: 100 Euro pro Wohnung in Zwei- oder Mehrfamilienhäusern für Anlagen bis 600 Watt. Infos auf dieser Seite
  • Voerde: 100 Euro pro Wohnung in Zwei- oder Mehrfamilienhäusern für Anlagen bis 600 Watt. Infos auf dieser Seite
  • Wesel: 50 Prozent der nachgewiesenen Kosten, maximal 200 Euro, für Anlagen bis 600 Watt Leistung. Maximal 100 Anlagen pro Jahr. Infos auf dieser Seite

Photovoltaik-Serie: Ein Schritt-für-Schritt-Ratgeber für Verbraucher

Sie interessieren sich für eine PV-Anlage auf dem Dach? In Zusammenarbeit mit Energieexperten der Verbraucherzentrale NRW beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die klimafreundliche Stromerzeugung. In einer Serie von Artikeln erhalten Sie so einen Schritt-für-Schritt-Ratgeber für Ihr Photovoltaik-Projekt – von der Planung über die Förderung bis zu den Kosten und Pflichten, die der Betreiber beachten muss. Hier geht es zu den bislang veröffentlichten Artikeln: