Essen. Macht eine PV-Anlage auf meinem Dach Sinn? Neue Werkzeuge aus dem All helfen Hausbesitzern bei der Planung. Das Wichtigste für den Start.

Neue Vorgaben der Bundesregierung sollen den Photovoltaik-Ausbau beschleunigen, auch in NRW sind rechtliche Hürden für Einsteiger gefallen. Die Planung einer Solaranlage auf dem Dach kostet jedoch Zeit, die sich Hausbesitzer jedoch unbedingt nehmen sollten, rät Jörg Sutter, Energieberater der Verbraucherzentrale NRW.

Doch wie viel Solarstrom schafft mein Dach überhaupt? Und lohnen sich am Ende die Investitionen? Auf den ersten Metern der Planung helfen neue Online-Tools und kostenlose Satellitenbilder Hausbsitzern dabei, den Ertrag und die mögliche Größe einer PV-Anlage einzuschätzen.

Photovoltaik-Serie: Ein Schritt-für-Schritt-Ratgeber für Verbraucher

Sie interessieren sich für eine PV-Anlage auf dem Dach? In Zusammenarbeit mit Energieexperten der Verbraucherzentrale NRW beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um die klimafreundliche Stromerzeugung. In einer zehnteiligen Serie erhalten Sie so einen Schritt-für-Schritt-Ratgeber für Ihr Photovoltaik-Projekt – von der Planung über die Förderung bis hin zu den Kosten und Pflichten, die der Betreiber beachten muss.

In diesem Artikel geht es um die ersten Schritte zur Planung einer PV-Anlage. Wir zeigen, welche Dinge Bauherren klären sollten, bevor sie einen Handwerksbetrieb ansprechen. Etwa, ob sich eine PV-Anlage überhaupt lohnt, wie groß sie sein muss und ob man ältere Anlagen einfach erweitern kann. Außerdem erklären wir, welche Vorschriften gelten.

Diese Themen finden Sie in diesem Artikel:

  • Wie finde ich heraus, ob sich eine PV-Anlage überhaupt lohnt?
  • Was kann der neue DLR-Solaratlas des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt?
  • Was muss ich bei meinem Dach beachten?
  • Welche Ausrichtung sollte mein Dach haben?
  • Wie groß soll die mit Modulen belegte Dachfläche werden?
  • Muss ich auf dem Dach Abstand zum Nachbarn einhalten?
  • Welche Gedanken muss ich mir machen, bevor ich Handwerker anspreche?
  • Gibt es aktuell eigentlich Material- oder Lieferengpässe?
  • Kann ich meine ältere Anlage auf dem Dach erweitern?

Wie finde ich heraus, ob sich eine PV-Anlage überhaupt lohnt?

Jörg Sutter, Energieberater der Verbraucherzentrale NRW
Jörg Sutter, Energieberater der Verbraucherzentrale NRW © VZ NRW | Unbekannt

Für die erste Orientierung sind Solarkataster und Solarrechner im Internet nützliche Werkzeuge. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) bietet auf dieser Seite das Solarkataster NRW an. Verbraucher können auf dieser Seite die Adresse ihres Hauses eingeben und erhalten eine Karte, auf der die belegbare Dachfläche und weitere wichtige Planungsdaten für die Errichtung der Solaranlage abgebildet sind.

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Zweiter Schritt: Mit einem Klick kann ein Ertragsrechner gestartet werden. Mit diesem Werkzeug lässt sich abschätzen, wie viel Strom die Anlage auf dem Dach produzieren kann und ob sich die Investition in die PV-Anlage lohnt. Möglich ist auch eine detaillierte Berechnung, bei denen Verbrauchswerte eingegeben werden müssen.

Mit den beiden Online-Werkzeugen können Verbraucher so erste Planungshinweise für die Konfiguration der Anlage erhalten. Auch die Verbraucherzentrale NRW bietet auf dieser Seite einen Solarrechner an.

Was kann der neue DLR-Solaratlas des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt?

Noch genauere Planungsdaten verspricht eine neue Karte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der DLR-Solaratlas zeigt den errechneten Ertrag, den eine Dachfläche mit installierter Photovoltaik-Anlage liefern kann. Bewertet werden dabei unter anderem Sonnenstunden, Strahlungsintensität, Ausrichtung der Dachflächen und Verschattung durch andere Gebäude oder Bäume. 

Datenbasis für die Prognosen für bundesweit rund 20 Millionen Gebäude sind aktuelle Luftbilder und Geobasisdaten, zusammengestellt mithilfe von maschinellem Lernen. Nachteil: Aus Datenschutzgründen müssen sich Nutzer das eigene Gebäude aus der Gemeindekarte selbst heraussuchen muss. Straßennahmen oder Hausnummern werden nicht angezeigt. Dafür soll der Solaratlas nach Angaben der Ersteller genauere Angaben als die bestehenden Solarkataster der Bundesländer, Landkreise oder Gemeinden liefern.

Was muss ich bei meinem Dach beachten?

Energieberater Sutter rät, als einen der ersten Schritte das Flach- oder Steildach von einem Dachdecker prüfen zu lassen: Wie ist der Zustand der Ziegel, der Folie, der Dämmung und der Holzkonstruktion? Hält das Dach für weitere 20 Jahre, in denen es die PV-Anlage tragen muss? „Manche Dächer sind vom Aufbau her empfindlicher, bei anderen sehen die Ziegel gut aus, doch das Holz darunter ist schon einmal feucht geworden. Es gibt robuste Ziegeldächer, die 50 oder 60 Jahre halten. Bei anderen Dächern muss schon früher saniert werden. Das alles wird ein Dachdecker sehen und beurteilen.“ Ein solcher Dach-Check kostet je nach Art und Größe des Daches etwa 200 bis 300 Euro.

Welche Ausrichtung sollte mein Dach haben?

Grundbedingung, so Sutter, ist eine möglichst verschattungsfreie Dachfläche. Als optimal für eine PV-Anlage gilt zudem eine Südausrichtung des Daches bei einer Dachneigung von 30 Grad. Neigungen von unter 25 oder über 60 Grad können den Stromgewinn aus der Solaranlage um bis zu zehn Prozent verringern, so der Energieexperte.

Doch auch eine Anlage, die auf Dächern mit Ost- und Westausrichtung steht, macht laut Sutter Sinn: „Es mag zwar nicht der maximale Ertrag möglich sein, doch wenn ich den Strom für die Eigenversorgung nutze, kann ich die Erzeugung über den ganzen Tag verteilen: Von der Kaffee- oder der Waschmaschine morgens bis zum Fernseher abends kann ich mich mit Solarstrom versorgen und sparen", sagt Sutter.

Wie groß soll die mit Modulen belegte Dachfläche werden?

Sutter empfiehlt, die PV-Anlage so groß wie möglich zu planen. „Früher waren die Module teurer. War der Geldbeutel leer, wurde die Dachfläche halt nur zu einem Drittel belegt. Heute nutzt man die gesamte Dachfläche. Den Strom wird man auch in Zukunft entweder selbst verbrauchen oder einspeisen können.“

Muss ich auf dem Dach Abstand zum Nachbarn einhalten?

„Die Sache mit dem Abstand ist schon ein ganz spezielles Thema“, sagt Energieberater Sutter. Tatsächlich mussten PV-Anlagen auf Dächern von Reihenhäusern bislang aus Gründen des Brandschutzes einen halben Meter Abstand zum Dach des Nachbarn einhalten. Waren die Außenseiten der Module brennbar, musste sogar ein Abstand von 1,25 Meter eingehalten werden.. Auf den meisten Reihenhäusern lohnten sich deswegen PV-Anlagen nicht: Bei einem sechs Meter breiten Reihenhaus etwa wären 40 Prozent der nutzbaren Fläche weggefallen. In Nordrhein-Westfalen hat sich das geändert.

Die neue Landesbauordnung, die zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist, sieht keine Mindestabstände von Solaranlagen auf Hausdächern mehr vor – egal ob mit oder ohne brennbare Außenteile. Für die Errichtung der Anlagen mus auch kein schriftlicher Antrag bei der Bauaufsichtsbehörde mehr gestellt werden.

Den Ausbau der Solarenergie in NRW soll auch die Einführung einer Solarpflicht beschleunigen. Seit Anfang 2024 müssen in NRW bei neuen Büro- und Betriebsgebäuden Solaranlagen auf  dem Dach installiert werden, ab 1. Januar 2025 dann auch bei neuen Wohnhäusern. Ab 2026 muss eine Solaranlage auch auf Bestandsbauten installiert werden, sofern eine vollständige Erneuerung der „Dachhaut“ ohnehin ansteht.

Spezielle Module oder Komponenten von PV-Anlagen haben immer noch längere Laufzeiten. Auch die Handwerksbetriebe sind oft mit Aufträgen ausgelastet.
Spezielle Module oder Komponenten von PV-Anlagen haben immer noch längere Laufzeiten. Auch die Handwerksbetriebe sind oft mit Aufträgen ausgelastet. © Marijan Murat/dpa/dpa-tmn | Marijan Murat

Welche Gedanken muss ich mir machen, bevor ich Handwerker anspreche?

„Bevor man sich auf dem Weg zu einem Fachbetrieb macht, sollte man sich grob Gedanken über das Projekt gemacht haben“, sagt Sutter. Er empfiehlt: „Sprechen Sie Ihr Vorhaben vorher mit einem Energieberater durch. Die haben Erfahrung und wissen, was technisch machbar und was nicht sinnvoll ist." Denn was viele Handwerksbetriebe im Moment nicht hätten, sei Zeit für eine Grundberatung.

„Handwerker“, sagt Sutter, „sind aktuell bis zu einem dreiviertel Jahr hinaus mit Aufträgen ausgelastet. Das bedeutet: Da hat kaum jemand Zeit, um bei einem Kunden vorbeizukommen, um erst einmal eine zweistündige Grundberatung zu machen.“ Vorab sollte man mit einem Energieberater das Grundsätzliche abklären: Wie viel Dachfläche habe ich zur Verfügung und wo will ich mit dem Strom überhaupt hin: Vollständig ins Netz einspeisen, um einfach nur Geld zu verdienen? Oder das E-Auto laden und möglichst viel Strom selbst zu verbrauchen, um die Stromrechnung zu senken?“, gibt Sutter zu bedenken.

„Meine Erfahrung ist, dass es keine PV-Anlage von der Stange gibt, jedes System ist individuell und sollte auf die Bedürfnisse des Betreibers zugeschnitten werden", sagt der Experte. Sutters Rat: „Optimal ist eigentlich immer, die Anlage so groß wie möglich zu planen und sie dann mit einem Energieberater zu konfigurieren, möglicherweise einen Speicher, eine Wallbox oder eine Wärmepumpe miteinzubeziehen. Der Handwerksbetrieb nimmt dann in zweiter Instanz die Wünsche auf und schaut, mit welchen Produkten er das umsetzen kann."

Gibt es aktuell Material- oder Lieferengpässe?

„Das kann je nach Anbieter und Bauteil unterschiedlich sein, aber generell würde ich sagen, dass sich die Lage teilweise stabilisiert hat“, sagt Sutter. Solarmodule oder die Unterkonstruktion seien wieder kurzfristig lieferbar, bestätigt Sebastian Pönsgen, Geschäftsführer des Solartechnik-Anbieters Priogo in Zülpich. Bei speziellen Wechselrichtern aber könne die Lieferzeit einige Monate dauern. Im Schnitt, heißt es aus Solarwirtschaft und Verbraucherzentralen, müssen Bauherren nach Abschluss des Kaufvertrags sechs bis acht Monate warten, ehe der erste Strom vom Dach fließt.

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Die Verbraucherzentrale empfiehlt, mindestens drei Angebote anzufragen. „Wir beobachten, dass es aktuell eine große Bandbreite an Preisen gibt – von halbwegs normalen Preisen bis zu extrem überteuerten", sagt Sutter. Für vertretbar hält Sutter einen Preis von 1500 bis 2000 Euro pro Kilowatt und inklusive Montage.

Kann ich meine ältere Anlage auf dem Dach erweitern?

„Man sollte nicht auf die Idee kommen, die Kabel einer älteren Anlage einfach zu trennen und zusätzliche Module anzuschließen. Das geht technisch schief", sagt Energieberater Sutter. „Wir haben heute ganz andere Module als vor fünf oder acht Jahren.“ Sutter rät, eine Erweiterung der Anlage als eine neue zweite Anlage zu sehen – mit neuen Modulen, neuem Wechselrichter und neuem Anschluss. „Das funktioniert technisch auf jeden Fall.“

Möglich sei, eine neue und die bestehende Anlage über einen Zähler laufen zu lassen, um Kosten zu sparen. „Manche Netzbetreiber lassen das zu“, sagt Sutter. Das Problem, dass der Strom aus den Anlagen unterschiedlich vergütet wird, sei lösbar: „Man kann den Gesamtertrag in Kilowattstunden nehmen und diese im Verhältnis zur Anlagengröße teilen.“

Hier finden Sie die Artikel unserer Photovoltaik-Serie: